Rz. 12

Im ersten Rechtszug zurückgewiesen worden sein können Erklärungen und Beweismittel nach § 106a Abs. 1 und 2 wegen Nichteinhaltung einer Frist oder nach § 106 Abs. 3 wegen Verletzung der Prozessförderungspflicht. Erstinstanzlich zu Recht zurückgewiesene Erklärungen und Beweismittel bleiben auch für die Berufung ausgeschlossen und zwar unabhängig davon, ob sie nochmals ausdrücklich vorgebracht wurden oder nicht. Unerheblich ist, ob die Berücksichtigung zu einer Verzögerung der Erledigung führen würde oder nicht.

 

Rz. 13

Soweit das SG Vorbringen zu Recht zurückgewiesen hat, kann dieses nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens werden. Alles andere wäre sinnwidrig. Lässt allerdings das LSG zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen zu, so kann dies nicht mit der Revision angegriffen werden.

 

Rz. 14

Nach einer Zurückverweisung in die erste Instanz dauert der Ausschluss nicht fort; dort kann die Tatsache erneut vorgetragen werden. Zu Unrecht zurückgewiesene oder trotz Vorliegens der Voraussetzungen der Norm nicht zurückgewiesene Erklärungen und Beweismittel unterfallen Abs. 2 nicht; sie werden auch ohne besondere Wiederholung zum Prozessstoff zweiter Instanz (BGH, Urteil v. 21.1.1981, VIII ZR 10/80, NJW 1981 S. 928).

 

Rz. 15

Die Zurückweisungsentscheidung muss sich aus dem erstinstanzlichen Urteil ergeben und dort begründet sein (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 9. Aufl. 2008, § 106a Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, § 87b Rn. 10), eine Zurückweisung durch separaten Beschluss ist wirkungslos (BGH, Urteil v. 25.10.2001, IX ZR 19/99, NJW 2002 S. 290).

 

Rz. 16

Der Ausschluss gilt nur für vom SG zu Recht zurückgewiesene Erklärungen und Beweismittel. Zu Recht ist die Zurückweisung erfolgt, wenn nach Überzeugung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz die Voraussetzungen der Präklusionsnorm vorlagen. Das LSG prüft insoweit, ob die Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 erfüllt sind. Zu Unrecht ist die Zurückweisung erfolgt, wenn das SG seinen Ermessensspielraum überschritten hat (Keller, SGG, § 157a Rn. 7). Neue Tatsachen hat das LSG nur unter den Voraussetzungen des § 157a Abs. 1 berücksichtigen. Das im Rechtszug übergeordnete Gericht darf weder eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nachholen noch die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen; das gilt unterschiedslos, ob den Gerichten bei der Entscheidung über die Präklusion ein Ermessen eingeräumt ist oder nicht, sie also bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend ist. Ein Wechsel der Präklusionsbegründung durch das Rechtsmittelgericht kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Urteil v. 22.2.2006, IV ZR 56/05, BGHZ 166 S. 227; Urteil v. 4.5.2005, XII ZR 23/03, MDR 2005 S. 1006; Urteil v. 4.5.1999, XI ZR 137/98, NJW 1999 S. 2269; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 531 Rn. 7; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 531 Rn. 8 und 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 296 Rn. 114).

 

Rz. 17

Nicht anwendbar ist Abs. 2 auf schlicht unberücksichtigtes Vorbringen, das nicht förmlich zurückgewiesen worden zu sein. Unerheblich ist dabei, ob der Vortrag übersehen oder für unerheblich gehalten wurde (BGH, Urteil v. 24.4.1985, VIII ZR 95/84, NJW 1985 S. 1539). Nicht anwendbar ist die Norm auf erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. nach Ablauf einer Schriftsatznachlassfrist erfolgten Vortrag.

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