Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine vollständige Kostenübernahme für implantatgestützten Zahnersatz. Gültigkeit der Festzuschuss-Richtlinie in der Version der Änderung vom 1.3.2006 und der Zahnersatz-Richtlinie idF vom 8.12.2004. Rechtsnorm

 

Orientierungssatz

Richtlinien sind Rechtsnormen, welche mit bindender Wirkung für alle Betroffenen, also insbesondere auch für die Versicherten, das Leistungsrecht und das Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung regeln (vgl BSG vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 = BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6, vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 = BSGE 81, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 und vom 18.03.1998 - B 6 KA 37/96 R = BSGE 82, 41 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2; BVerfG vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 = BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 und vom 27.04.2001 - 1 BvR 1282/99 = MedR 2001, 639).

 

Normenkette

Zahnersatz-Richtlinie Abschnitt D Nr. § 36 Buchst. a Fassung: 2004-12-08; Festzuschuss-Richtlinie Fassung: 2006-03-01 § 55 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 4-5, § 56 Abs. 4; SGB V § 30 Abs. 1 S. 5 Fassung: 1999-12-22, § 91 Abs. 9 Fassung: 2007-03-26, § 92 Abs. 1 S. 1 Halbs. 3, S. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.02.2013; Aktenzeichen B 1 KR 70/12 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für Zahnersatz, nämlich um die Versorgung der Zahnlücke im Bereich der Zahnstelle 44 sowie die Versorgung der Zähne 35 bis 37.

Der 1945 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sein Zahn Nummer 35 war weitgehend zerstört, die Zähne 36 und 37 fehlten. Die behandelnde Zahnärztin des Klägers, Frau Dr. QQ., hatte erstmals am 15.02.2005 einen Heil- und Kostenplan erstellt, der die Regelversorgung und konkrete Therapieplanung im Falle des Klägers auswies. Die Beklagte hatte sodann mit Bescheid vom 09.03.2005 einen Zuschuss in Höhe von insgesamt 1.324,48 Euro bewilligt. Die gesamten Behandlungskosten waren dabei auf 2.073,20 Euro geschätzt worden. Mit weiterem Bescheid vom 29.04.2005 hatte die Beklagte die vollständige Kostenübernahme für eine Suprakonstruktion (Implantat) an der Zahnfehlstelle 44 abgelehnt. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16.05.2005. Mit Schreiben vom 27.05.2005 wiederholte die Beklagte ihre Auffassung, eine weitere Kostenübernahme im Falle des Klägers sei bei der vorgesehenen Therapieplanung nicht möglich. Dies bestätigte sie auch erneut im Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005.

Der Kläger erhob am 10.10.2005 Klage zum Sozialgericht Marburg. Während des laufenden Klageverfahrens legte er einen neuen Heil- und Kostenplan mit Datum vom 08.12.2005 vor, der eine erweiterte Versorgung der Zähne 35 bis 37 vorsah. Den Zuschuss hierfür bezifferte die Beklagte wiederum mit 1.324,48 Euro. Mit Datum vom 27.04.2006 legte der Kläger sodann einen weiteren Heil- und Kostenplan in Bezug auf die Versorgung der Lücke an der Zahnstelle 44 mittels einer Suprakonstruktion vor. Diese Behandlung wurde dann von der behandelnden Zahnärztin auch durchgeführt. Die Beklagte bewilligte mit Ersetzungsbescheid vom 09.05.2006 für diese Maßnahme einen Zuschuss in Höhe von 556,22 Euro. Die tatsächlichen Kosten der Maßnahme beliefen sich auf 792,18 Euro. Die Zähne 35 bis 37 betreffend legte der Kläger am 14.12.2006 einen vierten Heil- und Kostenplan vor, der wiederum eine Änderung der bislang geplanten Versorgung der Zähne 35 - 37 vorsah. Die Behandlung erfolgte sodann entsprechend diesem letzten Versorgungsplan seitens der behandelnden Zahnärztin. Die Beklagte bewilligte hierfür einen Zuschuss in Höhe von 233,50 Euro. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme beliefen sich auf 1.706,21 Euro.

Der Kläger hatte gegenüber seiner Zahnärztin sowohl hinsichtlich der Versorgung des Zahnes 44 als auch hinsichtlich der Zähne 35 bis 37 einer über die Kostenregelversorgung hinausgehenden Versorgung ausdrücklich zugestimmt. Gegenüber dem Sozialgericht, machte er geltend, in seinem Fall müsse die Beklagte die angefallenen Kosten komplett übernehmen. Hinsichtlich der Suprakonstruktion an der implantatversorgten Zahnstelle 44 bestehe eine Ausnahmeindikation, die nach der Zahnersatz-Richtlinie eine volle Kostenübernahme nach sich ziehen müsse. Er bestreite darüber hinaus die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Verfahrens der Richtliniengebung und ihre Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip. Er beantragte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht, die Beklagte zu verpflichten, die vollen Kosten für die Suprakonstruktion am Zahn 44 sowie die erfolgte Versorgung der Zähne 35 - 37 zu übernehmen.

Mit Urteil vom 17.12.2008 wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus:

Die Bescheide vom 09.03.2005, 29.05.2005 und 27.05.2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2005 sowie der Ersetzungsbes...

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