9.5.1 Mitteilung eines hinreichenden Grundes

[1] Kann die Pflegekasse nicht innerhalb der jeweils maßgebenden Frist von drei bzw. fünf Wochen nach Antragseingang eine Leistungsentscheidung treffen, muss die Pflegekasse dies der pflegebedürftigen Person unter Darlegung der Gründe innerhalb der Frist schriftlich mitteilen. Die angeordnete Schriftform kann jedoch durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn die versicherte Person für die Übermittlung elektronischer Dokumente einen Zugang eröffnet hat (vgl. § 36a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB I). Dazu muss sie neben der Mitteilung der E-Mail-Adresse ihre Bereitschaft zum Empfang von rechtlich verbindlichen Erklärungen gegenüber der Pflegekasse ausdrücklich erklärt haben. Zudem ist das von der Pflegekasse zu übermittelnde elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (vgl. § 36a Abs. 2 Satz 2 SGB I), so dass eine einfache E-Mail nicht ausreichend ist. Denkbar ist auch eine Informationsübermittlung per Telefax.

[2] Rechtzeitig liegt die Information vor, wenn sie der pflegebedürftigen Person spätestens am letzten Tag der jeweils maßgebenden Frist zugegangen ist. Für die fristgerechte Mitteilung eines hinreichenden Grundes ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe – wie im Falle der Entscheidung durch einen bekanntzugebenden Verwaltungsakt – gegenüber den Antragstellenden und nicht der der pflegekasseninternen Entscheidung über die Information maßgeblich.

9.5.2 Definition hinreichender Grund

[1] Das Gesetz definiert den Begriff des "hinreichenden Grundes" nicht näher. Damit die Pflegekasse ihrer Pflicht zur zügigen Leistungsentscheidung nachkommen können, sind umgekehrt pflegebedürftige Personen oder Dritte (z.B. Leistungserbringer) zur Mitwirkung angehalten. Hinreichende Gründe für eine verzögerte Leistungsentscheidung können danach insbesondere sein,

  • fehlende oder ergänzungsbedürftige Angaben von Tatsachen durch pflegebedürftige Personen oder Dritte (z.B. Leistungserbringer), die für die Leistungsentscheidung erheblich sind (z.B. in Form von fehlenden aussagekräftigen Unterlagen des Leistungserbringers),
  • die fehlende oder mangelhafte Mitwirkung der pflegebedürftigen Personen bei erforderlicher körperlicher Befunderhebung durch den Gutachter bzw. durch die Gutachterin (z.B. wenn die eingereichten Unterlagen nicht aussagekräftig sind),
  • Verzögerungen, die bei notwendiger Mitwirkung der pflegebedürftigen Personen von ihnen zu verantworten sind (z.B. angebotene frühzeitige Termine für die Begutachtung des Wohnumfeldes durch die Pflegefachkraft oder den MD können von den [korr.] versicherten Personen nicht wahrgenommen werden),
  • die fehlende Zustimmung der pflegebedürftigen Personen zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte auf Verlangen der Pflegekasse.

[2] Um hinreichende Gründe für eine Überschreitung der jeweils maßgeblichen Frist handelt es sich dann, wenn die für eine Leistungsentscheidung notwendigen Informationen/Tatsachen nicht so rechtzeitig vorliegen oder gewonnen werden (können), dass die Pflegekasse eine Leistungsentscheidung noch bis zum Ablauf der jeweils maßgeblichen Frist – ggf. unter Berücksichtigung der Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des MD – treffen und den leistungsberechtigten Personen zugehen lassen kann. Damit ist nicht bereits jede Anforderung von Angaben oder Unterlagen gegenüber den leistungsberechtigten Personen oder Dritten ein hinreichender Grund. Hat die Pflegekasse eine Pflegefachkraft oder den MD beauftragt, eine Stellungnahme zu dem jeweiligen Leistungsantrag zu erstellen und können die Pflegefachkraft oder der Gutachter bzw. die Gutachterin des MD aufgrund fehlender oder mangelhafter Mitwirkung der leistungsberechtigten Person oder von Dritten die Stellungnahme nicht so rechtzeitig erstellen, dass die Pflegekasse noch innerhalb der Frist von fünf Wochen eine Leistungsentscheidung treffen und den leistungsberechtigten Personen zugehen lassen kann, haben die Pflegefachkraft bzw. die Gutachterinnen bzw. der Gutachter die Pflegekasse hierüber unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) zu informieren. Damit kann die Pflegekasse die leistungsberechtigten Personen rechtzeitig über den hinreichenden Grund für eine verzögerte Leistungsentscheidung schriftlich informieren.

[3] Gründe, die hingegen in den Verantwortungsbereich der Pflegekasse fallen wie z.B. Organisationsmängel oder Arbeitsüberlastung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sind nicht hinreichend. Dies gilt gleichermaßen für Gründe, die in den Verantwortungsbereich der Pflegefachkraft oder des MD bzw. der Gutachterin oder des Gutachters fallen. Daher müssen sowohl Pflegekassen als auch die jeweilige Pflegefachkraft oder der jeweilige MD bzw. die Gutachterin oder der Gutachter alle in ihren jeweiligen Verantwortungsbereich fallenden Maßnahmen ergreifen, damit eine Leistungsentscheidung zügig, spätestens jedoch innerhalb der Frist von drei bzw. fünf Wochen erfolgen kann. Die Pflegekassen haben daher unter Berücksichtigung der sehr engen Fristen unverzüglich

  • eingehende Leistungsanträge auf ihr...

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