Rz. 1

Die Vorschrift wurde eingeführt durch Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) mit Wirkung zum 1.4.2011. Sie regelt nach dem Vorbild des § 47 VwGO erstmalig ein Normenkontrollverfahren im SGG. Absatz 1 begrenzt die prinzipale Normenkontrolle auf Satzungen und sonstige untergesetzliche Rechtsnormen, die nach § 22a SGB II erlassen worden sind. Außerhalb dieses eng umgrenzten Bereichs wird Rechtschutz gegen gesetzliche und untergesetzliche Rechtsnormen durch die inzidente (konkrete) Normenkontrolle gewährleistet. Danach werden bei der gerichtlichen Kontrolle behördlichen Handelns die zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüft. Untergesetzliche Normen müssen sich in dem durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorgegebenen Rahmen bewegen. Gesetzliche Regelungen sind auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht zu prüfen. Damit ist grundsätzlich dem Erfordernis effektiven Rechtschutzes i. S. d. Art. 19 Abs. 4 GG Genüge getan.

 

Rz. 2

Ebenso wie § 47 Abs. 1 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnet die Vorschrift des § 55a für einen bestimmten Bereich quasi ausnahmsweise die Normenkontrolle untergesetzlicher Vorschriften. Gründe sind hier wie dort eine Verstärkung des gerichtlichen Rechtschutzes, insbesondere der Rechtzeitigkeit des Rechtschutzes (Kopp/Schenke, § 47 VwGO, 17. Aufl., Rz. 12 m. w. N.) und die Entlastung der Gerichte. Die Erwartung des Gesetzgebers geht dahin, durch die Normenkontrolle in einem gerichtlichen Verfahren eine Klärung für eine Vielzahl von Fällen herbeizuführen. Ob sich dieses Ziel im Anwendungsbereich der Normenkontrolle nach § 55a erreichen lässt, ist allerdings fraglich und muss sich noch erweisen. Hierzu ist zunächst ein Blick auf die materiellrechtlichen Regelungen zum Erlass von Satzungen nach § 22a SGB II erforderlich.

 

Rz. 3

Gegenstand der Satzung ist die betragsmäßig pauschalierte Festlegung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Kosten der Unterkunft und Heizung – KdUH) für das Gebiet eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt. Hierdurch sollen Preiserhöhungen vermieden, die Anbieterpluralität erhalten, das Wohnangebot und sozial ausgewogene Bewohnerstrukturen erhalten werden. Schon diese in § 22a Abs. 3 SGB II normierten Programmsätze machen deutlich, wie sehr die materiellrechtlichen Regelungen überfrachtet sind. Die Satzung kann Regelungen zur angemessenen Wohnfläche (§ 22b Satz 1 Nr. 1 SGB II), zu den angemessenen Aufwendungen, also zur Quadratmeterkaltmiete (§ 22b Satz 1 Nr. 2 SGB II) und zur Quadratmeterhöchstmiete (§ 22b Satz 3 SGB II) enthalten. Die Satzung muss zwingend begründet werden (§ 22b Abs. 2 SGB II); die Methodik der Datenerhebung und deren Auswertung werden gesetzlich vorgegeben (§ 22c SGB II). Ob die Regelungen der §§ 22a ff. SGB II eine eigenständige Grundlage zur Bestimmung der angemessenen KdUH darstellen oder ob die Voraussetzungen nach § 22 SGB II zur Angemessenheit inzident zu prüfen sind, ist umstritten (für einen ungeteilten Begriff der Angemessenheit: Mutschler, NZS 2011 S. 481, 483; für die gesonderte Prüfung der Angemessenheit in der Satzung: Kofner, WM 2011 S. 71, 72). Dies betrifft insbesondere die Frage, ob das Vorliegen eines schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs. 1 SGB II vorzunehmen ist. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen sind verschiedentlich Bedenken geäußert worden, wie es bei Regelungen zum SGB II üblich ist (vgl. dazu Mutschler, NZS 2011 S. 481, 483 f. m.w.N.). Die Regelungen dürften an den vom BVerfG im Urteil v. 9.2.2009 (1 BvL 1/09, BVerfGE 125 S. 175) aufgestellten Vorgaben zu messen sein.

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