[1] § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X lässt im Rahmen des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X, d. h. im Rahmen der Zusammenarbeit der in § 35 SGB I genannten Stellen, im Interesse der funktionalen Einheit des Sozialleistungsbereiches eine Ausnahme von § 76 Absatz 1 SGB X zu. Absatz 1 gilt hiernach nicht für Sozialdaten, die im Zusammenhang mit einer Begutachtung wegen der Erbringung von Sozialleistungen oder wegen der Ausstellung einer Bescheinigung übermittelt worden sind. Es reicht aus, wenn z. B. bei der Beantragung einer Rentenleistung gezielt dem Träger eine hausärztliche Bescheinigung übermittelt wird, da dieser Gutachtencharakter beigemessen wird. Dabei ist zu beachten, dass Informationen von Ärzten oder anderen in § 203 StGB genannten Personen gegenüber den Leistungsträgern regelmäßig zum Zwecke der Leistungsgewährung offenbart werden. Die Daten auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse werden für den Zweck Krankengeldzahlung/Abgrenzung von der Entgeltfortzahlung übermittelt. Auch andere Verordnungsdaten (z. B. Arzneimittel, Heil-/Hilfsmittel) werden zum Zweck der Erbringung der jeweiligen Sachleistungen (Sozialleistungen) durch den Leistungsträger diesem übermittelt.

[2] Mit dem Verweis auf § 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X hat der Gesetzgeber klargestellt, dass § 76 Abs. 1 SGB X auch nicht gilt bei einer Übermittlung für die Durchführung eines mit der Erfüllung einer Aufgabe nach dem SGB zusammenhängenden gerichtlichen Verfahrens einschließlich eines Strafverfahrens.

[3] Der Betroffene kann jedoch auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X der Übermittlung widersprechen. Der Widerspruch bewirkt ein absolutes Verbot der Übermittlung. Die Ausübung des Widerspruchsrechtes kann im Einzelfall im Hinblick auf §§ 60 ff. SGB I allerdings die Folgen fehlender Mitwirkung auslösen.

[4] § 76 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB X enthält auch eine Regelung, wie der Betroffene auf die Möglichkeit seines Widerspruchs aufmerksam gemacht werden soll. Er ist regelmäßig zu Beginn eines Verwaltungsverfahrens schriftlich in allgemeiner Form auf die Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen. Demgegenüber besteht bzgl. des Widerspruchsrechts keine Anhörungspflicht gem. § 24 SGB X, da sonst die Ausnahmeregelung des § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X leer liefe.

[5] Für die Hinweispflichten der Unfallversicherungsträger sind zusätzlich bei deren Ersuchen zur Übermittlung sensibler Daten § 200 Abs. 1 SGB VII sowie bei der Erteilung eines Gutachtenauftrags § 200 Abs. 2 SGB VII zu beachten.

[6] Der besondere Schutz bestimmter Sozialdaten im Sinne des Absatzes 1 gilt gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB X nicht, soweit es sich um die Übermittlung von Sozialdaten im Sinne des § 69 Abs. 4 SGB X für die Abgrenzung der Lohnfortzahlung von der Krankengeldzahlung handelt. Der Umfang der zu übermittelnden Daten ist allerdings schon wegen § 69 Abs. 4 SGB X beschränkt. Insoweit bildet § 76 SGB X kein zusätzliches Hindernis; es besteht auch kein Widerspruchsrecht.

[7] Die Einschränkung des § 76 Abs. 1 SGB X gilt ferner nicht für die Übermittlung nach § 69 Abs. 5 SGB X an Rechnungshöfe und andere Kontrollbehörden sowie für die Übermittlung an Archive im Rahmen des § 71 Abs. 1 Satz 3 SGB X.

[8] Bei § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB X handelt es sich um eine Folgeänderung von § 94 SGB XI. Nach dieser Vorschrift hat die Pflegekasse auf Ersuchen des Betreuungsgerichts das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit einschließlich der Befunde zu übermitteln, um im Interesse des Betroffenen eine weitere Begutachtung zu vermeiden.

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