Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. örtliche Zuständigkeit. Wechsel von ambulant betreuter Wohnmöglichkeit in stationäre Einrichtung. keine Beendigung der nach § 98 Abs 5 S 1 SGB 12 begründeten Sonderzuständigkeit. Übertragbarkeit der Aussage des § 98 Abs 2 S 2 SGB 12

 

Orientierungssatz

1. Sinn und Zweck des § 98 Abs 5 SGB 12 sprechen dafür, dass eine nach dieser Vorschrift begründete Sonderzuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung nicht endet, weil es gerade dem durch § 98 Abs 5 SGB 12 bezweckten Schutz des Leistungsträgers vor überproportionalen Belastungen zuwiderlaufen würde.

2. § 98 Abs 2 S 2 SGB 12 gewährleistet den Schutz der Sozialhilfeträger innerhalb von Einrichtungsketten, indem er die für die Leistungsgewährung in der ersten Einrichtung maßgebliche Zuständigkeit fortbestehen lässt. Diese gesetzliche Aussage lässt sich auf den Fall einer "gemischten Kette" aus ambulantem betreutem Wohnen und stationärer Unterbringung übertragen.

 

Normenkette

SGB XII § 98 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Beschwerden des Antragsgegners und des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. Januar 2011 werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. ab 1. März 2011 bewilligt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, wer der zuständige Leistungsträger für den Antragsteller bezüglich von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ist.

Der Antragsteller ist 1963 geboren und leidet laut eines fachärztlichen psychiatrischen Attests vom 21. September 2010 an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung nach Missbrauch und Abhängigkeit von multiplen Substanzen bei weiterhin vorhandenen Phasen von massivem Drogen- und Alkoholkonsum. Ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) laut Bescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales B-Stadt vom 23. Juli 2009 zuerkannt.

Vom 14. September 2008 an wurde der Antragsteller im Haus XY. in XY-Stadt betreut. Die Kosten für diese Maßnahme der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII übernahm der Antragsgegner. Am 15. September 2008 zog der Antragsteller nach A-Stadt um, wo er seitdem von der ZZ. GmbH & Co KG ambulant im eigenen Wohnraum betreut wird. Hierfür bewilligte ihm der Antragsgegner zunächst bis zum 30. November 2008 Eingliederungshilfeleistungen durch Bescheid vom 1. September 2008. Durch weitere Bescheide vom 20. Februar 2009 sowie 11. März 2010 verlängerte er jeweils die Kostenzusage für die ambulante Betreuung des Antragstellers, zuletzt bis zum 30. November 2010. Für den gleichen Zeitraum gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller außerdem Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII durch die Bescheide vom 2. September 2008, 9. März 2009 sowie 11. März 2010.

Vom 24. Juni 2010 bis zum 30. Juni 2010 sowie vom 29. Juli 2010 bis zum 5. August 2010 begab sich der Antragsteller in eine stationäre Behandlung im FA. in B-Stadt. Vom 16. September 2010 bis zum 28. Oktober 2010 wurde der Antragsteller stationär in der Übergangseinrichtung der QW-Klinik QW. behandelt. Mit Schreiben vom 22. September 2010 leitete der Beigeladene einen Antrag auf Kostenübernahme mit der Aufnahmemitteilung der Klinik vom 17. September 2010 an den Antragsgegner weiter. Da eine Unterbrechung der Hilfegewährung nicht eingetreten sei, sei der Antragsgegner der weiterhin örtlich zuständige Leistungsträger.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 5. November 2010 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen über den 30. November 2010 hinaus. Seit dem 24. November 2010 befand sich der Antragsteller sodann in stationärer Behandlung in der QW-Klinik CW. Hierüber informierte die ZZ. GmbH & Co KG den Antragsgegner mit Schreiben vom 25. November 2010, das am 29. November 2010 dort einging.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. November 2010 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Therapienebenkosten beim Antragsgegner, der diesen Antrag mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 an den Beigeladenen weiterleitete. Durch den stationären Aufenthalt in der QW-Klinik in QW. vom 16. September 2010 bis 28. Oktober 2010 sei die ursprüngliche Maßnahme des Betreuten Wohnens unterbrochen worden, weshalb die Zuständigkeit nicht mehr gegeben sei. Am 10. September 2010 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Darmstadt. Durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 hat das Sozialgericht den Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen zum Verfahren beigeladen.

Durch Beschluss vom 28. Januar 2011 hat das Sozialgericht Darmstadt den Antragsgegner vorl...

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