2.1 Personenkreis

 

Rz. 3

§ 63 erfasst Antragsteller und Bezieher von Sozialleistungen. Einschränkend sind aber nur die Personen betroffen, die wegen Krankheit oder Behinderung leistungsberechtigt sind. Das bedeutet allerdings nicht, dass jegliche Leistung, die an einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand ("Krankheit") anknüpft oder die aufgrund einer beeinträchtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft geleistet wird, weil die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit voraussichtlich länger als sechs Monate bei beeinträchtigter Teilhabe am Leben in der Gesellschaft von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht ("Behinderung"), die Mitwirkungspflichten nach § 63 auslöst. Relevant ist vielmehr der in dem jeweiligen Spezialgesetz definierte Begriff; weshalb Krankheit z. B. nicht immer Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit voraussetzt. Betroffen sind jedenfalls auch Leistungen der Unfall- und Pflegeversicherung sowie Leistungen nach dem SGB IX. Im Übrigen genügt es für die Mitwirkungspflichten nach § 63, wenn Krankheit oder Behinderung zwar noch nicht eingetreten sind, aber drohen.

 

Rz. 4

§ 63 erfasst Antragsteller bzw. Bezieher von

  • Krankengeld nach dem SGB V,
  • Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI,
  • Verletztengeld, Unfallrente nach dem SGB VII,
  • Nachteilsausgleich,,
  • Geld- oder Sachleistungen aus der Pflegeversicherung nach dem SGB XI,
  • Leistungen aus den Versorgungssystemen mit Entschädigungscharakter nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz oder dem Opferentschädigungsgesetz.

Mitwirkungspflichtig sind auch Personen die eine Feststellung eines bestimmten Grades der Behinderung nach dem SGB IX wünschen.

 

Rz. 5

Der Obliegenheit nach § 63 kann nur der Leistungsberechtigte in Person selbst nachkommen, da sein Gesundheitszustand betroffen ist. Das gilt auch für Minderjährige.

2.2 Obliegenheit

 

Rz. 6

Die Vorschrift steht in einem inneren Zusammenhang mit § 64 (Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben). Sie hat hauptsächlich Präventionscharakter, bietet für den Leistungsträger aber auch ökonomisches Potenzial. Die Regelung kann nicht als Ergänzung oder Präzisierung der §§ 60 bis 62 angesehen werden, weil es ihr am Element des Amtsermittlungsgrundsatzes aus § 20 SGB X fehlt.

 

Rz. 7

Neben § 63 existieren weitere Regelungen im SGB, z. T. mit konkreten Mitwirkungspflichten (vgl. die Nahtlosigkeitsregelung in § 145 SGB III, die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nach § 51 SGB V, die nach dem Grundsatz Rehabilitation vor Rente einen Antrag auf Rehabilitation verlangen; im Übrigen vgl. § 8 SGB IX, § 6 SGB XI).

 

Rz. 8

Die Obliegenheit, eine Heilbehandlung zumindest zu dulden, zielt darauf ab, die wegen Krankheit oder Behinderung begehrte Leistung weitestgehend zu reduzieren oder die Voraussetzungen dafür entfallen zu lassen. Behandlung zur Beseitigung von Krankheit oder Behinderung bzw. Prävention vor Verschlimmerungen sind damit das Kernanliegen der Regelung. Unerheblich ist, ob die beabsichtigte Heilbehandlung ambulant oder stationär durchgeführt wird. Das bedeutet, dass die Regelung insbesondere auf medizinische Eingriffe zielt, die zum Ziel haben, die Leistung zu überwinden.

 

Rz. 9

Heilbehandlung ist jede medizinische Behandlung zur Verbesserung des Gesundheitszustandes bzw. zur Vermeidung von Verschlechterungen des Gesundheitszustandes des Leistungsberechtigten. Darunter fallen insbesondere medizinische Maßnahmen zur Rehabilitation. Hier ist eine aktive Teilnahme gefragt. Heilbehandlungen sind aber auch alle medizinischen Eingriffe, insbesondere chirurgischer Art, die bei passiver Teilnahme nur zu dulden sind. Hierauf fokussieren die Grenzen der Mitwirkungspflichten nach § 65, insbesondere § 65 Abs. 2 (vgl. die Komm. dort).

 

Rz. 10

Die Mitwirkungspflicht beschränkt sich nicht darauf, eine Heilbehandlung nur an sich vorzunehmen zu lassen, sondern umfasst den gesamten Prozess der Heilbehandlung einschließlich aktiver Mitwirkung vom Antritt zur Behandlung bzw. Maßnahme über Anwendungen und die Einnahme von Medikamenten bis hin zur Befolgung ärztlicher Instruktionen zum Verhalten ("unterziehen").

2.3 Voraussetzungen der Mitwirkungspflicht

 

Rz. 11

Die Mitwirkungspflicht besteht nur auf Verlangen des Leistungsträgers. Der Leistungsträger hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Leistungsbeziehers festzustellen und aktenkundig zu machen. Er muss in der Lage sein, die Gründe für das Vorliegen der Mitwirkungspflicht darzulegen. Ein Verlangen i. S. d. § 63 muss der Leistungsträger gegenüber dem Betroffenen unter ausdrücklicher Berufung auf § 63 zum Ausdruck bringen. Bei Rehabilitationsmaßnahmen, die einen Antrag voraussetzen, tritt an die Stelle des Antrages das mit einer Leistungsbewilligung (ggf. auch nur dem Grunde nach) verbundene Angebot des Leistungsträgers als Verlangen.

 

Rz. 12

Der Leistungsträger darf die konkrete Maßnahme, den Ort der Durchführung sowie Beginn und Dauer bestimmen. Die Heilbehandlung ist je nach Leiden von einem Arzt oder einem Psychologen durchzuführen. So...

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