Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufiger Rechtsschutz für vorbeugende Unterlassungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen von vorläufigem Rechtsschutz für eine vorbeugende Unterlassungsklage.

2. Es ist nicht zulässig, einer Behörde zu untersagen, überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Das Instrumentarium des nachträglichen Rechtsschutzes (Widerspruch, Klage bzw deren aufschiebende Wirkung und die Möglichkeit, im Falle des Sofortvollzugs vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können) genügt grundsätzlich dem Verfassungsgebot des effektiven Rechtsschutzes.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.1.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den bevorstehenden Widerruf ihrer Zulassung zur Abgabe von Hilfsmitteln (§ 126 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V).

Die Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 21.07.2005 (Verwaltungsakte - VA - S. 5) zur Abgabe von Hilfsmitteln gem. § 126 Abs. 1 SGB V zugelassen. Die Zulassung beschränkte sich auf die Abgabe von Inkontinenzhilfen, Krankenpflegeartikeln, Rehabilitationsmitteln und von Geräten zur Eigenbehandlung durch den Patienten. Die Beschwerdeführerin gibt die Hilfsmittel in ihrem Verkaufsraum sowie bundesweit im Wege des Versandhandels an gesetzlich Krankenversicherte ab. Hierzu betreibt sie unter der Internetadresse “www.S.-versand.de„ einen Internet-shop. Dort kann der Versicherte das Hilfsmittel nach Verordnung durch einen Vertragsarzt bestellen. Die Auslieferung übernimmt die von der Beschwerdeführerin damit beauftragte H. (HES). Auf der Internetseite der Beschwerdeführerin findet sich außerdem folgende Werbeaussage (VA S. 7):

“Wenn Sie als gesetzlich Versicherter ihr Kassenrezept in einem Sanitätshaus einlösen, leisten Sie für jedes erstattungsfähige Hilfs- oder Pflegehilfsmittel eine Zuzahlung von bis zu 10 EUR. Nicht so bei S., denn wir geben Ihnen, wenn sie zuzahlungspflichtig sind, bei jedem erstattungsfähigen Hilfs- oder Pflegehilfsmittel einen Bonus in Höhe der gesetzlichen Zuzahlung. Sie sparen sofort zwischen 5 EUR und 10 EUR! (Für ihre Krankenkasse erhalten Sie eine Quittung über die volle Zuzahlung.)„

In einem an die Beschwerdeführerin gerichteten Schreiben vom 18.8.2005 (VA S. 8) führte die Beschwerdegegnerin aus, das Bonussystem sei rechtswidrig. Eine Quittung dürfe nur für die tatsächlich geleistete Zuzahlung ausgestellt werden. Andernfalls könne der Versicherte die Quittung auch zur Befreiung von Zuzahlungen nutzen, ohne solche entrichtet zu haben. Außerdem müsse die Auslieferung bzw. Installation von Hilfsmitteln durch zugelassene Leistungserbringer bzw. deren Mitarbeiter erfolgen.

Unter dem 23.8.2005 (VA S. 14) trug die Beschwerdeführerin hierzu vor, ihr Bonussystem sei rechtlich zulässig und stelle eine erlaubte Imagewerbung dar. Die Zuzahlung werde an die Beschwerdegegnerin weitergeleitet; lediglich im Nachhinein bekomme der Versicherte einen Bonus, der nur zufällig der gesetzlichen Zuzahlung entspreche. Hinsichtlich Abgabe, Aufbau und Einweisung in den Gebrauch von Hilfsmitteln arbeite sie mit der HES zusammen, die ausschließlich qualifizierte Techniker einsetze. Im Zulassungsverfahren habe sie ihr Versandhandelskonzept umfassend dargestellt und darauf hingewiesen, dass die sozialrechtliche Verantwortung im Hinblick auf die zweckmäßige und funktionsgerechte Versorgung der Versicherten bei ihr verbleibe. Die Gesundheit der Versicherten sei umfassend gewährleistet, nachdem die HES-Techniker über eine fundierte Ausbildung verfügten und von ihr im Umgang mit den Hilfsmitteln geschult würden. Außerdem unterlägen sie ihren Weisungen. Die Techniker bauten die Hilfsmittel vor Ort auf, prüften ihre Funktionstauglichkeit und wiesen den Versicherten in den Gebrauch ein. Dazu erhielten sie von ihr konzipierte Checklisten. Insgesamt stelle das logistisch ausgereifte Versorgungsmodell unter der bei ihr verbleibenden sozialrechtlichen Verantwortung eine zweckmäßige und funktionsgerechte Versorgung der Patienten sicher.

Mit Schreiben vom 21.12.2005 (VA S. 15) sprach die Beschwerdegegnerin eine Verwarnung nach § 18 des mit dem Fachverband O. e.V. geschlossenen Rahmenvertrags (Rahmenvertrag, SG-Akte S. 89) aus. Gem. § 126 Abs. 1 SGB V dürften Hilfsmittel an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Die HES verfüge über eine solche Zulassung nicht. Außerdem liege ein schwerer Vertragsverstoß darin, dass die Beschwerdeführerin nicht ausgeführte Leistungen abrechne bzw. Leistungen durch dazu nicht Berechtigte in die eigene Abrechnung aufnehme. Auch der Internetauftritt der Beschwerdeführerin entspreche nicht den Regelungen des Rahmenvertrags. Nach § 12 Nr. 1 des Vertrags sei es nämlich nicht gestattet, für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zu werben. Die Beschwe...

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