Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. verschwiegenes verdecktes Treuhandvermögen

 

Orientierungssatz

1. Die Arbeitslosenhilfebewilligung ist bei Nichtangabe verdeckten Treuhandvermögens für die Vergangenheit zurückzunehmen.

2. Derjenige, der als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, muss sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch Sozialleistungsträger festhalten lassen. Zwar wird der Treuhänder unter Umständen gezwungen, das ihm zur Verfügung stehende Treugut für seinen Lebensunterhalt zu verwerten, weshalb er möglicherweise wirtschaftlich außerstande gesetzt wird, den Anspruch des Treugebers nach § 667 BGB zu befriedigen, jedoch entspricht es der Rechtssystematik ebenso wie billiger Interessenabwägung, das wirtschaftliche Risiko der Durchsetzbarkeit des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB dem Treugeber aufzubürden, der das verdeckte Treuhandverhältnis ermöglicht hat und auch die Vorteile hieraus zieht (vgl LSG Darmstadt vom 13.6.2005 - L 7/10 AL 1217/02, vom 9.5.2001 - L 6 AL 432/00 = E-LSG AL-233 und LSG Essen vom 16.1.2002 - L 12 AL 40/01 und LSG Potsdam vom 27.6.2003 - L 10 AL 4/02).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.08.2007; Aktenzeichen B 7/7a AL 10/06 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen fehlender Bedürftigkeit nicht gegeben war und die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Alhi aufgehoben und die Erstattung von Leistungen und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung angeordnet hat.

Die ... 1948 geborene Klägerin gab zum 31. Dezember 1997 ihre Beschäftigung als Verkäuferin bei der Firma M U aus gesundheitlichen Gründen auf und bezog anschließend von der Beklagten mit Unterbrechungen antragsgemäß Arbeitslosengeld. Am 8. Januar 2002 beantragte sie Alhi, wobei sie die Formularfrage zu 8.3 "über welche Konten bzw. Geldanlagen verfügen Sie, Ihr Ehegatte bzw. Ihr Partner?" zu a) "Girokonten" mit "nur Überziehungszinsen" und die Frage betreffend Sparbücher, Sparbriefe, Wertpapiere, Lebensversicherungen, Bausparverträge jeweils mit "Nein" beantwortete. Am 12. Februar 2002 stellte sie einen weiteren Antrag auf Alhi, nachdem sie zwischenzeitlich arbeitsunfähig erkrankt war. Auch in diesem Antrag verneinte sie Fragen bezüglich anrechenbaren Vermögens. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 6. März 2002 Alhi ab dem 13. Februar 2002 in Höhe von 19,30 € täglich.

Durch Mitteilung des Zentralamts der Beklagten vom 16. Dezember 2002 wurde dem Arbeitsamt Wiesbaden das Ergebnis des Datenabgleichs zwischen dem Bundesamt für Finanzen und der Beklagten gemäß § 45d des Einkommenssteuergesetzes bekannt gegeben, demzufolge die Klägerin zwei Freistellungsaufträge betreffend ein Konto bei der W Vbank e. G. mit einem Kapitalertrag von 3.100,00 DM sowie bei der N Sparkasse W mit einem Kapitalertrag von 58,00 DM erteilt habe. Die Beklagte hörte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 6. Januar 2003 zum Sachverhalt an, die in ihrem Folgeantrag auf Alhi vom 17. Februar 2003 ihre Angaben zu anrechenbarem Vermögen wiederholte und dazu ein Schreiben der N Sparkasse vom 24. Januar 2003 betreffend ihre Erträge aus Guthaben und Einlagen sowie eine Erklärung ihrer Mutter E W vom 30. Januar 2003 vorlegte, in welcher diese ausführte: "Hiermit erkläre ich, dass die Geldanlage am 20.12.01 von 15.000,- DM, Laufzeit 6 Monate u. die Geldanlage am 20.12.01 von 55.000,- DM, Laufzeit 12 Monate mein Geld war. Der Hintergrund der Anlage auf den Namen meiner Tochter ... war, dass meine anderen Töchter oft von mir Geld geliehen haben wollten, was ich dadurch vermeiden wollte. Die beiden Anlagen sind mir ausgezahlt u. die Konten aufgelöst worden. Dies erkläre ich wahrheitsgemäß. 30.01.2003 ...." Ferner fügte die Klägerin weitere Unterlagen betreffend ihrer Geldanlagen sowie die Freistellungsaufträge bei.

Mit Schreiben vom 4. März 2003 befragte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich des Ursprungs des Vermögens in Höhe von 70.000,00 DM sowie bezüglich der Verfügungen über beide Konten (Schließung bzw. Übertragung innerhalb desselben Instituts) und forderte die Klägerin außerdem auf, den Verbleib ihrer Abfindungssumme in Höhe von 43.000,00 DM, die sie anlässlich der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1997 erhalten hatte, nachzuweisen. Unter Vorlage eines Schreibens der N vom 13. März 2003 erwiderte die Klägerin daraufhin, dass ein Sparkassenbuch am 20. Juni 2002 aufgelöst worden sei und dass das Guthaben des weiteren Sparkassenbuches auf 5.000,00 € reduziert und neu angelegt sei und im Januar 2003 schließlich auf ihre Mutter E W umgeschrieben worden sei. Ferner brachte sie eine Auflistung der von ihrer Mutter an sie geleiste...

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