Rz. 5

§ 121 Satz 2 sieht die Möglichkeit der Wiedereröffnung vor. Über sie ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu beschließen. Zuständig ist das Gericht, nicht der Vorsitzende (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 31.1.1974, 4 RJ 183/73, SozR 1500 § 121 Nr. 1). Die ehrenamtlichen Richter wirken bei der Beschlussfassung mit (so inzwischen auch Keller, in: Meyer-Ladewig, § 121 Rn. 4a). Zwar sieht § 12 Abs. 1 Satz 2 vor, dass die ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mitwirken, das Institut des zur Entscheidung mitberufenen ehrenamtlichen Richters würde jedoch ad absurdum geführt, würde man diese Vorschrift auch auf solche Beschlüsse beziehen, die unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung als deren Ergebnis zu treffen sind. So wirken ehrenamtliche Richter etwa selbstverständlich auch bei einem Vertagungsbeschluss mit, wenn in der Beratung zutage tritt, dass weitere Sachaufklärung vonnöten ist und damit nicht durch Urteil entschieden werden kann. Nicht anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn sich in der Beratung die Meinung herausbildet, dass nicht durch Urteil entschieden werden kann, sondern eine ergänzende Erörterung mit den Beteiligten stattzufinden hat.

 

Rz. 6

Die Wiedereröffnung ist möglich bis zur Verkündung der Entscheidung.

Zwingend geboten ist sie wegen § 129, wenn ein Richter nach Schließung der Verhandlung vor Verkündung der Entscheidung ausfällt. In einem derartigen Fall muss die mündliche Verhandlung sogar von Neuem durchgeführt werden. Anders stellt es sich nur dar, wenn der betreffende Richter die Entscheidung bereits mitgetroffen hat, sie aber noch nicht verkündet ist.

Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann ansonsten aus unterschiedlichen Gründen bestehen. So ist es etwa denkbar, dass kurz nach Schließung der mündlichen Verhandlung ein Beteiligter doch noch erscheint und gehört werden soll oder aber das Gericht trotz Schließung der mündlichen Verhandlung ergänzende Erkenntnisse gewinnt, die zu einer veränderten Sicht der Rechtslage führen können. Der Anlass zur Wiedereröffnung wird noch häufiger darin bestehen, dass in der Beratung eine rechtliche Betrachtungsweise die Oberhand gewinnt, die eine ergänzende Erörterung, die Erteilung eines rechtlichen Hinweises, das Einholen einer weiteren Auskunft oder Ähnliches erforderlich macht.

 

Rz. 7

Die Wiedereröffnung erfolgt von Amts wegen, wobei es den Beteiligten unbenommen ist, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Verfahrensfehlerhaft handelt das Gericht, wenn es einen Antrag auf Wiedereröffnung ablehnt, obwohl es erkennen musste, dass die mündliche Verhandlung verfrüht geschlossen wurde (vgl. BSG, Urteil v. 21.4.1966, 9 RV 742/65, SozR Nr. 1 zu § 121).

 

Rz. 8

Das Gericht entscheidet durch Beschluss über die Wiedereröffnung. Auch auf diesen Beschluss findet § 172 Abs. 2 Anwendung.

Das BSG hat die Frage, ob die Fortsetzung einer geschlossenen mündlichen Verhandlung ohne förmlichen Wiedereröffnungsbeschluss gegen § 121 verstößt, offengelassen (vgl. Beschluss v. 21.11.1989, 11 BAr 121/88, SozR 1500 § 6 Nr. 2).

 

Rz. 9

Wird die Wiedereröffnung beschlossen und sind die Beteiligten weiter anwesend, so kann die Verhandlung unmittelbar nach dem Wiedereröffnungsbeschluss fortgesetzt werden. Eines Einverständnisses der Beteiligten bedarf es nicht. Die Beteiligten können insbesondere nicht erfolgreich rügen, sie seien zur "neuen" mündlichen Verhandlung nicht geladen. Die mündliche Verhandlung wird vielmehr nur fortgesetzt. Ihr erster Teil, zu welchem geladen worden ist, bildet mit dem Fortsetzungsteil eine Einheit.

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