Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Kenntnis des Rentenversicherungsträgers von Bescheid der Einzugsstelle. Bekanntgabe Verwaltungsakt. Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erhält ein Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB 4 Kenntnis von einem Bescheid der Einzugsstelle, ist darin keine Bekanntgabe iS des § 37 SGB 10 zu sehen.

2. Dem Rentenversicherungsträger kann nach Treu und Glauben die Berufung darauf, dass ihm ein Verwaltungsakt der Einzugstelle nicht bekannt gegeben worden ist, versagt sein (Fall der Verwirkung).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. November 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird endgültig auf 45.555 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung ab dem 1. Juni 2003 aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) streitig.

Bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich um eine Städtische Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in L./S.. Zweck der Gesellschaft ist es, vorrangig eine sozialverantwortbare Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung sicherzustellen, Maßnahmen der kommunalen Infrastruktur zu unterstützen und städtebauliche Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Die Gesellschaft errichtet, erwirbt, betreut, bewirtschaftet und verwaltet deshalb Wohnungen in allen Rechts- und Nutzungsformen (vgl § 2 Abs 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags [GV]). Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 9.500.000 €. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt L./S. (§ 3 GV). Organe der Gesellschaft sind die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung (§ 4 GV). Mit Geschäftsführern und Mitgliedern des Aufsichtsrats dürfen Geschäfte und Rechtsgeschäfte des § 2 GV nur abgeschlossen werden, wenn der Aufsichtsrat dem Abschluss solcher Geschäfte zugestimmt hat (§ 5 Abs 2 GV). Zur Geschäftsführung ist in den §§ 6 bis 8 GV Folgendes geregelt:

“Geschäftsführung § 6

(1) Die Gesellschaft hat je nach der Bestimmung des Aufsichtsrats einen oder mehrere

Gesellschafter/innen.

(2) Die Gesellschaftsführer/innen werden vom Aufsichtsrat auf die Dauer von 5 Jahren bestellt. Wiederholte Bestellung ist zulässig. Die Bestellung kann vorzeitig nur aus wichtigem Grund von der Gesellschafterversammlung widerrufen werden.

(3) Der Aufsichtsrat kann Mitglieder der Geschäftsführung vorläufig ihres Amtes entheben. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln aller Mitglieder des Aufsichtsrats. Für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung von Mitgliedern der Geschäftsführung hat der Aufsichtsrat die Fortführung der Geschäfte sicherzustellen; die Gesellschafterversammlung ist unverzüglich einzuberufen. Den vorläufig ihres Amtes enthobenen Mitgliedern der Geschäftsführung ist in der Gesellschafterversammlung Gehör zu geben.

(4) Anstellungsverträge mit Geschäftsführern/innen werden vom Aufsichtsrat auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen; sie können auch im Falle des Widerrufs der Bestellung als Geschäftsführer/in nur aus wichtigem Grund vom Aufsichtsrat gekündigt werden.

(5) Die Geschäftsführer/innen dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Sie dürfen ohne Einwilligung auch nicht Mitglieder des Vorstands oder Geschäftsführer/in oder persönlich haftende/r Gesellschafter/in einer anderen Handelsgesellschaft sein. Die Einwilligung des Aufsichtsrats kann nur für bestimmte Handelsgewerbe oder Handelsgesellschaften oder für bestimmte Arten von Geschäften erteilt werden. Im Übrigen gilt § 88 AktG entsprechend.

§ 7

(1) Die Geschäftsführung vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ist nur ein/e Geschäftsführer/in bestellt, so vertritt er/sie die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer/innen bestellt, so vertreten zwei Geschäftsführer/innen gemeinschaftlich oder ein/e Geschäftsführer/in gemeinschaftlich mit einem Prokuristen/einer Prokuristin die Gesellschaft.

(2) Bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer/innen und eines/einer oder mehrerer Prokuristen/innen sind Willenserklärungen für die Gesellschaft nur verbindlich, wenn sie von zwei Geschäftsführer/innen oder von einem/einer Geschäftsführer/in und einem/einer Prokuristen/in abgegeben werden.

(3) Die Geschäftsführung führt die Geschäfte der Gesellschaft selbstverantwortlich nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag. Sind mehrere Geschäftsführer/innen bestellt, so können einzelne Geschäftsführer/innen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt werden.

(4) Die Geschäftsführung hat für jedes Geschäftsjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsführung ist eine fünfjährige Finanzplanung zu Grunde zu legen. Wirtschafts- und Finanzplan si...

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