Rz. 75

Liegt ein gesetzlicher Ausschlussgrund vor, ist die Gerichtsperson kraft Gesetzes vom Verfahren ausgeschlossen, ohne dass es einer gesonderten Entscheidung bedarf. Es tritt der Vertretungsfall ein (hierzu BFH, Urteil v. 29.1.2015,V R 5/14). Die Vorschriften über die Ausschließung sind nicht disponibel. Die vorschriftsmäßige Besetzung gehört zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen. Hat ein ausgeschlossener Richter an der Entscheidung mitgewirkt, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der einen absoluten Revisionsgrund i. S. v. § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 547 Nr. 2 ZPO (BSG, Beschluss v. 25.2.2010, B 11 AL 178/09 B; Beschluss v. 12.2.2003, B 9 SB 60/02 B; Urteil v. 13.12.2000, B 6 KA 42/00 R; Urteil v. 8.8.1975, 6 RKa 9/74) sowie einen Wiederaufnahmegrund nach § 179 SGG i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 2 ZPO darstellt. Da die Ausschließung unverzichtbar und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist, steht im Revisionsverfahren der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das Instanzgericht nicht entgegen, dass die Beteiligten die Besetzung des Instanzgerichts weder vor diesem noch im Revisionsverfahrens gerügt haben (so BFH, Urteil v. 7.9.2016, I R 14/15; Urteil v. 20.7.2016, I R 40/14). Das Rügerecht geht einem Beteiligten daher auch dann nicht verloren, wenn er sich auf die Verhandlung eingelassen und einen Sachantrag gestellt hat (BSG, Beschluss v. 12.2.2003, B 9 SB 60/02 B).

Fehler bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter in einer Sache führen nicht im Wege des Domino-Effekts dazu, dass in den Folgeterminen in (allen) anderen Sachen der gesetzliche Richter nicht gewahrt ist (BAG, Urteil v. 7.5.1998, 2 AZR 344/97).

 

Rz. 76

Der von von einem Ausschluss betroffene Richter muss dies unverzüglich anzeigen. Unterbleibt die Anzeige, kann das die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Richter haben kein eigenes Ablehnungsrecht. Die Entscheidung, ob aus den gemäß §§ 48, 41, 42 ZPO angezeigten Gründen tatsächlich ein gerechtfertigter Grund für die Annahme der Befangenheit vorliegt, ist allein Aufgabe des Gerichts, das zur Entscheidung über die Selbstanzeige berufen ist (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 23.3.2007, L 2 AR 5/07 SAB).

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