Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. rentenrechtliche Relevanz psychischer Erkrankungen

 

Orientierungssatz

Psychische Erkrankungen sind erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (vgl BSG vom 12.9.1990 - 5 RJ 88/89 sowie vom 29.3.2006 - B 13 RJ 31/05 R = BSGE 96, 147 = SozR 4-2600 § 102 Nr 2 und LSG München vom 21.3.2012 - L 19 R 35/08 sowie vom 21.1.2015 - L 19 R 394/10).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.01.2015 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1963 geborene Kläger hat nach Besuch der Sonderschule den Beruf des Malers und Lackierers erlernt. Er arbeitete zunächst in diesem Beruf sowie seit 1984 als Metallarbeiter. Seit 2002 ist er arbeitslos. Er bezieht seither durchgehend Arbeitslosengeld I bzw. Kranken- oder Übergangsgeld und nunmehr Arbeitslosengeld II.

Am 21.01.2010 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen lehnte die Beklagte nach Einholdung eines sozialmedizinischen Gutachtens (Dr. Sch. vom 08.03.2010, rez. Lumbalgien bei leichten deg. Veränderungen und Beinlängendifferenz, retropatellare Chondropathie bds., allergisch bedingte phasenweise Bronchitis ohne Obstruktion, traumatisch bedingte AC-Gelenkssprengung linksseitig; Restleistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr) mit Bescheid vom 31.03.2010 ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 23.08.2010, Dysthymie ; Restleistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr) erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.11.2010). Die hiergegen erhobene Klage (S 12 R 5845/10) wurde zurückgenommen.

Am 29.05.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine ärztliche Begutachtung am 06.07.2012 durch den Facharzt für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. Z. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 09.07.2012 1. rezidivierende Lumbalgien bei Wirbelsäulenfehlhaltung bei Beinverkürzung links und leichten degenerativen Veränderungen, 2. retropatellare Chondropathie beidseits, ohne wesentliche Funktionseinschränkung, 3. allergische Rhinitis und allergisches Asthma bronchiale bei Allergie auf Frühblüher sowie 4. eine AC-Gelenkssprengung links ohne wesentliche Funktionseinschränkung. Danach könne der Kläger mittelschwere Tätigkeiten regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 23.07.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 30.07.2012 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 zurückgewiesen wurde.

Dagegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 17.10.2012 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung ließ er vortragen, die Beklagte habe wesentliche Erkrankungen nicht berücksichtigt. Der Kläger leide unter Depressionen, unter einer Schmerzproblematik sowie Angstzuständen mit Ein- und Durchschlafstörungen. Der Wirbelsäulenschaden habe sich verstärkt. Er sei auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten und sei damit voll erwerbsgemindert.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers sowie seinen Psychotherapeuten als sachverständige Zeugen. Der Diplom Psychologe B. teilte unter dem 04.01.2013 mit, der Kläger befinde sich seit Januar 2012 bei ihm in ambulanter Psychotherapie. Der Kläger leide an einer depressiven Störung, Angst und Depression gemischt mit Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Rückzugstendenzen sowie unter einer somatoformen Schmerzstörung. Er sei dazu in der Lage, bis zu drei Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie K. führte in seiner Stellungnahme vom 08.01.2013 aus, der Kläger stelle sich seit August 2010 etwa quartalsweise zur ambulanten Behandlung vor. Seit Juli 2012 berichte er über wiederkehrend auftretende Ängste. Daran habe sich nach Angaben des Klägers im Oktober 2012 nichts geändert. Seit Mai 2012 habe er folgende Befunde erhoben: Bericht von Ängsten, keine andauernde akute Psychose, nicht auszuschließende Abhängigkeitsproblematik von Alkohol, Impulskontrollstörung unter Alkohol, Bericht depressiver Phasen mit verstärkten Ängsten. Die Frage der Quantität und Qualität der Störu...

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