Rz. 6

Der Begriff des Vermögens wird gesetzlich nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BSG fallen hierunter grundsätzlich alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte, soweit sie nicht normativ dem Einkommen zuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil v. 18.3.2008, B 8/9b SO 9/06 R, Rz. 15; Urteil v. 25.8.2011, B 8 SO 19/10 R; Urteil v. 9.12.2016, B 8 SO 15/15 R). Einzusetzen sind danach alle aktiven Vermögensbestandteile. Verbindlichkeiten oder Schulden gegenüber Dritten dürfen als solche nicht in Abzug gebracht werden. Es erfolgt also keine Saldierung von Aktiva und Passiva (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.8.2016, L 7 SO 1394/16). Schulden und Verbindlichkeiten können nur soweit berücksichtigt werden, wie sie dinglich gesichert sind, z. B. durch Eintragung einer Grundschuld oder Hypothek. Die dingliche Belastung kann den Wert eines Vermögensgegenstandes reduzieren. Auf den Rechtsgrund des Vermögenserwerbs kommt es nicht an. Zum Vermögen gehören z. B. (Bar-)Geld und Geldeswerte (Bank- und Sparguthaben, Schecks), Mobilien (Kfz, Schmuck, Kunstgegenstände, Sammlungen), Immobilien (Grundstücke), Forderungen (z. B. Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers nach § 528 BGB oder Rückabwicklungsansprüche z. B. nach Kündigung einer Kapitallebensversicherung, vgl. BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 8 SO 19/10 R) und sonstige Rechte (Aktien, Wertpapiere, Nießbrauchsrechte, Urheberrechte, Dienstbarkeiten, Geschäftsanteile etc.).

 

Rz. 7

Zu berücksichtigen ist nur das tatsächlich vorhandene Vermögen. Dem Hilfesuchenden kann grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass er sein Vermögen vermindert (z. B. durch unwirtschaftliches Verhalten). Auch das vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Herbeiführen der Leistungsvoraussetzungen führt – anders als bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – nicht zu einem Entfallen des Leistungsanspruchs, sondern nur zu einer Erstattungspflicht (aufgrund eines Bescheides nach § 103 Abs. 1, vgl. BSG, Urteil v. 258.2011, B 8 SO 19/10 R). Vermindert ein Leistungsberechtigter sein Vermögen in der Absicht, die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung herbeizuführen oder setzt er sein unwirtschaftliches Verhalten trotz Belehrung fort, können Leistungen, unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1, ausnahmsweise bis auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche eingeschränkt werden.

 

Rz. 8

Vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.12.1997, 5 C 7-96; BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 8 SO 19/10 R; Urteil v. 20.9.2012, B 8 SO 20/11 R; ebenso im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende des SGB II, vgl. BSG, Urteil v. 30.7.2008, B 14 AS 14/08 B). Ein sog. fiktiver Vermögensverbrauch scheidet in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage hierfür aus (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.12.1997, 5 C 7-96; BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 8 SO 19/10 R, und v. 20.9.2012, B 8 SO 4/11 R). Einzusetzendes Vermögen steht, soweit es noch nicht eingesetzt oder verwertet wurde, einem Leistungsbezug also auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum decken kann oder gedeckt hätte. Dies gilt auch für den Zeitraum eines Streits über Einsatz und/oder Verwertbarkeit des Vermögens. Der Leistungsempfänger muss vorhandenes Vermögen zumindest vorläufig einsetzen um so das Risiko, sich jederzeit auf das vorhandene Vermögen zur Deckung des Bedarfs verweisen lassen zu müssen, auszuschließen (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.12.1997, 5 C 7-96; BSG, Urteil v. 20.9.2012, B 8 SO 20/11 R). Ein fiktiver Vermögensverbrauch kommt auch im Falle des gesetzlichen Anspruchsübergangs des § 19 Abs. 6 nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil v. 20.9.2012, B 8 SO 20/11 R). Spätere Änderungen (etwa ein eintretendes Verwertungsverbot), die die Verwertung erschweren oder Einfluss auf den Wert des Vermögens nehmen, sind zu berücksichtigen. Ein fiktiver Vermögensverbrauch findet demgegenüber statt, wenn im Bedarfszeitraum Sozialhilfe als Darlehen erbracht wird; dann muss die Gewährung der Sozialhilfe in Form eines Darlehens ein Ende finden, wenn die Belastungen den Verkehrswert des Vermögensgegenstandes erreichen (BVerwG, Urteil v. 17.10.1974, V C 50.73; BSG, Urteil v. 25.8.2011, B 8 SO 19/10 R). Anderenfalls stünde der Darlehensnehmer schlechter als derjenige, der sein Vermögen verwertet und im Anschluss daran Sozialhilfe erhält.

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