Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfall eines Gemeindearbeiters bei der Einschaltung der Weihnachtsbeleuchtung an verschiedenen Straßenschaltern

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch während einer versicherten Arbeitstätigkeit kann die Hinwendung zu einer dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Verrichtung zur Folge haben, daß ein Unfall während dieser Verrichtung nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, weil die versicherte Tätigkeit keine rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls ist. Dabei kann insbesondere von Bedeutung sein, daß die Betätigung des Verletzten im Zeitpunkt des Unfalls mit der versicherten Tätigkeit nicht mehr im örtlichen Zusammenhang stand.

Ebenso wie bei dem Zurücklegen eines versicherten Weges nach und von der Arbeitsstätte (RVO §§ 543 aF, 550 nF) hat auch bei einem der Ausführung der versicherten Tätigkeit dienenden Weg das Einschieben einer dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Tätigkeit nicht in jedem Fall zur Folge, daß während dieser Einschiebung der Versicherungsschutz unterbrochen ist. Eine solche Unterbrechungswirkung hat eine derartige Einschiebung vielmehr nur, wenn sie nach ihrer Art und ihrer Bedeutung für das Zustandekommen des Unfalls so wesentlich ist, daß die ursächlichen Beziehungen zur versicherten Tätigkeit als rechtlich unwesentlich in den Hintergrund treten.

Die Schaltstellen, die der Versicherte am Unfalltage bedienen mußte, befanden sich auf verschiedenen Seiten der Hauptstraße, so daß der Versicherte gezwungen war, diese mehrfach zu überqueren. Die Schaltstelle, die als nächste bedient werden mußte, war allerdings auf der Seite, auf der sich der Versicherte vor dem Unfall in Richtung auf diese Schaltstelle fortbewegt hatte. Der Versicherte befand sich aber bei dem beabsichtigten Überqueren der Hauptstraße noch in dem Bereich, in dem er seine Arbeitstätigkeit verrichten mußte, und selbst wenn er sich aus Gründen, die mit dieser Tätigkeit nicht in unmittelbarem Zusammenhang gestanden haben - Besuch seiner Tochter - zum Übergang auf die andere Straßenseite entschlossen haben sollte, ergibt sich kein Anhalt dafür, daß der Versicherte den Bereich der Arbeitstätigkeit verlassen, die Arbeitstätigkeit für längere Zeit unterbrechen und etwa zu einer unversicherten Betätigung übergehen wollte. Der Unfall beruht auch auf einer Gefahr, die ihrer Art nach mit der Arbeitstätigkeit auf den beiden Seiten der Hauptstraße verbunden war. Unter diesen Umständen ist der durch die Arbeit notwendige Aufenthalt des Versicherten im Bereich der Hauptstraße auch dann noch eine rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls, wenn der Versicherte für kurze Zeit auf der anderen Straßenseite einen durch die Arbeit nicht bedingten Zweck verfolgt haben sollte. Dem Versicherten ist daher für die Folgen des Unfalls Entschädigung zu gewähren.

 

Normenkette

RVO § 542 Abs. 1 Fassung: 1942-03-09

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Februar 1959 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der Kläger beansprucht Entschädigung für die Folgen eines Verkehrsunfalls vom 16. Dezember 1956.

Der im Jahre 1897 geborene Kläger war als Arbeiter bei der Gemeindeverwaltung Bad H beschäftigt. Am Sonntag, dem 16. Dezember 1956, war er, nachdem er die Heizung in der Marktschule versorgt hatte, in der Hauptstraße von Bad H. unterwegs, um die Weihnachtsbeleuchtung einzuschalten. Bei einem Überqueren der Hauptstraße wurde er von einem Motorrad angefahren und erlitt einen Unterschenkelbruch sowie Hautabschürfungen am ganzen Körper, so daß eine längere stationäre Behandlung in einem Krankenhaus notwendig war. Bei der Unfalluntersuchung durch die Amtsverwaltung Bad H. gab der Kläger an, er habe die Hauptstraße überqueren müssen, um an die Schalter für die Weihnachtsbeleuchtung zu kommen. Seine Tochter, Frau Lieselotte W gab an, sie habe durch das geöffnete Fenster ihrer an der Hauptstraße liegenden Wohnung ihren Vater die Hauptstraße entlangkommen sehen und angenommen, daß ihr Vater zu ihr in die Wohnung kommen wolle. Den Unfallhergang selbst habe sie nicht beobachtet. Der Beklagte gelangte auf Grund seiner eigenen Ermittlungen zu dem Ergebnis, das Einschaltgerät für die Weihnachtsbeleuchtung habe sich auf der rechten Seite der Hauptstraße befunden, auf welcher der Kläger entlangging. Das Überqueren der Hauptstraße, bei dem sich der Unfall ereignet hat, sei für das Einschalten nicht notwendig gewesen, sondern aus eigenwirtschaftlichen Gründen erfolgt, um die Tochter in der Wohnung aufzusuchen. Durch Bescheid vom 24. Juni 1957 lehnte der Beklagte die Entschädigungsansprüche des Klägers mit der Begründung ab, der Unfall habe sich während einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit ereignet, so daß kein Versicherungsschutz bestanden habe.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben und zur Begründung vorgetragen: Zum Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung hätten insgesamt 13 Einschaltstellen bedient werden müssen, von denen sich 8 auf der Hauptstraße befunden hätten. Er habe zunächst verschiedene Einschaltstellen bedient, dann die Heizung in der Marktschule nachgesehen und anschließend nach Überqueren der Hauptstraße 3 Schaltstellen auf der Hauptstraße sowie die Schaltstelle am Bundesbahnhof bedient, die sich sämtlich auf der linken Seite der Hauptstraße befänden, dann habe er die Hauptstraße überquert und sei auf der rechten Seite der Hauptstraße weitergegangen, um dort eine Einschaltstelle zu bedienen. Kurz vor Erreichen dieser Einschaltstelle habe er auf der gegenüberliegenden (linken) Straßenseite seine verheiratete Tochter am Fenster ihrer Wohnung bemerkt. Da seine Ehefrau ihm beim Einschalten der Beleuchtung habe helfen wollen, habe er vorgehabt, um evtl. den weiten Weg zur letzten Einschaltstelle vermeiden zu können, seine Tochter zu fragen, ob seine Ehefrau schon vorbeigekommen sei. Zu diesem Zwecke habe er sich angeschickt, die Straße zu überqueren, um vor dem Fenster diese Frage an seine Tochter richten zu können. Je nach der Antwort hätte er dann entweder den Weg zur letzten Einschaltstelle fortgesetzt oder nur noch die vorletzte, auf der rechten Straßenseite liegende Einschaltstelle bedient. Wenn er von vornherein die Absicht gehabt hätte, seine Tochter zu besuchen, dann wäre der nächste Weg von der zuletzt bedienten Einschaltstelle am Bahnhof auf der linken Straßenseite der Hauptstraße gewesen, auf der die Wohnung der Tochter liege. In rechtlicher Beziehung hat der Kläger auf die Entscheidungen des Reichsversicherungsamts in EuM 30 S. 321 und 22 S. 142 Bezug genommen.

Der Beklagte hat die Richtigkeit der tatsächlichen Angaben des Klägers bestritten und unter Hinweis auf die ursprünglichen Angaben bei der Unfalluntersuchung als ungewöhnlich bezeichnet. Der Kläger, der im Zeitpunkt der Unfalluntersuchung noch im Krankenhaus war, hat bezweifelt, daß er die in der Unfalluntersuchungsniederschrift wiedergegebenen Angaben gemacht habe.

Das SG hat durch Urteil vom 11. Juni 1958 den Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 16. Dezember 1956 als Arbeitsunfall nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.

Das SG hat es dahingestellt gelassen, ob der Kläger mit seiner Tochter aus "eigenwirtschaftlichen oder aus betrieblichen Gründen" sprechen wollte. Es ist der Auffassung, durch das Überqueren der Straße sei der Kläger weder von dem versicherten Weg abgewichen noch habe bereits eine wesentliche Unterbrechung der versicherten Tätigkeit vorgelegen mit nachfolgendem Versagen des Versicherungsschutzes.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsprechung, die in Fällen des Überquerens der Straße den Versicherungsschutz als nicht unterbrochen ansehe, gehe davon aus, daß bei einem solchen Überqueren normalerweise das Sichfortbewegen auf das Endziel hin andauere und daß geringfügige Abweichungen vom kürzesten Weg beim Zurücklegen der gesamten Wegstrecke rechtlich nicht ins Gewicht fielen. Im vorliegenden Fall habe aber die Nähe des zu bedienenden nächsten Schalters erfordert, daß der Kläger die rechte Straßenseite eingehalten hätte. Es handele sich nicht um eine ganz geringfügige Abweichung von dem Sichfortbewegen auf das Endziel; das Überqueren des Fahrdamms sei vielmehr mit dieser Tätigkeit überhaupt nicht mehr in Einklang zu bringen. Der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit sei unterbrochen gewesen. Der Kläger habe eine klare Trennung zwischen der Betriebstätigkeit und der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen. Man dürfe auch keinen wesentlichen Unterschied zwischen den vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall (SozR RVO § 543 aF Bl. Aa 2 Nr. 5) und dem vorliegenden Fall darin erblicken, daß in dem vom BSG entschiedenen Fall der Verletzte die Straße bereits verlassen hatte, während der Unfall sich hier auf der Straße zugetragen habe. Es komme darauf an, ob der innere Zusammenhang unterbrochen sei.

Das LSG hat durch Urteil vom 6. Februar 1959 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Koblenz zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt:

Der Kläger habe sich auf einem nach § 542 der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter Versicherungsschutz stehenden Weg zum Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung befunden. Der Versicherungsschutz für den Unfall könne nur verneint werden, wenn der an sich bestehende innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit durch betriebsfremdes Tun beseitigt gewesen wäre. Das sei jedoch nicht dadurch geschehen, daß der Kläger unmittelbar vor einer Schaltstelle auf die andere Straßenseite gehen wollte. Der versicherte Betriebsweg wäre auch dann nicht unterbrochen gewesen, wenn der Kläger lediglich aus persönlichen Gründen auf die andere Straßenseite habe gehen wollen, um etwa über rein private Dinge mit der Tochter am Fenster zu sprechen. Selbst wenn man darin überhaupt ein Abweichen vom Weg des Klägers beim Einschalten der Beleuchtung sehen wolle, so sei dieses Abweichen doch so geringfügig, daß es nicht zu einer Unterbrechung des versicherten Weges habe führen können. Der Entscheidung des BSG SozR RVO § 543 Aa 2 Nr. 5 liege ein wesentlich anderer Sachverhalt zugrunde, denn in dem vom BSG entschiedenen Fall sei der Versicherte beim Zurücklegen des Heimweges nicht auf der Straße geblieben, sondern habe eine Metzgerei aufgesucht und sich dort dazu noch eine nicht unwesentliche Zeit aufgehalten und den Unfall noch im Bereich dieses Hauses erlitten. Das Aufsuchen des Geschäfts bedeute eine deutliche Zäsur, und der Verletzte habe sich im Augenblick des Sturzes noch ausschließlich in dem Gefahrenbereich befunden, den er zur privaten Besorgung aufgesucht habe. Der Kläger habe sich im Unfallzeitpunkt dagegen noch draußen auf der Straße befunden und sei mithin noch den Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt gewesen, die mit der Erledigung seiner dienstlichen Aufgaben verbunden waren. Als nur ganz geringfügige Verrichtungen auf dem Weg, die den Versicherungsschutz gar nicht erst unterbrechen, seien in der Rechtsprechung etwa Besorgungen im Vorbeigehen an auf der Straße befindlichen Verkaufsläden oder Wege auf die andere Straßenseite zwecks Besichtigung eines Schaufensters sowie sonstige kleinere Besorgungen angesehen worden. Nach diesen Grundsätzen habe das Überqueren der Straße eine rechtlich ins Gewicht fallende Unterbrechung des versicherten Weges nicht bewirkt. Es sei dem Kläger unbenommen gewesen, die rechte oder die linke Straßenseite zu benutzen.

Der Beklagte hat den Empfang dieses Urteils unter dem 20. April 1959 bestätigt und gegen das Urteil am 8. Mai 1959 Revision eingelegt und sie zugleich auch begründet.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Urteile des LSG und des SG Koblenz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung der Revision hat der Beklagte ua ausgeführt:

Auch bei nach § 543 Abs. 1 RVO versicherten Wegen könne nicht verlangt werden, daß jeweils der kürzeste und praktischste Weg benutzt werde. Es sei aber von Bedeutung, ob der Verletzte einen Weg nicht wesentlich zur Erreichung des Zieles, sondern aus rein eigenwirtschaftlichen Gründen eingeschlagen habe, wie das hier der Fall sei, da der Kläger, als er plötzlich die Richtung auf die nächste Schaltstelle aufgegeben habe, auf der anderen Straßenseite nichts zu suchen gehabt habe. So geringfügig räumlich gesehen der dadurch verursachte Umweg auch gewesen sein möge, so werde er doch versicherungsrechtlich dadurch wesentlich, daß die Veranlassung und Zielrichtung die Wohnung der Tochter war. Hierdurch sei der ursächliche Zusammenhang unterbrochen worden. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG spiele das Motiv für das Abweichen eine wesentliche Rolle. Für die Dauer der Überquerung könne man nicht einmal von einer sog. gemischten Tätigkeit (BSG 3, 240) sprechen. Bei der im Gegensatz zu den Angaben gelegentlich der Unfalluntersuchung stehenden Behauptung des Klägers, daß er seine Tochter nur habe fragen wollen, ob die Ehefrau schon vorbeigekommen sei, handele es sich möglicherweise nur um eine Zweckbehauptung. Das LSG hätte deshalb über die Gründe der Überquerung durch Vernehmungen der Tochter und der Ehefrau Beweis erheben müssen. Auch das Abweichen eines Versicherten auf dem Heimweg um wenige Meter zu dem Zwecke, in einen Laden hineinzugehen, schließe den Unfallversicherungsschutz aus. Der Betriebsweg sei nicht durch den Ausgangspunkt, den Endpunkt und die beiden Gehwege umrissen, sondern nur durch eine bestimmte Fußgängerstraßenhälfte.

Der Kläger beantragt,

die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, es liege weder ein Umweg noch eine Unterbrechung vor. Zu dem Weg, den der Kläger zur Erfüllung seiner Aufgaben zurücklegen mußte, gehöre sowohl die rechte als auch die linke Straßenseite. Ebenso sei die Fahrbahn mit einbezogen. Das Motiv dafür, ob die rechte oder die linke Straßenseite benutzt werde, sei unerheblich.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist durch Zulassung statthaft und somit zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.

Das LSG hat dahingestellt gelassen, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, er habe seine Tochter fragen wollen, ob seine Ehefrau bereits zum Einschalten der letzten Schaltstelle der Weihnachtsbeleuchtung unterwegs sei. Diese Behauptung, die nach der Auffassung des erkennenden Senats einen unmittelbaren rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und dem zum Zwecke der Nachfrage notwendigen Überqueren der Straße begründen würde, muß deshalb in der Revisionsinstanz unberücksichtigt bleiben.

Das LSG hat jedoch das Bestehen eines solchen ursächlichen Zusammenhangs zutreffend auch für den Fall bejaht, daß der Kläger die Straße aus Gründen überquert haben sollte, die mit dem Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung nicht in einem derartigen unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Auch während einer versicherten Arbeitstätigkeit kann die Hinwendung zu einer dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Verrichtung zur Folge haben, daß ein Unfall während dieser Verrichtung nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, weil die versicherte Tätigkeit keine rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls ist (vgl. RVO MitgKom . Band III 2. Aufl., S. 60 ff, Anm. 4 I D 3 zu § 544). Dabei kann insbesondere von Bedeutung sein, daß die Betätigung des Verletzten im Zeitpunkt des Unfalls mit der versicherten Tätigkeit nicht mehr im örtlichen Zusammenhang stand.

Ebenso wie bei dem Zurücklegen eines versicherten Weges nach und von der Arbeitsstätte (§§ 543 aF, 550 nF RVO) hat auch bei einem der Ausführung der versicherten Tätigkeit dienenden Weg das Einschieben einer dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Tätigkeit nicht in jedem Fall zur Folge, daß während dieser Einschiebung der Versicherungsschutz unterbrochen ist. Eine solche Unterbrechungswirkung hat eine derartige Einschiebung vielmehr nur, wenn sie nach ihrer Art und ihrer Bedeutung für das Zustandekommen des Unfalls so wesentlich ist, daß die ursächlichen Beziehungen zur versicherten Tätigkeit als rechtlich unwesentlich in den Hintergrund treten. Der erkennende Senat stimmt mit dem LSG darüber überein, daß diese Voraussetzung für eine Verneinung des Versicherungsschutzes im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Die Schaltstellen, die der Kläger am Unfalltage bedienen mußte, befanden sich auf verschiedenen Seiten der Hauptstraße, so daß der Kläger gezwungen war, diese mehrfach zu überqueren. Die Schaltstelle, die als nächste bedient werden mußte, war allerdings auf der Seite, auf der sich der Kläger vor dem Unfall in Richtung auf diese Schaltstelle fortbewegt hatte. Der Kläger befand sich aber bei dem beabsichtigten Überqueren der Hauptstraße noch in dem Bereich, in dem er seine Arbeitstätigkeit verrichten mußte, und selbst wenn er sich aus Gründen, die mit dieser Tätigkeit nicht in unmittelbarem Zusammenhang gestanden haben, zum Übergang auf die andere Straßenseite entschlossen haben sollte, ergibt sich nach den Feststellungen des LSG kein Anhalt dafür, daß der Kläger den Bereich der Arbeitstätigkeit verlassen, die Arbeitstätigkeit für längere Zeit unterbrechen und etwa zu einer unversicherten Betätigung übergehen wollte. Der Unfall beruht auch auf einer Gefahr, die ihrer Art nach mit der Arbeitstätigkeit auf den beiden Seiten der Hauptstraße verbunden war. Unter diesen Umständen ist der durch die Arbeit notwendige Aufenthalt des Klägers im Bereich der Hauptstraße auch dann noch eine rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls, wenn der Kläger für kurze Zeit auf der anderen Straßenseite einen durch die Arbeit nicht bedingten Zweck verfolgt haben sollte. Das SG hat somit den Beklagten mit Recht verurteilt, dem Kläger für die Folgen des Unfalls Entschädigung zu gewähren. Das LSG hat die Berufung des Beklagten mit Recht zurückgewiesen.

Die Revision ist unbegründet und ist nach § 170 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379967

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