Leitsatz (amtlich)

1. SGG § 146 ist auf Übergangsgeld iS des AVG § 17 (= RVO § 1240) idF des RehaAnglG nicht mehr entsprechend anwendbar; ist solches Übergangsgeld für vergangene Zeiten streitig, wird die Berufung nicht durch SGG § 146 ausgeschlossen (Abgrenzung zu BSG 1963-09-27 12/3 RJ 64/61 = SozR Nr 11 zu § 146 SGG).

2. Bei einer der Maßnahme vorangehenden Arbeitsunfähigkeit ist das Übergangsgeld nach AVG § 18 Abs 2 (= RVO § 1241 Abs 2) aus den bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, sofern dies für den Betreuten günstiger ist, bis zum Beginn der Maßnahme für die letzten 12 Kalendermonate entrichteten Beiträgen zu berechnen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Beiträge, die vor Beginn einer Maßnahme entrichtet wurden, sind bei der Berechnung des Übergangsgeldes auch dann zu berücksichtigen, wenn deren Einzahlung erst nach dem Eintritt der AU erfolgt war.

 

Normenkette

SGG § 146 Fassung: 1958-06-25; AVG § 17 S. 1 Fassung: 1974-08-07, § 18 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1240 S. 1 Fassung: 1974-08-07, § 1241 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 14.04.1977; Aktenzeichen L 5 A 93/76)

SG Koblenz (Entscheidung vom 12.11.1976; Aktenzeichen S 6 A 129/76 Ko)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. April 1977 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 12. November 1976 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 1975 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 20. Oktober 1975 bis zum 28. April 1976 ein höheres Übergangsgeld unter Berücksichtigung der am 3. Oktober 1975 eingezahlten Beiträge zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe eines Übergangsgeldes.

Der Kläger ist selbständiger Kaufmann und bei der Beklagten freiwillig versichert. Am 2. Oktober 1975 ergab eine ärztliche Nachuntersuchung, daß er wieder an Lungentuberkulose arbeitsunfähig erkrankt war. Er unterzog sich deshalb einem Heilverfahren vom 20. Oktober 1975 bis zum 28. April 1976. Das für diese Zeit gewährte Übergangsgeld berechnete die Beklagte aus den Versicherungsbeiträgen, die der Kläger bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum der vorangegangenen 12 Kalendermonate entrichtet hatte. Die am 3. Oktober 1975 für Januar bis September 1975 eingezahlten Beiträge ließ sie unberücksichtigt (Bescheid vom 23. Dezember 1975, Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1976).

Die auf zusätzliche Berücksichtigung dieser Beiträge abzielende Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. In dem Urteil vom 12. November 1976 lautet der erste Satz der Rechtsmittelbelehrung: "Die Berufung ist gemäß § 150 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, zulässig." Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 14. April 1977). In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Berufung betreffe nur Übergangsgeld für einen bereits abgelaufenen Zeitraum; sie sei deshalb an sich nach § 146 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, da Rente im Sinne dieser Vorschrift auch das Übergangsgeld sei. Das SG habe jedoch die Berufung zugelassen. Die Berufung könne indessen in der Sache keinen Erfolg haben. Nach § 18 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) richte sich das Übergangsgeld nach "den Beiträgen in den 12 Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahme (Bemessungszeitraum)". Das Gesetz stelle dabei nicht wahlweise auf den einen oder anderen Zeitpunkt, sondern in einem Fall wie dem vorliegenden ausschließlich auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit ab. Ebenso sei nach § 18 Abs 1 AVG iVm § 182 Abs 4 und 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die versicherungspflichtig Beschäftigten bei einer der Heilmaßnahme vorausgehenden Arbeitsunfähigkeit das vor der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitsentgelt maßgebend. Das entspreche dem Grundsatz, daß ein versicherungspflichtiger Tatbestand nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht geändert werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Der Kläger meint, nach § 18 Abs 2 AVG seien alle vor der Heilmaßnahme entrichteten Beiträge zu berücksichtigen. Mit der Formulierung "... vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahme" regele der Gesetzgeber nicht zwei vom Tatbestand her zu unterscheidende Alternativen; er verpflichte vielmehr die Beklagte, jeweils die für den Betreuten günstigste Berechnung zu wählen.

Der Kläger beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit des Heilverfahrens unter Berücksichtigung auch der am 3. Oktober 1975 eingezahlten Beiträge ein höheres Übergangsgeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Beide Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet.

Der Senat stimmt dem LSG zunächst im Ergebnis darin zu, daß die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zulässig war. Dazu bedarf es aber nicht der Prüfung, ob das SG die Berufung gem. § 150 Nr 1 SGG wirksam zugelassen hat. Denn die Berufung war bereits nach § 143 SGG statthaft; sie war nach keiner der folgenden Vorschriften, insbesondere nicht nach § 146 SGG ausgeschlossen.

Nach § 146 SGG ist in Angelegenheiten der Rentenversicherungen die Berufung ua nicht zulässig, soweit sie nur Rente für bereits abgelaufene Zeiträume betrifft. Diese Vorschrift ist, wenn eine Berufung nur Übergangsgeld für bereits abgelaufene Zeiträume betraf, bisher entsprechend angewandt worden. In dem Urteil vom 27. September 1963 (SozR Nr 11 zu § 146 SGG) hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hierfür geltend gemacht, der Ausnahmecharakter der §§ 144 bis 149 SGG schließe eine ausdehnende Auslegung nicht unbedingt aus; das Übergangsgeld habe einen rentenähnlichen Charakter und trete in weitem Umfang sogar an die Stelle der Rente; vor allem spreche der Wille des Gesetzgebers, den Rechtszug bei weniger bedeutenden Streitgegenständen zu beschränken, für den Ausschluß der Berufung auch in solchen Fällen. Dem hat sich der 4. Senat des BSG im Beschluß vom 9. Januar 1969 (SozR Nr 48 zu § 150 SGG) angeschlossen.

Die Begründung dieser Rechtsprechung war von Anfang an Zweifeln ausgesetzt. Andere Senate des BSG haben es abgelehnt, die Ausschlußvorschriften der §§ 145, 146 SGG entsprechend anzuwenden, wenn Leistungen für vergangene Zeit streitig sind, die diese Paragraphen nicht ausdrücklich anführen (so der 6. Senat in SozR Nr 27 zu § 144 SGG für kassenärztliche Altersunterstützungen, der 3. Senat in BSGE 26, 73, 74 für Beitragszuschüsse aus der Rentenversicherung, und der 2. Senat in BSGE 27, 188 für das Verletztengeld nach § 560 RVO, heute als Übergangsgeld bezeichnet). Nach Auffassung dieser Senate läßt der Ausnahmecharakter der Vorschriften selbst nach der Meinung, die nicht von vornherein die ausdehnende Auslegung von Ausnahmevorschriften ablehnt, eine entsprechende Anwendung auf ersichtlich nicht erfaßte Tatbestände nicht zu; insoweit liege auch keine Gesetzeslücke vor. Fraglich mußte ferner der in SozR 11 zu § 146 SGG ohne Begründung angenommene "rentenähnliche Charakter" des Übergangsgeldes erscheinen, nachdem der 12. Senat in einer späteren Entscheidung vom 13. Oktober 1967 (SozR Nr 7 zu § 1241 RVO) erklärt und dargelegt hatte, daß es sich bei der Rente und dem Übergangsgeld "um zwei von einander verschiedene, nicht vergleichbare Rechtsinstitute" handele.

Der erkennende Senat kann jedoch offen lassen, ob früher die entsprechende Anwendung von § 146 SGG beim Streit um Übergangsgeld für vergangene Zeiten in der Rentenversicherung gerechtfertigt war. Nach dem Inkrafttreten des Rehabilitationsangleichungsgesetzes (RehaAnglGes) vom 7. August 1974 (BGBl I S. 1881) läßt sich die bisherige Rechtsprechung für die nach diesem Gesetz in Betracht kommenden Übergangsgelder jedenfalls nicht mehr fortführen.

Das RehaAnglGes hat Übergangsgelder als ergänzende Leistungen bei medizinischen oder berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahmen in mehreren Bereichen des Sozialrechts eingeführt; das Übergangsgeld ist nicht mehr eine spezielle Leistung der Rentenversicherung. Das Übergangsgeld ist dabei nach seinen Voraussetzungen und seiner Berechnung möglichst einheitlich ausgerichtet worden; die Berechnung ist der des Krankengeldes angeglichen, das im Grunde ebenfalls als Übergangsgeld verstanden wird (§ 13 Abs 1 Satz 3 RehaAnglGes). Dieses Übergangsgeld kann nicht als rentenähnlich bezeichnet werden. Die Voraussetzungen und die Berechnung sind von denen einer Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich verschieden, auch der Zweck der Leistung ist ein anderer; wie schon durch die Bezeichnung hervorgehoben, kommt ihm allein Übergangscharakter zu; es soll das während der Rehabilitationsmaßnahme ausfallende Arbeitseinkommen ersetzen.

Hiernach ist aber nicht mehr zureichend zu begründen, weshalb bei Streit um Übergangsgeld für eine vergangene Zeit in der Rentenversicherung die Berufung weiterhin ausgeschlossen sein soll. Eine einheitliche Behandlung der Übergangsleistungen läßt sich dadurch nicht erzielen. Zwar käme eine entsprechende Anwendung einer Berufungsausschlußvorschrift (§ 145 Nr 2 SGG) noch in der Unfallversicherung in Frage; dort war sie aber für das Übergangsgeld nach § 560 RVO, als es noch als Verletztengeld bezeichnet war, abgelehnt worden. Auch mag in der Kriegsopferversorgung die Berufung wegen des weitergehenden Wortlauts des § 148 Nr 2 SGG - "Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume" - ausgeschlossen sein. Andererseits gibt der Gesetzestext jedoch für Übergangsgelder nach dem Arbeitsförderungsgesetz und für das Krankengeld in der Krankenversicherung keine Handhabe, die Berufung beim Streit für vergangene Zeit auszuschließen. Unter diesen Umständen muß wieder der Grundsatz zum Durchbruch kommen, daß § 146 SGG als Ausnahmevorschrift die entsprechende Anwendung auf davon nicht erfaßte Tatbestände nicht gestattet. Ob dies auch dann gilt, wenn das Übergangsgeld in der Rentenversicherung an die Stelle einer Rente tritt (§ 18 d Abs 1 Satz 2 AVG), braucht hier nicht entschieden zu werden.

Mit dieser Entscheidung weicht der 11. Senat nicht von den genannten Entscheidungen des 12. und des 4. Senates ab, weil es sich dort um Übergangsgelder aus der Zeit vor dem RehaAnglGes handelt.

In der Sache kann der Senat dem LSG dagegen nicht folgen. Bei der Berechnung des Übergangsgeldes sind auch die vom Kläger am 3. Oktober 1975 für die Monate Januar bis September 1975 entrichteten Beiträge zu berücksichtigen.

Die Beklagte und die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß das Übergangsgeld des Klägers nach § 18 Abs 2 AVG zu berechnen ist. Diese Vorschrift gilt ua für einen Betreuten, der "als freiwillig Versicherter ... vor Beginn der Maßnahme ... Arbeitseinkommen erzielt und Beiträge entrichtet hat". Nach dem Gesamtinhalt seines Urteils hat das LSG diese Voraussetzungen für erfüllt erachtet.

Damit steht dem Kläger als Übergangsgeld der 450. Teil des Betrages zu, der sich aus den Beiträgen in den letzten 12 Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahme (Bemessungszeitraum) ergibt. Käme es hier, wie die Beklagte meint, allein auf die Beiträge in den letzten 12 Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (2. Oktober 1975) an, dann müßten die am 3. Oktober 1975 entrichteten Beiträge unberücksichtigt bleiben, weil sie erst nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entrichtet sind (vgl SozR Nr 29 zu § 1241 RVO); ihre Bestimmung für neun der letzten 12 Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ist insofern unerheblich. Anders verhält es sich dagegen, wenn auf den Beginn der Maßnahme abzustellen ist; dann sind zwar die Beiträge nicht in den letzten 12 Kalendermonaten vor Beginn der Maßnahme, dh in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis 30. September 1975 entrichtet worden; die Entrichtung ist aber immerhin noch, was bei sinnvoller Auslegung des § 18 Abs 2 AVG genügen muß, vor dem Beginn der Maßnahme erfolgt. Der Kläger kann daher die Berücksichtigung der am 3. Oktober 1975 entrichteten Beiträge bei der Berechnung des Übergangsgeldes nur verlangen, wenn in seinem Falle bei der Anwendung des § 18 Abs 2 AVG nicht auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern auf den Beginn der Maßnahme (des Heilverfahrens) abzustellen ist.

Zur Klärung dieser Frage ist der Gesetzeswortlaut wenig dienlich. Klarheit besteht danach nur für den Fall, daß der Maßnahme keine Arbeitsunfähigkeit vorangeht; dann kann selbstverständlich nur der Beginn der Maßnahme maßgebend sein. Ist der Betreute dagegen zuvor schon arbeitsunfähig gewesen, dann stellt der Gesetzeswortlaut den Beginn der Arbeitsunfähigkeit und den Beginn der Maßnahme durch die Verbindung mit dem Wort "oder" gleichwertig nebeneinander; das Gesetz bringt dabei nicht zum Ausdruck, daß es auf den Beginn der Maßnahme allein dann ankäme, wenn keine Arbeitsunfähigkeit vorangegangen ist.

Auch der Blick auf die vorangehenden Vorschriften in § 17 und § 18 Abs 1 AVG hilft nicht weiter. § 17 ist nicht vergleichbar; die Vorschrift gewährt dem Grunde nach Übergangsgeld aufgrund zweier Alternativen; auf deren Verhältnis zueinander kommt es dort nicht an, weil die Rechtsfolge bei beiden dieselbe ist. Im übrigen handelt es sich in § 17 um Arbeitsunfähigkeit während und nicht wie hier um Arbeitsunfähigkeit vor der Maßnahme. Dagegen kann auch in § 18 Abs 1 die Konkurrenzfrage eine Rolle spielen. Geht dort keine Arbeitsunfähigkeit voraus, dann kann es bei Heranziehung des § 182 Abs 4 und 5 RVO nur auf den Beginn der Maßnahme ankommen; im anderen Falle stellt sich die Frage, von welchem Zeitpunkt (Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder Beginn der Maßnahme) der letzte abgerechnete Lohnabrechnungszeitraum zu ermitteln ist. Auch darauf gibt das Gesetz in § 18 Abs 1 AVG keine klare Aussage.

Weiterführen kann danach allein die Antwort auf die Frage, warum das Gesetz die Höhe eines während der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen gewährten Übergangsgeldes nicht stets nach den Verhältnissen vor Beginn der Maßnahme, sondern gegebenenfalls nach den Verhältnissen vor dem Beginn einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit bestimmt. Dies erklärt sich damit, daß diese Arbeitsunfähigkeit in der Regel mit der die Rehabilitationsmaßnahme auslösenden Behinderung zusammenhängt und daß während einer Arbeitsunfähigkeit in der Regel keine oder nur geringere Verdienste mehr erzielt werden. Dies soll dem Betreuten jedoch nicht zum Nachteil gereichen. Deshalb erscheint es durchaus sinnvoll, in solchen Fällen auf die Verhältnisse vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit abzustellen.

Diese Regel muß jedoch nicht zwangsläufig zu einem Prinzip erhoben werden, das keine Ausnahme duldet. Es kann auch Fälle geben, in denen es für einen Betreuten günstiger ist, die Verhältnisse vor dem Beginn der Maßnahmen heranzuziehen. Gerade auf den in § 18 Abs 2 AVG erfaßten Personenkreis kann dies zutreffen. Es ist durchaus nicht unüblich, daß ein freiwillig Versicherter oder ein pflichtversicherter Selbständiger noch nach Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit Arbeitseinkommen erzielt und daraus Beiträge entrichten kann.

Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber unter solchen Umständen dennoch hätte bestimmen können, daß im Falle einer der Maßnahme vorangehenden Arbeitsunfähigkeit stets der Beginn der Arbeitsunfähigkeit maßgebend ist. Eine solche Regelung hat er jedenfalls nicht in einer hinreichend erkennbaren Weise getroffen. Der Gesetzeswortlaut läßt auch die Deutung zu, daß dann sowohl der Beginn der Arbeitsunfähigkeit als auch der Beginn der Maßnahme maßgebend sein kann. Da dies, wie dargetan, sinnvoll erscheint, gibt der Senat dieser Gesetzesauslegung den Vorzug.

Dabei bereitet es keine Schwierigkeit, daß der Gesetzgeber keinen Hinweis auf den Vorrang des für den Betreuten im Einzelfall günstigeren Zeitpunkts gegeben hat. Diese Folgerung ergibt sich schon aus dem dargelegten Sinn und Zweck der Heranziehung der beiden Zeitpunkte; davon abgesehen ist die Rechtslage insoweit mit dem im bürgerlichen Recht häufigen Fall zu vergleichen, daß mehrere Anspruchsgrundlagen nebeneinander gegeben sind; der Anspruchsinhaber kann dann die ihm günstigste wählen. Übertragen auf den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Übergangsgeld ist das dahin zu erweitern, daß der Versicherungsträger verpflichtet ist, die Höhe des Übergangsgeldes nach dem für den Betreuten günstigsten Zeitpunkt zu berechnen. Im vorliegenden Fall ist das der Beginn der Maßnahme.

Die somit gegebene Möglichkeit, bis zum Beginn der Maßnahme mit Auswirkung auf das Übergangsgeld Beiträge nachzuentrichten, verstößt nicht gegen einen Grundsatz, der es verbietet, nach Eintritt eines Versicherungsfalles die versicherungsrechtlich erheblichen Umstände noch zu ändern. Im übrigen kann auch ein nicht arbeitsunfähiger Betreuter die Höhe eines Übergangsgeldes durch Beiträge beeinflussen, die er noch vor dem Beginn der Maßnahme, wenn auch erst nach einem Antrag auf Durchführung dieser Maßnahme und einem darauf erhaltenen Bescheid, für die 12 Monate vor Beginn der Maßnahme nachentrichtet. Das muß ebensowenig wie im vorliegenden Falle die Beitragsnachentrichtung am 3. Oktober 1975 als Manipulation verstanden werden.

Unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile war daher der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 167

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