Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe von Beitragsforderungen zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung für das Jahr 1991.

Am 13. Juli 1991 schlossen sich drei im Kreis Halberstadt gelegene Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG), und zwar die LPG Planzenproduktion Ströbeck, die LPG Tierproduktion "Schachspiel" und die LPG Tierproduktion "Frohe Zukunft" zur LPG Ströbeck/Danstedt zusammen; zugleich wurde deren Liquidation beschlossen.

Die Beklagte erließ unter dem 14. Februar 1992 Beitragsbescheide für das Jahr 1991 gegenüber der LPG "Frohe Zukunft" und der LPG "Schachspiel". Der Beitragsbemessung lag ein Grundbeitrag und der Flächenwertbeitrag zugrunde, der sich aus der am 1. Juli 1991 bewirtschafteten Fläche, multipliziert mit dem durchschnittlichen Hektarwert der Betriebssitzgemeinde errechnete. Für die Tierhaltung wurde wegen Überschreitens einer satzungsmäßigen Zahl von Vieheinheiten deren zusätzlicher Ertragswert berücksichtigt.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der genannten LPGen durch ihren Liquidator geltend, der Landwirtschaftsbetrieb sei zum 30. September 1991 endgültig eingestellt; die Betriebe würden nur noch vermögensmäßig abgewickelt. Die Beklagte erläuterte daraufhin, für die Beitragsberechnung seien gemäß ihrer Satzungsbestimmungen maßgebend die Betriebsverhältnisse am 1. Juli des Geschäftsjahres, für welches der Beitrag bestimmt sei. Wie bereits mehrfach erbeten, sollten die LPGen umgehend die zu diesem Zeitpunkt bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen mitteilen; dann werde ein berichtigter Beitragsbescheid erteilt. Die Klägerin erwiderte, mit der Aberntung zum 30. September 1991 seien alle Pachtverträge abgelaufen; die bisher von ihr bewirtschafteten Flächen (3938 ha) seien von neu gegründeten Betriebsgemeinschaften bzw. privaten Landwirten gepachtet oder von der Treuhand weiter verpachtet worden. Ihr eigener Restbestand an Wirtschaftsfläche betrage 32, 49 ha. Die Klägerin regte an, den Beitrag für die Zeit ab September 1991 nach der Flächenrückführung zu erlassen.

Die Beklagte wies die Rechtsbehelfe zurück (Widerspruchsbescheide vom 2. Februar 1993). Die Forderung des gesamten Jahresbeitrags 1991 von den Rechtsvorgängerinnen der Klägerin als bisherigen Unternehmern sei durch ihre gesamtschuldnerische Haftung mit den Nachfolgern und wegen des fortdauernden Versicherungsschutzes während der Abwicklungsarbeiten gerechtfertigt.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. Mai 1994). Die Beklagte habe zutreffend die Rechtsvorgängerinnen der Klägerin nach deren bis August des Geschäftsjahres 1991 bewirtschafteten Bodenflächen beitragsmäßig veranlagt. Da die Klägerin lediglich angezeigt habe, daß sie ihre gesamten Bodenflächen an nicht näher benannte Unternehmer übergeben habe, hafte sie gesamtschuldnerisch für die Beiträge bis zum Jahresende 1991; diese könne sie sich von den Nachfolgeunternehmen ab Unternehmerwechsel erstatten lassen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 13. Juli 1995). Die Klägerin sei grundsätzlich in die Rechte und Pflichten ihrer Rechtsvorgängerinnen als landwirtschaftliche Unternehmer eingetreten. Zu Unrecht halte sie die Beitragsforderung für das Jahr 1991 für rechtswidrig und sich selbst für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1991 für nicht mehr beitragspflichtig, weil sie bis zum 30. September 1991 ihre gesamten bewirtschafteten Bodenflächen an 271 Eigentümer zurückgegeben habe. Der von der Beklagten der Beitragserhebung satzungsgemäß zugrunde gelegte Beitragsmaßstab des Flächenwerts verletze in Ansehung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als ein anderer angemessener Maßstab i.S. des § 803 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) weder die Vorschriften der RVO noch verfassungsrechtliche Grundsätze. Auch die in § 37 Abs. 3 der Satzung erfolgte Festlegung eines Stichtags, hier des 1. Juli eines Geschäftsjahres, zur Bestimmung der beitragsmäßigen relevanten Betriebsverhältnisse entsprächen der gesetzlichen Ermächtigung des Satzungsgebers wie auch den Verfassungsgrundsätzen des Willkürverbots und des Eigentumschutzes. Dieser von der Vertreterversammlung der Beklagten bestimmte Zeitpunkt sei jedenfalls nicht als sachfremd anzusehen; denn auch bei einem Unternehmerwechsel nach diesem Zeitpunkt bestehe für den Betriebsaufgeber die Möglichkeit, sich seine erbrachten Beitragsleistungen durch den jeweiligen Nachfolger anteilig erstatten zu lassen.

Fehl gehe auch die Ansicht der Klägerin, sie hafte nicht gesamtschuldnerisch für den Jahresbeitrag 1991, weil sie von den ihr nicht bekannten und nicht feststellbaren beitragspflichtigen Nachfolgeunternehmen keinen Ausgleich nach § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verlangen könne und die Beklagte eine entsprechende Nachforschungspflicht treffe. Nach § 796 Abs. 2 RVO hafteten der bisherige Unternehmer und sein Nachfolger als Gesamtschuldner für die Zahlung der Beiträge bis zum Ablauf des Geschäftsjahres, in dem der Wechsel in der Person des Unternehmers eingetreten sei. § 26 der Satzung der Beklagten bestimme gemäß § 796 Abs. 1 RVO, daß (auch) der bisherige Unternehmer binnen eines Monats den Wechsel schriftlich der Berufsgenossenschaft anzuzeigen habe. Ferner seien nach § 37 Abs. 3 der Satzung Überlassungen von Grundstücken an Dritte bei der Beitragsveranlagung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie vor dem 1. Juli des Geschäftsjahres eingetreten und spätestens bis zum 1. Oktober in ihren Einzelheiten nachgewiesen seien. Die Klägerin habe indessen hier ihre Flächenabgaben für das Jahr 1991 der Beklagten erst unter dem 16. Juli 1992 mitgeteilt.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 796 Abs. 2 RVO i.V.m. §§ 426, 421 BGB. Entgegen der Auffassung des LSG liege kein Unternehmerwechsel vor. Sie - die Klägerin - habe ihre Flächen aufgegeben und sie nicht an dritte übernehmende Landwirte abgegeben. Ebensowenig liege hier die zweite Voraussetzung einer Gesamtschuldnerschaft - die Verpflichtung eines zweiten oder weiteren Schuldners gegenüber einem Gläubiger - vor. Ihr - der Klägerin - sei nicht bekannt, ob und von wem die Flächen im Jahre 1991 weiter bewirtschaftet worden seien. Aufgrund der Anzeigepflicht nach § 796 RVO müßten der Beklagten die neuen, nachfolgenden landwirtschaftlichen Unternehmer bekannt sein, und in welchem Umfang auf welchen Flächen wer jetzt wirtschafte. Es liege hiermit somit der Fall vor, daß die Beklagte als Gläubigerin Kenntnis der nachfolgenden landwirtschaftlichen Unternehmern hätte haben können, diese Kenntnis sich aber tatsächlich nicht verschafft habe. Sie - die Klägerin -habe aufgrund der Größe der nicht mehr bewirtschafteten Flächen dies nicht wissen können, da eine Übergabe nicht stattgefunden habe. Sie sei aufgrund des § 796 RVO auch nicht alleinige Schuldnerin für die Beiträge des Geschäftsjahres, in diesem Fall des Kalenderjahres. Die Beitragserhebung der Unfallversicherung orientiere sich an dem tatsächlichen Risiko durch Bewirtschaftung einer landwirtschaftlichen Fläche. Wenn eine Fläche nicht bewirtschaftet werde, könne grundsätzlich auch keine Beitragsschuld entstehen. § 796 RVO stelle auch keine unter Berücksichtigung der Intention davon abweichende Regelung dar. Es bestehe keine Forderung der Beklagten gegen sie für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1991, da nicht gesichert sei, ob überhaupt eine Bewirtschaftung stattgefunden habe mit der Folge, daß gegebenenfalls auch keine Unfallversicherungsbeiträge zu erheben seien. Obwohl das landwirtschaftliche Bewirtschaftungsjahr üblicherweise vom 1. Oktober bis 30. September eines jeden Jahres laufe, erhebe die Beklagte aufgrund der Stichtagsregelung in ihrer Satzung ihren Beitrag unter Berücksichtigung der Flächengrößen zum 1. Juli eines jeden Jahres. Damit ergebe sich die Situation, daß Jahresbeiträge anhand der Verhältnisse zum 1. Juli erhoben würden, obwohl sich die Veränderungen in den Verhältnissen im Zeitraum zwischen dem 1. Juli und dem 30. September als üblichen Flächenaufgabezeitpunkt ergeben könnten. Diese Regelung des § 796 Abs. 2 RVO in Verbindung mit der Satzung entbinde die Beklagte allerdings nicht, die tatsächlichen Verhältnisse nach Meldung des Flächenabgangs zu berücksichtigen. § 796 Abs. 2 RVO begründe im Ergebnis keine Beitragsschuld für das Jahr, wenn tatsächlich die Flächen nur weniger als ein Jahr bewirtschaftet worden seien. Bei fehlender Nachfolgebewirtschaftung, wie es im konkreten Fall gewesen sein dürfte, bestehe bezüglich des Zeitraums, in dem keine Bewirtschaftung stattgefunden habe, keine Beitragsschuld und insoweit auch kein Gesamtschuldverhältnis.

Die Klägerin beantragt, die Urteile der Vorinstanzen und den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 1992 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1991 einen neuen Beitragsbescheid unter Berücksichtigung der tatsächlichen beitragspflichtigen Tätigkeit der Klägerin zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont insbesondere nochmals, beitragspflichtig solle der sein, der auf den landwirtschaftlichen Flächen durch seine Bewirtschaftungsmaßnahmen das Unfallrisiko gesetzt und aus ihnen den wirtschaftlichen Nutzen erzielt habe. Allein schon deshalb erweise sich die Anforderung des Jahresbeitrags als richtig und plausibel begründet. Ob nach dieser Risikosetzung und der Nutzenerzielung Flächen abgegeben würden, müsse unter beitragsrechtlichen Aspekten ohne Belang bleiben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes SGG ).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Klägerin zu den Beiträgen für das Geschäftsjahr 1991, insbesondere auch für die noch streitige Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1991 herangezogen, wie das LSG zutreffend und mit überzeugender Begründung entschieden hat.

Die Beklagte ist seit dem 1. Januar 1991 Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung u.a. im Land Sachsen-Anhalt (vgl. Anlage I Kap VIII Sachgebiet I Abschn III Nr. 1 Buchst c Abs. 3 des Einigungsvertrags vom 31. August 1990 - BGBl. II 889, 1063 - i.V.m. § 1160 RVO i.d.F. des Art 8 Nr. 14 des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 - BGBl. I 1606, 1691).

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der zum Zwecke der Liquidation in ihr zusammengeschlossenen früheren LPGen, die als landwirtschaftliche Unternehmer i.S. des § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterlagen und in deren Rechte und Pflichten sie seit dem 13. Juli 1991 eingetreten ist. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Zu Unrecht meint allerdings die Klägerin, daß sie wegen der bis zum 30. September 1991 erfolgten Rückgabe der bewirtschafteten Bodenflächen an 271 Alteigentümer für die Zeit ab 1. Oktober bis 31. Dezember 1991 nur noch unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen landwirtschaftlichen Tätigkeit beitragspflichtig sei.

Die von der Klägerin beanstandeten Beitragsforderungen der Beklagten stützen sich auf Satzungsbestimmungen, die als vom Unfallversicherungsträger autonom gesetztes objektives Recht durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daraufhin zu prüfen sind, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung des Satzungsgebers beruht, und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSGE 54, 243, 244; 68, 123, 124 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Revision sind durch die von der Vertreterversammlung der Beklagten in ihrer Satzung festgelegten Regelungen über die Berechnung des Beitrags weder Vorschriften der RVO noch verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt.

In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (§§ 776 ff. RVO) werden, wie in der allgemeinen Unfallversicherung (s §§ 646 ff. RVO), die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften (BG) durch Beiträge der Unternehmer aufgebracht (§ 802 i.V.m. § 723 Abs. 1 Satz 1 RVO). Die Mitgliedschaft der landwirtschaftlichen Unternehmer in der BG beginnt kraft Gesetzes mit der Eröffnung des Unternehmens oder der Aufnahme der vorbereitenden Arbeiten für das Unternehmen (§§ 792, 659 RVO). Bei den im Land Sachsen-Anhalt zur Zeit des Beitritts der neuen Bundesländer bereits betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen begann die Mitgliedschaft zur beklagten landwirtschaftlichen BG mit dem 1. Januar 1991 (vgl. Anlage I Kap VIII Sachgebiet I Abschn III Nr. 1 Buchst c Abs. 3 und 9 des Einigungsvertrags a.a.O.). An die Stelle der nach § 43 des Gesetzes über die Sozialversicherung vom 28. Juni 1990 (GBl. I 486) in der früheren DDR von den Arbeitgebern zu tragende Unfallumlage zur Unfallversicherung ist deren gesetzliche Beitragspflicht als Mitglied der landwirtschaftlichen BG getreten (§ 802 i.V.m. § 723 Abs. 1 RVO).

Der Maßstab für die Berechnung der Beiträge wird in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durch die jeweilige Satzung der BG bestimmt (§ 803 Abs. 2 RVO). Dabei steht es dem Unfallversicherungsträger für Unternehmen mit Bodenwirtschaft (s § 805 RVO für andere Unternehmen) im Rahmen der ihm eingeräumten Satzungsgewalt frei, der Berechnung der Beiträge, den Arbeitsbedarf, den Einheitswert oder einen "anderen angemessenen Maßstab" zugrunde zu legen. Die insoweit am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Satzung der Beklagten bestimmt in § 35 Abs. 1, und §§ 36, 37 neben einem Grundbeitrag den Flächenwert als Maßstab für die Beiträge von Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung. Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß die Bemessung des Beitrags in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung nach dem Flächenwert als anderer angemessener Maßstab i.S. des § 803 Abs. 1 RVO weder die Vorschriften der RVO noch verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt (BSGE 54, 243, 244; 68, 123, 124).

Der Beitrag ist ein Jahresbeitrag (§ 37 Abs. 3 Satz 1 der Satzung). Der Beitragsberechnung werden die Betriebsverhältnisse zum 1. Juli des Geschäftsjahres zugrunde gelegt (§ 37 Abs. 3 Satz 2 der Satzung). Die Überlassung von Grundstüken an Dritte sowie Änderungen in der Nutzungsart werden bei der Beitragsveranlagung nur dann berücksichtigt, wenn die Änderung vor dem 1. Juli dieses Geschäftsjahres eingetreten und der Nachweis hierfür spätestens zum 1. Oktober dieses Geschäftsjahres erbracht ist (§ 37 Abs. 3 Satz 3 der Satzung).

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, daß die von der Klägerin als rechtswidrig gerügte Stichtagsregelung zur Berechnung des Beitrags in § 37 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Satzung rechtlich nicht zu beanstanden ist. Ebenso wie die Bestimmung des Beitrags als Jahresbeitrag entspricht die Festlegung eines Stichtags, hier des 1. Juli eines Geschäftsjahres, zur Bestimmung der beitragsmäßig relevanten Betriebsverhältnisse auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände, die bei der Liquidation der ehemaligen LPGen in den neuen Bundesländern in Erscheinung getreten sind, der gesetzlichen Ermächtigung des Satzungsgebers (§ 803 Abs. 2, § 798 RVO) wie auch den Verfassungsrechten des Willkürverbots und des Eigentumsschutzes.

Die von der Vertreterversammlung der Beklagten am 10. Dezember 1991 beschlossene Satzung, insbesondere die von der Revision angegriffene Stichtagsregelung in § 37 Abs. 3 Satz 2 beruht auf der Ermächtigung des § 34 Abs. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV), § 798 i.V.m. § 671 Nr. 7 und 803 Abs. 2 RVO. Die Stichtagsregelung dient einerseits der Überschaubarkeit der im Jahresverlauf möglicherweise schwankenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitglieder und damit der Verwaltungspraxis der Beklagten, die ein bestimmtes Beitragsaufkommen ihrer nachträglichen Bedarfsdeckung zugrunde legen muß. Zugleich entspricht die Festlegung eines Stichtags, bis zu dem die Überlassung von Grundstücken an Dritte sowie Änderungen in der Nutzungsart bei der Beitragsveranlagung des laufenden Jahres berücksichtigt werden können, auch dem Bedürfnis der Mitglieder der BG, ihre Wirtschaftsform und ihre Betriebsstrukturen längerfristig planen zu können.

Ob der in § 37 Abs. 3 Satz 2 der Satzung festgelegte Termin des 1. Juli eines Geschäftsjahres der geeignetste Zeitpunkt oder ob der der von der Revision mit durchaus beachtlichen Gründen bevorzugte 1. Oktober oder letztlich noch ein anderer besser geeignet erscheint, die wirtschaftliche Situation der Mitgliedsunternehmer und deren Jahresbeitrag festzustellen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Gericht hat nicht zu überprüfen, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung getroffen hat (BVerfGE 4, 7, 18; 17, 319, 330; 31, 119, 130; BSGE 54, 232, 235; 68, 111, 115; 73, 253, 256). Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die autonome Rechtssetzung anzuführen sind (BVerfGE 17, 337, 354; 17, 381, 388; 27, 220, 230; BSGE 68, 111, 115; 73, 253, 256). Das ist hier nach den Feststellungen des LSG der Fall.

Daß die Betriebsverhältnisse zum 1. Juli des Geschäftsjahres in die Berechnung des Jahresbeitrags einfließen, entspricht dem Erfordernis einer verwaltungspraktikablen Beitragsnorm, zumal generell Haushaltsjahr das Kalenderjahr ist (§ 67 Abs. 1 SGB IV). Im Hinblick auf den Risiko- und Nutzenaspekt ist zumindest nicht als sachfremd anzusehen, in erster Linie denjenigen landwirtschaftlichen Unternehmer als beitragspflichtig anzusehen, der auf den landwirtschaftlichen Flächen mit Bodenbewirtschaftung durch seine Bewirtschaftungsmaßnahmen das Unfallrisiko gesetzt und aus der Bewirtschaftung den wirtschaftlichen Nutzen erzielt hat. Bei dem Beitragsmaßstab des Flächenwertes ist im Hinblick auf die vielfältigen Besonderheiten bei der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Unternehmen der 1. Juli ein sachgerechter Stichtag. Er liegt regelmäßig in der Mitte zwischen dem Anbau und der Ernte. Liegen dem Flächenwert umfangreichere Bewirtschaftungen im ersten halben Jahr zugrunde, so ist es sachgerecht, den für diese Zeit maßgebenden Eigentümer mit dem Jahresbeitrag zu belasten, dem regelmäßig auch die Erträgnisse der Ernten des gesamten Vorjahres zugeflossen waren. Geht das Unternehmen kurz nach dem 1. Juli in andere Hände über, so ist zu beachten, daß die Belastung durch den Jahresbeitrag zwar ggf nicht ganz dem Umfang der den Flächenwert begründenden Bewirtschaftungsmaßnahmen entspricht, dem neuen Unternehmer dann aber in der Regel im größeren Umfang die die Flächenwerte bestimmenden Erträge zugute kommen. Damit ist sowohl dem Risikogedanken als auch dem Solidaritätsgedanken ausreichend Rechnung getragen.

Der Hinweis der Revision, Beitragsausfälle im laufenden Jahr würden durch die Umlage im nächsten Jahr von den Mitgliedern der Beklagten getragen, erhält schon im Ansatz keine ausreichende Lösung; denn es ist nicht sachgerecht, mit diesen Ausfällen nur andere landwirtschaftliche Unternehmer zu belasten und nicht auch die, welche im vergangenen, für die Beitragsbelastungen maßgebenden Jahr die Hälfte der Zeit mit ihrem Unternehmen Unfallrisiken eingebracht haben.

Den beteiligten Unternehmen (abgebender und aufnehmender Betrieb) ist es im übrigen, worauf das LSG ebenfalls zutreffend hinweist, auch nicht verwehrt, intern für einen Ausgleich zu sorgen.

Daß die Einführung von Stichtagen für den einzelnen Betroffenen mit Härten verbunden sein kann, ist bei typisierenden Regelungen durch den Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen im Bereich des Sozialrechts unvermeidlich und hinzunehmen (BVerfGE 13, 21, 29; 46, 299, 307). Allerdings setzt eine zulässige Typisierung voraus, daß eine in ihrer Folge entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wäre (BVerfGE 45, 376, 390).

Vor allem im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die bei der individuellen Berechnung des Beitrags auftreten, steht auch dem Satzungsgeber das Recht zu, zur Verminderung des Verwaltungsaufwands die Berechnungsgrundlage zu generalisieren und zu vereinfachen. Hierbei spielen, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, auch praktische Erfordernisse der Verwaltung eine Rolle; denn durch einen unverhältnismäßig großen Ermittlungsaufwand steigen zu Lasten der Versichertengemeinschaft die anteiligen Verwaltungskosten. Bei langwierigen Ermittlungen besteht zudem die Gefahr, daß Beitragsforderungen nicht mehr zu realisieren sind. Außerdem würden auch bei der Wahl eines anderen Stichtages Härten im Einzelfall nicht zu vermeiden sein.

Es sprechen somit sachgerechte, plausible Gründe nicht nur gegen - wie die Revision mit durchaus gewichtigen Argumenten meint -, sondern auch für die in der Satzung der Beklagten festgelegte Gestaltung der Beitragsberechnung. Das Abwägen zwischen mehreren, jeweils für die eine oder die andere Regelung bei der Gestaltung der Beitragsberechnung wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegen grundsätzlich der Vertreterversammlung als dem Satzungsgeber. In diesem Entscheidungsrahmen der Beklagten und in dem aufgezeigten gerichtlichen Prüfungsumfang sieht der Senat diese Regelung mit höherrangigem Recht in Einklang stehend an (s BSGE 68, 111, 116).

Daraus folgt, daß die Beklagte zu Recht der Berechnung des Beitrags für das Jahr 1991, dessen Höhe im übrigen nicht - mehr - umstritten ist, die Betriebsverhältnisse der LPG "Frohe Zukunft" und der LPG "Schachspiel" zum 1. Juli 1991 zugrunde gelegt hat.

Beitragsschuldner für den Jahresbeitrag 1991 ist die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der genannten LPGen. Sie kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe die landwirtschaftlichen Flächen nahezu vollständig an 271 ihr nicht bekannte und nicht mehr feststellbare Alteigentümer zurückgegeben, von denen sie nicht einmal wisse, ob sie ab Rückgabe bis zum Ende des Jahres 1991 überhaupt beitragspflichtig gewesen seien. Unabhängig davon, daß nach der Satzungsregelung in § 37 Abs. 3 der Beitrag als Jahresbeitrag sich nach den Betriebsverhältnissen zum 1. Juli des Geschäftsjahres bestimmt, regelt § 796 Abs. 2 RVO die Frage, wer bei einem Unternehmenswechsel zur Zahlung der Beiträge für das laufende Geschäftsjahr verpflichtet ist. Zumindest solange das landwirtschaftliche Unternehmen bei dem Übernehmer nur ruht oder von ihm noch abgewickelt wird, oder der Übernehmer die Bewirtschaftung fortsetzt, sind nach § 796 Abs. 2 RVO der bisherige Unternehmer und sein Nachfolger zur Zahlung der Beiträge bis zum Ablauf des Geschäftsjahres, in welchem der Wechsel eingetreten ist, als Gesamtschuldner verpflichtet. Nach den Feststellungen des LSG haben hier zwar Unternehmerwechsel durch die Flächenabgabe an die Alteigentümer stattgefunden. Dies kommt insbesondere in den Ausführungen des LSG zur Frage der gesamtschuldnerischen Haftung "für den hier gegebenen Fall des Unternehmerwechsels" des bisherigen und des nachfolgenden Unternehmers (s S. 12 des Urteils) zum Ausdruck. Den Feststellungen des LSG ist allerdings nicht zu entnehmen, daß und ggf. auf welchen Flächen der Alteigentümer im Jahre 1991 die landwirtschaftliche Bewirtschaftung endgültig und nachhaltig eingestellt wurde, die eine Beitragspflicht möglicherweise - was der Senat nicht zu entscheiden hat und deshalb ausdrücklich offen läßt - hätte beenden können. Die Revision selbst führt dazu lediglich aus, bei fehlender Nachfolgebewirtschaftung, "wie es im konkreten Fall gewesen sein dürfte" bestehe bezüglich des Zeitraums, in dem keine Bewirtschaftung stattfand, keine Beitragsschuld. Die Beklagte ist auf die Erfüllung der Meldepflicht des neuen Unternehmers angewiesen, den - entgegen der Auffassung der Revision -zwar nicht sie, wohl aber der abgebende Unternehmer kennt oder wenigstens kennen müßte.

Bei dieser Sachlage ist die Klägerin zur Zahlung der Beiträge bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 1991 auch für ihre Rechtsnachfolger verpflichtet (§ 796 Abs. 2 RVO). Diese unmittelbare Verpflichtung der Klägerin als bisherige landwirtschaftliche Unternehmerin folgt aus ihrem Mitgliedschaftsverhältnis bei der landwirtschaftlichen BG, dessen Fortbestehen für die Beitragsverpflichtung bis zum Ablauf des Geschäftsjahres gewissermaßen fingiert wird (Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 796 Anm. 8, § 665 Anm. 12). Nur insoweit hat die Beklagte die Klägerin in Anspruch genommen. Auf die Rüge der Revision, hier liege im Ergebnis keine gleichartige Gesamtschuldnerschaft der "Gesamtschuldner" vor, kommt es somit nicht mehr an.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 255

SozSi 1997, 358

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