Rz. 2

Das LSG entscheidet in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unter Einbeziehung neuer Tatsachen und Beweise in vollem Umfang neu. Einschränkungen folgen allenfalls aus § 157a. Eine mündliche Verhandlung ist freigestellt (§ 124 Abs. 3). Die ehrenamtlichen Richter wirken nur bei einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung mit. Die nicht statthafte bzw. unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§ 202 SGG i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die zulässige, aber unbegründete Beschwerde ist zurückzuweisen. Sofern die Beschwerde zulässig und begründet ist, kann das LSG in der Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen. Die Beschwerdeentscheidung ist zu begründen (§ 142 Abs. 2 Satz 1). Hiervon kann dann abgesehen, wenn das LSG die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 142 Abs. 2 Satz 3).

 

Rz. 3

Eine Wiederholung der Beschwerde ist grundsätzlich nicht möglich. In der Regel kann nicht offen gelassen werden, ob die Beschwerde unzulässig oder unbegründet ist. Da Beschlüsse vielfach in materielle Rechtskraft erwachsen (hierzu LSG NRW, Beschluss v. 3.5.2010, L 11 B 23/09 KA ER, juris; s auch § 172 Rn. 5), muss die Frage geklärt werden; lediglich wenn ein Beschluss der materiellen Rechtskraft nicht fähig ist, kann dies offen bleiben (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl. 2008, § 176 Rn. 3a). Dennoch sollte auch in einem solchen Fall zur Begründetheit der Beschwerde erst dann Stellung genommen werden, wenn sie als zulässig angesehen wird. Zumindest rechtssystematisch ist es widersprüchlich, eine Beschwerde als unbegründet zurückverweisen, wenn sie bereits unzulässig ist.

 

Rz. 4

Auf die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde prüft das Beschwerdegericht deren Begründetheit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Ist die Beschwerde unbegründet, wird sie durch Beschluss zurückgewiesen. Ist sie begründet, hebt das Beschwerdegericht den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise auf. Es gilt das Verbot der reformatio in peius. Das Beschwerdegericht kann unter den Voraussetzungen des § 159 auch an das SG zurückverweisen.

 

Rz. 5

Das LSG entscheidet durch zuzustellenden Beschluss. Dieser ist nach § 142 Abs. 2 Satz 1 zu begründen. In entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 kann das LSG von einer weiteren Darstellung der Gründe absehen, soweit es die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweisen will (Zeihe, SGG, § 176 Rn. 4a). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt. Bevor eine nachteilige Entscheidung ergeht, ist der hierdurch beschwerte Beteiligten zu hören (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 17. Aufl. 2011, § 150 Rn. 4).

 

Rz. 6

Das Beschwerdeverfahren kann unterbrochen, ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht werden.

 

Rz. 7

Erstinstanzliche Ermessensentscheidungen (z. B. nach § 109) sind im Beschwerdeverfahren nicht nur auf etwaige Ermessensfehler, sondern in vollem Umfang überprüfbar (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 18.4.2005, L 5 B 33/04 SB, juris; LSG Berlin, Beschluss v. 28.9.1965, L 12 An S 129/65, Breith 1966 S. 636; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 16.4.1998, L 3 Sb 84/97, Breith 1998 S. 943; Krasney/Udsching, XII Rn. 82). Soweit die Auffassung vertreten wird, Ermessensentscheidungen des SG könnten im Beschwerdeverfahren nur auf Ermessensfehler überprüft werden (vgl. LSG Bremen, Beschluss v. 15.11.1985, L 5 BR 13/85, Breith 1987, 523; LSG Berlin, Beschluss v. 21.3.1963, L 11 V S 16/65, Breith 1965 S. 438; LSG Niedersachsen, Beschluss v. 9.5.1997, L 1 S (Ran) 30/97, SGb 1997 S. 643; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 10.3.2004, L 9 B 41/03 SB; Zeihe, § 109 Rn. 9e; Krasney-Udsching, X Rn. 54; Leitherer, § 176 Rn. 4), überzeugt das nicht. Das LSG ist als Beschwerdegericht Tatsacheninstanz und kann deswegen nicht nur Ermessensfehler des SG nachprüfen. Es kann vielmehr eigenes Ermessen ausüben und auf dieser Grundlage entscheiden. Zudem geht infolge des Devolutiveffekts der Beschwerde die Befugnis zur Ausübung des richterlichen Ermessens in vollem Umfang auf das Rechtsmittelgericht über. Anders als bei einer Ermessensentscheidung einer Verwaltungsbehörde, bei der von den Gerichten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu respektieren ist, existiert ein solcher nicht überprüfbarer Ermessensspielraum bei richterlichem Ermessen nicht (zutreffend LSG NRW, Beschluss v. 9.10.1959, L 17 S 2/59). Dies gilt im Beschwerdeverfahren sowohl für Kostenentscheidungen nach § 109 als auch nach § 193.

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