Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. rechtliches Gehör. Aufforderung zum Schweigen in der mündlichen Verhandlung. Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Sitzungsbetriebs. Sitzungsprotokoll. Beweiskraft

 

Orientierungssatz

1. Wenn der Vorsitzende den Kläger unter Hinweis auf die ihm zur Verfügung stehenden Ordnungsmittel zur Ordnung und insbesondere auch zum Schweigen angehalten hat, soweit ihm das Wort nicht erteilt war, so hat er im Rahmen seiner Befugnisse zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Sitzungsbetriebes gehandelt und nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör beeinträchtigt.

2. Ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift, dass der Kläger Ausführungen zur Sache gemacht hat, kommt dem Protokoll unwiderlegliche Beweiskraft zu und widerlegt die Behauptung des Klägers, keine hinreichende Gelegenheit zur sachlichen Äußerung gehabt zu haben.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.10.2012; Aktenzeichen B 11 AL 59/12 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2002 und die hierauf beruhende Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von insgesamt 7.360,76 € (5.567,37 € Arbeitslosengeld und 1.793,39 € Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung).

Der Kläger erhielt bis zur Abmeldung aus dem Leistungsbezug wegen Arbeitsaufnahme vom 4. September 1998 bis 31. Oktober 1998 und aufgrund seiner Arbeitslosmeldung vom 10. Dezember 2001 (Bl. 43 Leistungsakte - LA) vom 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2002 Arbeitslosengeld. In dem von ihm unter dem 12. Dezember 2001 unterschriebenen Antragsformular unter der hierfür vorgesehenen Rubrik (Ziff. 2) ist die Frage nach der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch Ankreuzen verneint und dementsprechend auch nichts weiter eingetragen worden.

Am 9. Mai 2003 ging bei der Beklagten eine Gewerbeabmeldung des Klägers zum 30. April 2003 von der Stadt NU. ein (Bl. 65 LA). Nach Einholung ergänzender Auskünfte hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2003 zu einer möglichen Aufhebung bewilligter Leistungen an, da vom 1. Dezember 1993 bis 8. Dezember 1998 (Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen) und vom 1. November 1998 bis 30. April 2003 (Cafe) Gewerbe angemeldet gewesen seien (Bl. 69, 70 LA). Zugleich forderte sie den Kläger zur Vorlage von Steuerbescheiden sowie Gewinn- und Verlustrechnungen ab 1998 und zur Stellungnahme dazu auf, wie viele Stunden wöchentlich für die Tätigkeit aufgewandt worden seien. Hierzu erklärte der Kläger, dass er das Versicherungsgewerbe im September/Oktober 1998 schon längere Zeit nicht mehr ausgeübt habe und legte Jahresabschlüsse für den Gastronomiebetrieb für 1998 und 2002 nebst Gewinn- und Verlustrechnung 2002 vor (Bl. 75 - 91 LA). Unter Fristsetzung bis zum 15. Oktober 2003 forderte die Beklagte den Kläger nochmals mit Schreiben vom 17. September 2003 auf, die weiteren erbetenen Unterlagen und eine Erklärung über den Zeitumfang der selbständigen Tätigkeit vorzulegen. Am 8. Oktober 2003 erklärte der Kläger handschriftlich bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten auf der Rückseite des Schreibens vom 17. September 2003 (Blatt 94 Rückseite der Leistungsakte) "Ich bestätige hiermit, dass meine selbständige Tätigkeit in 2002 sicher auf nicht mehr als 20 Stunden betragen hat. Lt. Steuerbescheid ist ein Mitarbeiter beschäftigt gewesen!" Unterschrift und legte Steuerbescheide für 1998, 2001 und 2002 vor.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2004 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2002 auf, da der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe, deren zeitlicher Umfang mindestens 15 Stunden betragen habe. Er sei deshalb nicht mehr arbeitslos gewesen und habe keinen Leistungsanspruch gehabt. Der Kläger habe wissen müssen, dass die zuerkannte Leistung ganz oder teilweise weggefallen sei. Zu Unrecht gezahltes Arbeitslosengeld und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien in der eingangs genannten Höhe (7.360,76 €) zu erstatten.

Hiergegen legte der Kläger am 3. Februar 2004 Widerspruch ein. Er habe bei der persönlichen Arbeitslosmeldung am 10. Dezember 2001 mit einer Mitarbeiterin der Beklagten darüber gesprochen, dass er mit einem Partner die "Cocktailbar X.." betrieben habe und ein kleines Bistro im Untergeschoss desselben Hauses "YY." betreibe. Er habe mitgeteilt, dass er erhebliche Schulden habe und über keine Einkünfte aus dem Betrieb des Bistros verfüge. Er selbst sei in dem Bistro nicht tätig gewesen. Vielmehr habe sein Vater alles unentgeltlich gemacht, während er sich ausschließlich im QQ-Raum aufgehalten habe, um eine neue Stelle zu suchen. Nach mehrfachen Erinnerungen habe er Leistungen erhalten, obwohl er nach dem Gespräch und der Einschätzung der ...

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