Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Betriebsweg. Unfallkausalität. wesentliche Mitursache. fehlende detaillierte Ortskenntnis. betriebliche Gefährdungsmomente: reduzierte Beleuchtung in einer Werkshalle und fehlende Markierung einer Stufe. innere Ursache: Schwindel. Treppensturz. Rückweg von der Kantine zum Arbeitsplatz am ersten Arbeitstag

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis besteht (auch) bei Mitwirkung einer inneren Ursache (Schwindel), wenn fehlende detaillierte Ortskenntnis, reduzierte Beleuchtung in einer Werkshalle und fehlende Markierung einer Stufe als betriebliche Gefährdungsmomente festgestellt sind und diese Gegebenheiten wesentlich daran mitgewirkt haben, dass ein Versicherter auf einem Betriebsweg stürzt und sich verletzt.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. März 2021 und der Bescheid der Beklagten vom 6. August 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2020 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, das Ereignis vom 3. September 2018 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 03.09.2018 als Arbeitsunfall.

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 01.11.1998 Beschäftigter der P AG als Montierer/Kommissionierer. Am 03.09.2018 stürzte er auf dem Rückweg von der Mittagspause in der Kantine zu seinem Arbeitsplatz und fiel auf den linken Arm.

Ausweislich des D-Arztberichtes des R-B-Krankenhauses S vom 04.09.2018 sowie des Verlaufsberichts über den stationären Aufenthalt vom 10.09.2018 erfolgte bei Schulterluxation links zunächst eine Reposition vor Ort durch den hinzugezogenen Notarzt. Im Rahmen des stationären Aufenthalts vom 03.09. bis 10.09.2018 wurden als Diagnosen eine Schulterluxation links, ein Tuberculum-majus-Abriss mit Partialruptur der Supraspinatussehne und posttraumatischem Dehnungsschaden des Nervus radialis distal des Truncus medius und ein Zustand nach Synkope gestellt. In der Rubrik „Angaben der versicherten Person zum Unfallhergang“ findet sich folgender Eintrag: „Dem Patienten wurde auf dem Weg von der Mittagspause zurück plötzlich schwindelig, dann schwarz vor den Augen, er sei gestürzt und ist auf den linken Arm gefallen. Vorstellung mit Notarzt unter Analgesie. Eine Frakturreposition hat vor Ort stattgefunden.“ Die Durchgangsärztin vertrat ausweislich des genannten D-Arzt-Berichtes die Auffassung, es handele sich um einen Sturz aus innerer Ursache. Im von der Beklagten beigezogenen Notfallprotokoll über den Einsatz vom 03.09.2018 heißt es „Auf Arbeit kurz Podronie (Schwindel), dann 1 Treppenstufe herabgefallen und frgl. kurz bewusstlos, dann kaltschweißig u. starke Schmerzen li OA“.

Der Kläger selbst schilderte gegenüber der Beklagten den Hergang mit Schreiben vom 18.09.2018 wie folgt: „Als ich nach der Mittagspause zurück zu meinem Arbeitsplatz gehen wollte, lief ich den Gang entlang bis zum Plateau - da sich dort eine hohe Stufe befindet, die von meiner Ansicht aus nicht zu erkennen war und die weder durch Kennzeichnung (z.B. schwarz, gelb schraffiert) noch durch Beschriftung auf dem Boden (siehe Fotos) ersichtlich gemacht wurde, trat ich auf die Kante und rutschte nach vorne, worauf mir schwindelig wurde. Somit verlor ich das Gleichgewicht und stürzte daraufhin schwer auf die linke Seite und verlor dabei das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam und um Hilfe rief, entdeckten mich die Arbeitskollegen, die dann den Vorgesetzten informierten. Daraufhin wurde der Notarzt verständigt.“

In der Unfallanzeige der Firma P vom 12.10.2018 findet sich folgende Schilderung des Unfallhergangs: „Der Mitarbeiter ging nach der Mittagspause zurück zu seinem Arbeitsplatz. Dabei stolperte er über eine Stufe und stürzte auf die linke Rumpfseite.“ In einem neurologischen Befundbericht der G, bei der sich der Kläger am 15.10.2018 wegen Schulterschmerz links, Schwellung der linken Hand, Taubheit Unterarm und gesamter linker Hand vorgestellt hat, findet sich unter Angaben des Versicherten zum Unfall folgender Passus (wörtlich zitiert): „... er sei beim Umbau des Büros an der Treppe ausgerutscht und Sturz bewusstlos für wenige Minuten gewesen, er sei auf die linke Schulter gefallen und habe eine Schulterfraktur links erlitten ...“. Ausweislich der Unfallanamnese im BGSW-Aufnahmebericht und Entlassungsbericht des SRH-Gesundheitszentrums W vom 06.03.2019 bzw. vom 01.04.2019 war der „Patient auf der Treppe ausgerutscht und auf die linke Schulter gestürzt“.

Entsprechend einer vorläufigen Bewertung durch die Sachbearbeitung (vgl. Aktenvermerk vom 21.11.2018 mit Einverständnisvermerk vom 22.11.2018) wurde für die weitere Bearbeitung des Falls zunächst vom Vorliegen eines Arbeitsunfalls ausgegangen.

Am 28.06.2019 erfolgte durch einen Präventionsmitarbeiter der Beklagten in Anwesenheit d...

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