Rz. 34

Die Vorschrift regelt, wer unter welchen Voraussetzungen im Dreiecksverhältnis von Verleiher, Entleiher und Arbeitnehmer dafür haftet, dass die Zahlungspflicht i. S. d. § 28e Abs. 1 erfüllt wird. Mit Abs. 2 wird sowohl die Haftung bei rechtmäßiger Arbeitnehmerüberlassung als auch bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung geregelt.

 

Rz. 35

Im Falle der rechtmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist der Verleiher der Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i. S. d. § 1 Abs. 1 AÜG liegt vor, wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer vorübergehend einem Dritten zur Verfügung stellt, diese in den Betrieb des Entleihers eingegliedert sind und ihre Arbeit nach dessen Weisungen sowie in dessen Interesse ausführen (BAG, Urteil v. 5.7.2022, 9 AZR 323/21; Urteil v. 27.9.2022, 9 AZR 468/21). Die Arbeitnehmerüberlassung ist durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Entleiher und Arbeitnehmer gekennzeichnet (BAG, Urteil v. 6.8.2003, 7 AZR 180/03; vgl. hierzu auch Rz. 40). Der Verleiher verpflichtet sich im Rahmen des Überlassungsvertrages, dem Entleiher für konkret benannte Tätigkeiten geeignete, qualifizierte und leistungsbereite Leiharbeitnehmer zur Arbeitsleistung für einen bestimmten Zeitraum zu verschaffen (BAG, Urteil v. 5.7.2022, 9 AZR 323/21). Demgegenüber umfasst eine die Arbeitnehmerüberlassung schon begrifflich ausschließende Arbeitsvermittlung alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB III). Nach § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 AÜG sind die entscheidenden Kriterien zur Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von der Arbeitsvermittlung, dass der Verleiher über die rein formale Arbeitgeberstellung hinaus die üblichen Arbeitgeberpflichten und das Arbeitgeberrisiko übernimmt (BGH, Urteil v. 30.11.2023, 3 StR 192/18).

 

Rz. 36

Hieraus folgt, dass grundsätzlich der Verleiher als Arbeitgeber gehalten ist, die Beiträge für die Leiharbeitnehmer an die Einzugsstelle abzuführen. Kommt er dem nicht nach, haftet der Entleiher (dazu Rz. 39) für die Erfüllung der Zahlungspflicht wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§ 28e Abs. 2 Satz 1; hierzu Rz. 44). Die Haftung des Entleihers beschränkt sich auf die Beitragsschulden für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Verleiher nicht unter Fristsetzung gemahnt hat und die Frist nicht verstrichen ist (§ 28e Abs. 2 Satz 2).

 

Rz. 37

Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung (§ 9 Abs. 1 AÜG) gilt der Entleiher als Arbeitgeber (§ 10 Abs. 1 AÜG). Zahlt allerdings der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 AÜG unwirksam ist, so muss er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber. Beide haften als Gesamtschuldner i. S. d. §§ 421 ff. BGB (§ 28e Abs. 2 Satz 3; dazu Rz. 49).

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