Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusicherung der Übernahme der Unterkunftskosten für eine neue Unterkunft

 

Leitsatz (amtlich)

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann ein SGB II-Leistungsträger in aller Regel nicht zur Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs 4 SGB II verpflichtet werden, sondern allenfalls zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.05.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners (Ag.) zur Abgabe einer Zusicherung der Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 450 € mtl. und die Übernahme der KdU in dieser Höhe durch den Ag.

Der Ast. ist 1996 geboren und hat kein Einkommen. Seit August 2018 hält er sich in R. auf und übernachtet dort in der Notübernachtungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Der Ag. gewährt ihm laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe des Regelsatzes (vgl. Bescheid vom 13.02.2019). Außerdem übernahm er bislang jeweils nachträglich die von der AWO geltend gemachten Unterkunftskosten für seine Übernachtungen in der Notunterkunft (vgl. etwa Bescheid vom 05.04.2019 über KdU für März 2019).

Am 08.04.2019 beantragte der Ast. die Zusicherung der Übernahme der KdU für die beabsichtigte Anmietung eines 13 m² großen Zimmers in einer Wohngemeinschaft (WG-Zimmer) im W.-Weg in R.. In der vom Ast. vorgelegten Mietbescheinigung vom 04.04.2019 ist die Anzahl der Räume mit “1„ angegeben, die Größe der Gesamtfläche mit 140 m², als Baujahr des Hauses 1960 und als Datum der erstmaligen Bezugsfertigkeit der Wohnung März 2019. Die Kaltmiete für das unmöblierte Zimmer mit gemeinschaftlicher Nutzung von Bad und Küche beträgt ausweislich der Mietbescheinigung 400 € monatlich, die Höhe der pauschal zu entrichtenden Nebenkosten (Zentralheizung als Gas-Sammelheizung, Strom, Wasser/Abwasser, Müllgebühr) 50 € monatlich. Im Rahmen einer weiteren persönlichen Vorsprache vom 09.04.2019 gab der Ast. die Größe des Zimmers mit 13 m² an, die Größe der mitzubenutzenden Küche mit 25 m². Er legte einen nicht unterschriebenen Mietvertragsentwurf für das Zimmer vor. Angaben zum Mietbeginn ergeben sich weder aus dem Mietvertrag noch aus der Mietbescheinigung.

Für die Anmietung des Zimmers sicherte der Ag. dem Ast. mit Bescheid vom 10.05.2019 die Übernahme von 280 € als Warmmiete zu. Hiergegen erhob der Ast. Widerspruch mit dem Begehren, die vollen Unterkunftskosten zu übernehmen.

Am 14.05.2019 hat der Ast. beim Sozialgericht Reutlingen (SG) beantragt, den Ag. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die gesamten Kosten seiner Wohnung in Höhe von 450 € mtl. und die Mietkaution in Höhe von 800 € zu bezahlen.

Der Ag. hat darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag noch nicht unterschrieben und der Beginn des Mietverhältnisses unklar sei. Die Mietkaution sei durch Geldmittel der Mutter bereits sichergestellt. Die Miethöhe sei für das 13 m² große Zimmer unangemessen. Angemessen seien 280 €, wie in der Verfügung des Landkreises vom 02.08.2016 zu Mietobergrenzen von Einzelpersonen in Wohngemeinschaften näher dargelegt.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Hinsichtlich der Mietkaution fehle es an einem Anordnungsgrund, hinsichtlich der Abgabe einer Zusicherung und Übernahme der kompletten laufenden Unterkunftskosten sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da die Kosten für die Wohnung unangemessen hoch seien. Zwar werde die sich auf Grundlage der Wohngeldtabelle errechnete Mietobergrenze von 477,40 € durch die Miete von 400 € zuzüglich geschätzter 25 € monatlicher “kalter„ Nebenkosten nicht überschritten. Die geringe Wohnfläche und der Umstand, dass die gemeinschaftliche Nutzung von Bad und Küche in einer Wohngemeinschaft (WG) “weniger wert„ sei als eine alleinige Nutzung, rechtfertigten im konkreten Fall indes ein Abweichen von der abstrakten Mietobergrenze.

Gegen diesen ihm am 25.05.2019 zugestellten Beschluss hat der Ast. am 05.06.2019 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, ihm die tatsächliche Miete zu gewähren. Er übernachte in einer Notunterkunft und müsse sich tagsüber im Tagestreff ohne Privatsphäre aufhalten. Alle Versuche eine Wohnung zu finden seien fehlgeschlagen. Nun habe er endlich etwas gefunden und es werde abgelehnt. Er bitte darum ihm zu ermöglichen, aus der Obdachlosenunterkunft auszuziehen.

Der Ag. hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat dem Ast. mit Schreiben vom 06.06.2019 aufgegeben, bis zum 24.06.2019 mitzuteilen, ab wann genau die Wohnung angemietet bzw. ab wann er zur Zahlung der Miete verpflichtet ist und ob Stundungsvereinbarungen getroffen worden sind. Dies blieb, ebens...

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