Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Nachzahlung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente. laufende Einnahme. keine Verteilung der Einnahme auf mehrere Monate

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nach Rechtsgrund laufende, wiederkehrende Leistung in monatlich gleicher Höhe (hier: private Berufsunfähigkeitsversicherung) ist auch im Falle einer einmaligen nachträglichen Gesamtauszahlung als laufende Leistung iS des § 11 Abs 2 S 1 SGB 2 zu behandeln. Eine Anwendung der Verteilregel des § 11 Abs 3 S 3 SGB 2 über § 11 Abs 2 S 3 SGB 2 ist ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. März 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten die endgültige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. September bis 30. November 2011.

Der Kläger steht seit dem 1. März 2011 im Leistungsbezug beim Beklagten. Mit Bescheid vom 11. Februar 2011 sind ihm Leistungen für die Zeit vom 1. März 2011 bis 31. August 2011 bewilligt worden. Die Höhe der Leistungsbewilligung ist durch Änderungsbescheide vom 18. April 2011 und 20. April 2011 modifiziert worden. Zu Einzelheiten zur Höhe der Leistungen wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2011 informierte die A. Lebensversicherungs-AG (AL-AG) den Kläger über die Gewährung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente. Rückwirkend ab dem 1. Mai 2010 sagte diese ihm die volle Leistung aus zwei Versicherungspolicen zu. Entsprechend dieser Mitteilung beläuft sich die Leistungshöhe ab 1. Juli 2011 insgesamt auf 328,10 € monatlich. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 30. Juni 2011 wurde ein Betrag von 4.277,- € sowie 311,60 € nachbezahlt. Ausweislich des Kontoauszugs vom 14. Juni 2011 ging am 9. Juni 2011 ein von der AL-AG gezahlter Betrag in Höhe von 4.588,60 € auf dem Girokonto des Klägers ein.

Am 10. August 2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Weiterbewilligung von SGB II Leistungen beim Beklagten.

Mit Bescheid vom 23. August 2011 hob der Beklagte die bereits erfolgte Leistungsbewilligung ab 1. Juni 2011 auf. Der Kläger habe im Juni eine einmalige Einnahme aus der Nachzahlung seiner Berufsunfähigkeitsrente erhalten. Diese sei im vorliegenden Fall gleichmäßig auf einen Zeitraum von 6 Monaten (Juni bis November 2011) aufzuteilen.

Mit weiterem Bescheid vom 23. August 2011 lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2011 ab. Aufgrund der Höhe des anzurechnenden Einkommens sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme, aufgeteilt auf 6 Monate, werde bis zum 30. November 2011 befristet.

Am 31. August 2011 erhob der Kläger gegen beide Bescheide jeweils Widerspruch. Die Ablehnung der Weiterbewilligung sei rechtswidrig, da das Girokonto zum Zeitpunkt der Überweisung durch die AL-AG in Höhe von etwa 5.000,- € überzogen gewesen sei. Ende Juni 2011 sei das Konto noch mit 609,19 € im Soll gestanden. Der Kläger verfüge daher über kein Vermögen, mit welchem er sein Existenzminimum sichern könne. Auch die Aufhebung der Entscheidung hinsichtlich der bereits bewilligten Leistungen sei rechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers hinsichtlich der Weiterbewilligung vom 1. September bis 30. November 2011 zurück. Die fast vollständige Tilgung von Schulden bei der Bank durch die Nachzahlung der AL-AG sei nicht entscheidungserheblich. Offene Schulden seien nicht vom Einkommen abzusetzen. Dieses sei primär zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2011 wies der Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Aufhebung mit der gleichen Begründung ebenfalls zurück.

Mit Blick auf die verweigerte Weiterbewilligung für den Zeitraum vom 1. September bis 30. November 2011 hat der Kläger am 12. September 2011 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Ein zeitgleich eingeleitetes Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel einer zumindest darlehensweise Bewilligung ab September 2011 (Aktenzeichen S 12 AS 3036/11 ER) endete vergleichsweise damit, dass dem Kläger für die Monate Oktober und November 2011 darlehensweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bewilligt worden sind.

Mit Beschluss vom 8. November 2011 hat das SG die Prozesskostenhilfe für das streitgegenständliche Hauptsacheverfahren mangels Erfolgsaussichten abgelehnt. Die Tatsache, dass der Zufluss der Rentennachzahlung in vollem Umfang zur Tilgung des Überziehungskredits verbraucht worden sei, ändere nichts an der Einordnung dieser Nachzahlung als Einkomme...

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