Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 aF. Zuständigkeit der Schiedsstelle. Investitionskostenvereinbarung. zugelassene Pflegeeinrichtung. öffentliche Förderung

 

Leitsatz (amtlich)

Von der Anwendbarkeit von § 82 Abs 3 SGB XI - und damit dem Ausschluss von § 82 Abs 4 SGB XI - ist in allen Fällen und so lange auszugehen, in denen durch öffentliche Zuschüsse geförderte Wirtschaftsgüter noch nicht vollständig abgeschrieben worden sind, soweit diese Gegenstand des gesondert berechneten Investitionsaufwandes sind. Dies gilt auch dann, wenn die Zweckbindungsfrist für die Förderung bereits abgelaufen ist.

 

Tenor

Die Klage des Klägers wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Schiedsspruch, mit dem die Schiedsstelle den Antrag auf Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionskosten nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB XI als unzulässig abgewiesen hat, weil die betroffene Einrichtung auch nach Ende der Zweckbindungsfrist noch eine geförderte Einrichtung und die Schiedsstelle nicht zuständig sei.

Der Kläger betreibt die nach § 72 SGB XI zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung H in M, im Kreisgebiet des Beklagten. Bei der Einrichtung handelt es sich um eine Pflegeeinrichtung mit ursprünglich 60 Pflegeheimplätzen, 12 Altenwohnungen sowie 12 Tagespflegeplätze, die in einem gepachteten Gebäude betrieben wird. Das Gebäude wurde ursprünglich von der Stadt M errichtet. Mit Bewilligungsbescheid vom 19.6.1989 hatte sie hierzu Mittel aus dem Staatshaushalt des Jahres 1989 i.H.v. 3.000.150 DM zweckgebunden für den Neubau einer Altenwohnanlage erhalten. In Ziff. VI.2. ist als besondere Bestimmung eine Zweckbindung von 25 Jahren nach Fertigstellung enthalten (vgl. Zuwendungsbescheid Regierungspräsidium T vom 19.6.1989, Bl. 46 LSG L 2 SO 487/18 KL). Nach VI.3. ist die Zuwendung u.a. auch dann zurückzuzahlen, wenn das geförderte Projekt auf einen anderen Träger durch Veräußerung, Verpachtung oder in sonstiger Weise übergeht.

Nach der Fertigstellung 1992 verpachtete die Stadt M - wie bereits in der Planungsphase vorgesehen - das Gebäude an den Kläger als Betreiber der Altenpflegeeinrichtung, die die Einrichtung seit 15.6.1992 und weiterhin betreibt. Die Investitionsförderung der Stadt M als Eigentümerin der Immobilie durch das Land führte zu einer reduzierten Pachtforderung, die auf den Werten für Gebäudeabschreibung und Darlehenszinsen basiert, gegenüber dem Kläger als Betreiber. In die Berechnung der Selbstkosten im Rahmen der Festlegung des Investitionskostensatzes durch den damaligen Landeswohlfahrtsverband (LWV) flossen lediglich die angepassten Baukosten i.H.v. 9.339.264 DM abzüglich der Investitionsförderung i.H.v. gesamt 4.740.000 DM ein. Diese reduzierte Bemessungsgrundlage wurde mit einem Abschreibungssatz von 2,45 % (40,8 Jahre) abgeschrieben. Die 1992 gewährte Landesförderung wird vollständig erst nach 40,8 Jahren an die Bewohner weiterverrechnet sein.

2015 verkaufte die Stadt M das Gebäude an die B-GmbH, eine 100 %-Tochter des Klägers. Aufgrund des damaligen Investitionszuschusses des Landes wurde der Käuferin ein „Preisnachlass“ eingeräumt. Die B-GmbH wies in ihrer Bilanz die Vergünstigung als Sonderposten aus und löste ihn bis zum Ende der Zweckbindungsfrist im Jahre 2017 ertragswirksam auf. Ein Sonderposten besteht bei der B-GmbH nicht mehr.

Mit Schreiben vom 30.11.2016 forderte der Kläger den Beklagten zu Vergütungsverhandlungen über die Vereinbarung eines Investitionskostensatzes nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB XI für das H in M auf. Die Gespräche führten zu keinem Ergebnis, u.a. ging der Beklagte davon aus, dass es sich um eine geförderte Einrichtung i.S. von § 82 Abs. 3 SGB XI handele.

Mit Schreiben vom 5.7.2017 (Eingang bei der Schiedsstelle 7.7.2017) beantragte der Kläger die Durchführung eines Schiedsverfahrens. Er beantragte die Festsetzung eines Investitionskostensatzes von 17,80 €/Tag für Einzelzimmer, 15,65 €/Tag für Doppelzimmer sowie 12,46 €/Tag für die Tagespflege. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass es sich nach Ablauf der Zweckbindungsfrist von 25 Jahren um keine geförderte Einrichtung mehr handele und somit eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB XI abgeschlossen werden müsse. § 82 Abs. 3 SGB XI sei nicht betroffen, diese Bestimmung beziehe sich nur auf Einrichtungen, die nach dem 1.1.1995 gefördert worden seien. Eine Auslegung der §§ 9, 82 Abs. 3 SGB XI ergebe, dass es sich nicht um Fördermittel im Sinne der §§ 9, 82 Abs. 3 SGB XI handeln könne, wenn der Förderbescheid vor Inkrafttreten des SGB XI erlassen worden sei. Da H vor diesem Zeitpunkt erbaut und gefördert worden sei, könne § 82 Abs. 3 SGB XI nicht einschlägig sein. Die Einrichtung sei vielmehr als nicht geförderte Einrichtung nach § 82 Abs. 4 SGB XI einzustufen. Eine Kalkulation der Investitionskosten wurde vorgelegt.

Der Beklagte b...

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