Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Abänderungsverfahren nach § 86b Abs 1 S 4 SGG. Abänderungsbefugnis. wiederholter Eilantrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Abänderungsverfahren nach § 86b Abs 1 S 4 SGG stellt kein zusätzliches Rechtsmittel dar; es dient deshalb nicht der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell rechtmäßig ist (Anschluss an BVerwG vom 25.8.2008 - 2 VR 1/08).

2. Eine Abänderungsbefugnis nach § 86b Abs 1 S 4 SGG besteht zum einen dann, wenn eine geänderte Sach- und Rechtslage eingetreten ist oder wenn der Beteiligte sich auf ohne Verschulden nicht früher geltend gemachte Gründe berufen kann. Zum anderen kommt eine Änderung durch Anpassung an die Entwicklung der Hauptsache in Betracht, wenn auf der Grundlage besserer Rechtserkenntnis und der darauffolgenden neuen Prozesslage ein Bedürfnis besteht (vgl BVerwG vom 25.4.1985 - 4 C 13/85 = Buchholz 310 § 80 VwGO Nr 45).

 

Orientierungssatz

Da auch Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der formellen Rechtskraft fähig sind und ihnen ferner eine sachliche Bindungswirkung zukommt, ist ein wiederholter, auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichteter Eilantrag jedenfalls bei unveränderter Sach- und Rechtslage unzulässig.

 

Tenor

Der Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Mannheim vom 30. April 2009 - S 6 SO 1241/09 ER - wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Abänderungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. K. wird abgelehnt.

 

Gründe

Der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. September 2009 gestellte Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 30. April 2009 - S 6 SO 1241/09 ER - abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.

Der Senat legt den Antrag dahingehend aus, dass es dem Antragsteller allein darum geht, im Rahmen des § 86b Abs. 1 Satz 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eine den vorgenannten Beschluss des SG abändernde Entscheidung des Senats mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 6. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2008 zu erlangen, soweit diese Bescheide von ihm im Berufungsverfahren L 7 SO 3673/09 noch angegriffen sind. Ohnehin wäre ein neuerlicher (originärer) Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG unzulässig gewesen. Denn das SG hat in seinem nicht mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 30. April 2009 (dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 9. Mai 2009) den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach der vorgenannten Verfahrensvorschrift abgelehnt. Da auch Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der formellen Rechtskraft fähig sind und ihnen ferner eine sachliche Bindungswirkung zukommt (vgl. Bundesfinanzhof ≪BFH≫ BFHE 166, 114; Landessozialgericht ≪LSG≫ Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Oktober 2007 - L 4 B 583/07 KA ER - ≪juris≫; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 40; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫, § 80 Rdnr. 358), hat dies zur Folge, dass ein wiederholter, auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichteter Antrag jedenfalls bei unveränderter Sach- und Rechtslage unzulässig ist (vgl. BFH a.a.O.; Krodel, a.a.O.; ferner LSG Berlin, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - L 15 B 88/04 KR ER - ≪juris≫; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Oktober 2007 a.a.O.; Verwaltungsgerichtshof ≪VGH≫ Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 - 13 S 1824/01 - NVwZ-RR 2002, 908). Derartige Gründe hat der Antragsteller im Schriftsatz vom 22. September 2009 im Übrigen nicht angeführt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Vielmehr möchte der Antragsteller über § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG eine abändernde Entscheidung des Senats erreichen. Ein derartiger Antrag führt indes vorliegend ebenfalls nicht zum Ziel. Zwar ist eine Zuständigkeit des Senats als Gericht der Hauptsache wegen des bereits anhängigen Berufungsverfahrens L 7 SO 3673/09 gegeben (vgl. Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫ BVerwGE 80, 16; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 20a; Krodel, a.a.O., Rdnr. 184). Freilich erscheint schon zweifelhaft, ob die vorbezeichnete Verfahrensregelung hier überhaupt einschlägig ist. Denn dort ist lediglich von “Maßnahmen„ die Rede, die das Gericht der Hauptsache auf Antrag jederzeit ändern oder aufheben kann; gemeint sind damit nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang der Regelung Maßnahmen nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. Krodel, a.a.O., Rdnr. 181). Um “Maßnahmen„ im Sinne des Satz 1 a.a.O. handelt es sich allerdings nur bei stattgebenden Entscheidungen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Oktober 2007 a.a.O.), sodass durchaus daran gedacht werden könnte, einen Abänderungsantrag nur zuzulassen, wenn die beantragte Anordnung zuvor ganz oder jedenfalls tei...

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