2.2.1 Rechtshängigkeit

 

Rz. 6

Die Widerklage ist nur zulässig, wenn zur Zeit der Erhebung der Widerklage die (Haupt-)Klage rechtshängig i. S. d. § 94 ist. Ob es genügt, wenn die Hauptsache erledigt, aber die Streitsache wegen der Kosten noch anhängig ist, wird nicht einheitlich gesehen (bejahend Pawlak, in Hennig, § 100 Rn. 5; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 100 Rn. 3, der allerdings darauf hinweist, dass insoweit wegen des erforderlichen Zusammenhangs kaum noch ein Anwendungsbereich für die Widerklage verbleibt). Mittlerweile hat sich wohl auch in der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit die überwiegende Auffassung herausgebildet, es sei nicht ausreichend, wenn der Rechtsstreit allein noch wegen der Kosten anhängig sei (vgl. Vollkommer in Zöller, § 33 Rn. 17; Heinrich, in: Musielak, § 33 Rn. 6; Rennert in Eyermann, § 89 Rn. 6; Kopp, § 89 Rn. 4; Ortloff, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner; § 89 Rn. 8). Damit stimmt die überwiegende Meinung zu § 100 überein. Nach Auffassung von Peters ist die Gegenmeinung nicht vereinbar mit der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung des Zusammenhangs des Gegenanspruchs mit dem Klageanspruch (Peters/Sautter/Wolff, § 100 Anm. 2, S. II/61; ebenso Rohwer-Kahlmann, § 100 Rn. 7; siehe auch Bley, in: GK § 100 Anm. 3c). Dieser Auffassung und damit der überwiegenden Auffassung ist zuzustimmen. Darüber hinaus ist problematisch, dass der Zweck der Prozessökonomie in einem solchen Stadium des Verfahrens im Grunde nicht mehr erreicht werden kann. Im Gegensatz zum Fall der Erledigung der Hauptklage auf andere Weise nach Erhebung der Widerklage fehlt bei dieser Fallgestaltung von vornherein der Grund für die Verfolgung des Anspruchs gerade im Rahmen einer Widerklage.

 

Rz. 7

Keine Voraussetzung ist nach h. M., dass die Hauptklage zulässig ist (BSG, Urteil v. 15.1.1960, SozR § 100 SGG Nr. 3 = MDR 1960 S. 442; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 100 Rn. 3a m. w. N.; a. A. aber Bley, § 100 Anm. 3d). War die Rechtshängigkeit zur Zeit der Erhebung der Widerklage gegeben, so wirkt sich eine nachfolgende Beendigung der Hauptklage nicht mehr aus. Die Widerklage als eigenständige Klage bleibt weiter anhängig.

Die Widerklage kann auch noch in der Berufungsinstanz erhoben werden; es gilt die allgemeine Verweisungsnorm des § 153 Abs. 1. Nach h. M. hängt die Zulässigkeit der Widerklage nicht von der Einwilligung des Gegners oder der Annahme der Sachdienlichkeit durch das Gericht ab (BSGE 17 S. 139, 143; BSGE 53 S. 212, 213; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 100 Rn. 3a m. w. N.; Pawlak, in: Hennig, § 100 Rn. 6; a. A. Zeihe, § 100 Rn. 2a; Rennert in Eyermann, § 89 Rn. 10). Erforderlich ist dagegen die Zulässigkeit der Berufung (BSG, Breithaupt 1971 S. 1039 = SozR § 100 Nr. 7; a. A. Pawlak, in: Hennig, § 100 Rn. 7).

 

Rz. 8

In der Revisionsinstanz kann die Widerklage i. d. R. nicht mehr zulässigerweise erhoben werden (BSG, Urteil v. 25.3.1982, 10 RAr 7/81, BSGE 53 S. 212, 214; a. A. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 100 Rn. 3b, wenn kein neuer Streitstoff in den Prozess eingeführt wird oder das Revisionsgericht nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz entscheiden kann). Etwas anderes gilt, wenn die Vorinstanzen die Widerklage zu Unrecht nicht zugelassen haben.

2.2.2 (Rechtlicher) Zusammenhang

 

Rz. 9

Weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Widerklage ist das Bestehen eines Zusammenhangs mit dem mit der Hauptklage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln. Unter einem Verteidigungsmittel ist dabei jeder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht gegen die Klage vorgebrachter Vortrag zu verstehen. Ein Zusammenhang mit einem von mehreren eingeklagten Ansprüchen ist ausreichend.

 

Rz. 10

Ob ein rechtlicher Zusammenhang bestehen muss oder ob ein sonstiger Zusammenhang genügt, wird nicht einheitlich beantwortet. Praktische Auswirkungen ergeben sich hieraus aber kaum. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die mit Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche in demselben Rechtsverhältnis begründet sind oder sie sich gegenseitig bedingen. Die h. M. zu § 33 ZPO fordert einen rechtlichen Zusammenhang (vgl. nur Vollkommer in Zöller, § 33 Rn. 15). In der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit wird ganz überwiegend aus prozessökonomischen Gründen eine weitere Auslegung befürwortet, wonach ein tatsächlicher Zusammenhang in Form eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs genügt (vgl. Pawlak, in: Hennig, § 100 Rn. 9; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 100 Rn. 4 m. w. N.; Peters/Sautter/Wolff, § 100 Anm. 2, S. II/61-40; Bley, in: GK, § 100 Anm. 4a; Rennert in Eyermann, § 89 Rn. 8 m. w. N.). Die Ansprüche bzw. Verteidigungsmittel müssen danach im selben Rechtsverhältnis oder Lebenssachverhalt begründet sein.

2.2.3 Berechtigte

 

Rz. 11

Zulässig ist grundsätzlich nur eine Widerklage des Beklagten gegen den Kläger. Darüber hinaus kann ein notwendig Beigeladener, der nach § 75 Abs. 5 auch verurteilt werden kann, selbst Widerklage erheben (BSGE 17 S. 139, 143). Gegen einen notwendig Beigeladenen kann ebenfalls Widerklage erhoben werden (BSG, Urteil v. 2.4.2009,...

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