Rz. 11

§ 165 ZPO betrifft die Beweiskraft des Protokolls. Als öffentliche Urkunde i. S. d. § 415 ZPO begründet das Sitzungsprotokoll Beweis für die in ihm beurkundeten Erklärungen. Die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgesehenen Förmlichkeiten kann auch nur durch das Protokoll bewiesen werden (vgl. LSG NRW, Urteil v. 6.1.2005, L 6 P 60/03, juris). Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich aber auf diese Förmlichkeiten. Für das sozialgerichtliche Verfahren sind diese Förmlichkeiten dem § 112 zu entnehmen. Die Feststellung, dass der Inhalt beigezogener Akten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, gehört nicht zu den für eine mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten, deren Einhaltung oder Nichteinhaltung nur durch die Sitzungsniederschrift bewiesen werden kann. Deshalb muss zur Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 62 i. V. m. § 124 Abs. 1, § 128 Abs. 2 dargetan werden, dass entweder die Beiziehung der im Urteil berücksichtigten Akten überhaupt nicht bekannt gegeben worden oder jedenfalls deren Inhalt in der mündlichen Verhandlung nicht erwähnt worden ist (BSG, Beschluss v. 4.10.1989, 1 BA 15/89, juris).

Der BFH misst in zu weit gehender Rechtsprechung dem Protokoll auch in negativer Hinsicht Beweiskraft bei. Schweigt danach das Protokoll zu von einem Beteiligten behaupteten Verfahrensvorgängen, so liefert es nach Auffassung des BFH den Beweis dafür, dass es den betreffenden Vorgang nicht gegeben habe (BFH, Beschluss v. 5.10.2010, IX S 7/10, BFH/NV 2011 S. 57).

Die Beweiskraft nach § 122 SGG i. V. m. § 165 ZPO tritt nicht ein, wenn das Protokoll in sich widersprüchlich ist (BSG, Beschluss v. 1.7.2009, B 4 AS 17/09 B, juris).

Ausführungen der Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung dürfen vom Gericht auch dann bei der Entscheidung berücksichtigt werden, wenn sie nicht protokolliert worden sind (BFH, Beschluss v. 25.9.2007, I B 84/06, BFH/NV 2008 S. 226).

Gegen den die Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis seiner Fälschung zulässig (§ 165 Satz 2 ZPO). Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegungslast nicht überspannt werden, denn der behauptende Beteiligte hat regelmäßig keinen Einblick in die internen Geschäftsabläufe des Gerichts und die Arbeitsweise des Richters. Er ist vielmehr auf Indizien angewiesen (BGH, Beschluss v. 26.5.2010, XII ZB 205/08, FamRZ 2010 S. 1326).

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