Rz. 15

Liegt die wirksame Zustimmungserklärung aller Beteiligten vor, steht es im Ermessen des Gerichts, ob es im schriftlichen Verfahren entscheidet, es hat also weiterhin die Möglichkeit, aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil v. 21.2.1989, 1 RA 65/88; BVerwG, Beschluss v. 27.8.2003, 6 B 32/03). Nur wenn die Sach- und Rechtslage eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten überflüssig erscheinen lässt und das Gericht nur noch darüber zu befinden hat, wie das Gesamtergebnis des Verfahrens gemäß § 128 zu würdigen und rechtlich zu behandeln ist, ist das Einverständnis in eine Entscheidung nach § 124 Abs. 2 sinnvoll (vgl. BSGE 44 S. 242). Nicht erforderlich ist eine mündliche Verhandlung also nur dann, wenn der Sachverhalt umfassend ermittelt worden ist, sodass Tatsachenfragen in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden müssen, oder wenn etwa im Berufungsverfahren der erstinstanzliche Vortrag lediglich wiederholt wird (vgl. BSG, Beschluss v. 8.9.2015, B 1 KR 134/14 B). Wählt das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, hat es dafür einzustehen, dass trotz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Beteiligten nicht verletzt wird, wobei es für die Annahme einer Verletzung des rechtlichen Gehörs unerheblich ist, ob und ggf. wen im Gericht ein Verschulden trifft (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 32). Das Gericht ist nach allgemeiner Meinung gesetzlich nicht verpflichtet, seinen Entschluss, ohne mündliche Verhandlung entscheiden zu wollen, den Beteiligten zur Kenntnis zu geben (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 101 Nr. 20). Es muss auch nicht mitteilen, bis wann Schriftsätze eingereicht werden können und wann die Entscheidung ergehen soll (BVerwG, Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 20; Bamberger, in: Wysk, § 101 Rz. 9). Die Beteiligten müssen nach Erteilung des Einverständnisses jederzeit mit einer Entscheidung des Gerichts rechnen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 4.6.2014, 5 B 11/14). § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO, wonach eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung unzulässig ist, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als 3 Monate vergangen sind, ist im Sozialgerichtsprozess nicht anwendbar, weil § 124 Abs. 2 insoweit eine abschließende Regelung enthält, der eine zeitliche Bindung des Gerichts nach dem Verzicht auf die mündliche Verhandlung fremd ist (vgl. zu § 101 VwGO: BVerwG, Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 27; BVerwG, Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 30).

 

Rz. 16

Der Vorsitzende bestimmt den Termin für die Entscheidung. Die Sache wird, wenn sie – wie wegen der notwendigen Beteiligung der ehrenamtlichen Richter üblich ist – an einem Sitzungstag, an dem mündliche Verhandlungen anstehen, entschieden werden soll, i. d. R. auf die Sitzungsrolle genommen. Über die geheime Beratung mit den ehrenamtlichen Richtern, die durch einen Sachbericht informiert werden, wird kein Protokoll gefertigt (Beratungsgeheimnis). Der Urteilstenor wird aber schriftlich festgehalten und das Schriftstück von allen Richtern, also auch den ehrenamtlichen, unterschrieben, der Geschäftsstelle übergeben und schließlich zu den Akten genommen (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 101 Rz. 19; Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 124 Rz. 9; die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter für entbehrlich hält Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 124 Rz. 4b).

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