[1] Für das Konkurrenzverhältnis zwischen der Auffang-Versicherungspflicht und dem nachgehenden Leistungsanspruch regelt § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V den Vorrang der Leistungsansprüche nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V gegenüber der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V, wenn der Betroffene spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende der bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangt. Seit der Einführung der obligatorischen Anschlussversicherung am 1.8.2013 erfüllen die Personen, die aus der Versicherungspflicht ausscheiden, ohne dass sich nahtlos ein anderweitiger Versicherungspflichttatbestand oder eine Familienversicherung anschließt, und keine Erwerbstätigkeit ausüben, neben den vorgenannten Tatbeständen gleichzeitig die Voraussetzungen der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V. Aufgrund der Subsidiarität der Auffang-Versicherungspflicht (vgl. § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V) wird diese durch die obligatorische Anschlussversicherung verdrängt. Im Ergebnis geht es somit für die Zeiträume seit dem 1.8.2013 im Kern um die Versicherungskonkurrenz zwischen § 188 Abs. 4 SGB V und § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V.

[2] Gemäß § 188 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative SGB V schließt der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V die Anschlussversicherung aus, sofern im Anschluss daran eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen werden kann. Dies gilt für nachgehende Leistungsansprüche nach § 19 Abs. 3 SGB V gleichermaßen.

[3] Über das Konkurrenzverhältnis zwischen der obligatorischen Anschlussversicherung und dem nachgehenden Leistungsanspruch ist nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 10.5.2012, B 1 KR 19/11 R, USK 2012-31, Urteil vom 4.3.2014, B 1 KR 68/12 R, USK 2014-2, Urteile vom 29.6.2021, B 12 KR 33/19 R und B 12 KR 35/19 R, USK 2021-33, sowie Urteil vom 10.3.2022, B 1 KR 30/20 R, USK 2022-13) grundsätzlich im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise am letzten Tag der bisherigen Mitgliedschaft zu entscheiden. In der weit überwiegenden Anzahl der Sachverhalte, bei denen über die Versicherungskonkurrenz zwischen dem § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V und der obligatorischen Anschlussversicherung dem Grunde nach zu entscheiden wäre, werden die Krankenkassen vor dem Hintergrund der den zur Meldung verpflichteten Stellen eingeräumten Abmeldefristen bei Ende eines Versicherungspflichttatbestandes mit dieser Fragestellung erst nachträglich konfrontiert. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs von einem Monat häufig verstrichen. Insofern scheitert eine generelle praktische Umsetzung der vom BSG verlangten prognostischen Entscheidung an den tatsächlichen Gegebenheiten.

[4] Erhält die Krankenkasse ausnahmsweise bereits vor Ablauf der Monatsfrist i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V Kenntnis über die mögliche Abgrenzung zwischen dem nachgehenden Leistungsanspruch und der obligatorischen Anschlussversicherung, ist danach zu unterscheiden, ob möglicherweise ein Krankengeldanspruch realisiert werden kann. Da die Sachleistungsansprüche unabhängig davon, welcher Versicherungsstatus letztendlich den Vorrang erhält, identisch sind und sich gegen dieselbe Krankenkasse richten, fehlt es aus Sicht des Betroffenen insoweit an einer Sicherungslücke. Vor diesem Hintergrund wird es für sachgerecht gehalten, wenn die Beurteilung über den Versicherungsstatus in den Fällen, in denen keine Leistungen oder alleine Sachleistungen in Anspruch genommen werden, erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V endgültig getroffen wird. Der vom BSG verlangten Prognoseentscheidung zu Beginn des Monats bedarf es in diesen Fällen nicht.

[5] Lediglich bei Geltendmachung eines Krankengeldanspruchs ist eine prognostische Beurteilung des Versicherungsstatus erforderlich, weil der Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V im Gegensatz zum Leistungsanspruch aus der Mitgliedschaft nach § 188 Abs. 4 SGB V heraus auch einen Krankengeldanspruch beinhalten kann. In die Prognose sind regelmäßig sowohl die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Versicherungstatbestände als auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit einzubeziehen. Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung auf der Grundlage der Prognose verbleibt es selbst dann, wenn sich der tatsächliche Verlauf wider Erwarten anders entwickelt. Eine rückwirkende Korrektur des Versicherungsverhältnisses findet nicht statt; vielmehr ist nur die zukunftsbezogene Umstellung ab dem Zeitpunkt der geänderten Prognose vorzunehmen.

[6] In den Sachverhaltskonstellationen, in denen dem Versicherten aufgrund einer ersten prognostischen Beurteilung im Rahmen des nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V ein Krankengeldanspruch eingeräumt wurde und im Zuge einer weiteren prognostischen Statusentscheidung der nachgehende Leistungsanspruch ohne sich anschließende anderweitige Absicherung zu beenden ist, gilt Folgendes: Für die Vergangenheit b...

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