Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendung des WGSVG § 14 Abs 2 auf Verfolgte des Nationalsozialismus, die sich - im Hinblick auf eine vorgesehene Auswanderung - in einer sogenannten jüdischen Ausbildungswerkstätte handwerkliche Fähigkeiten aneignen sollten.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Betrag von 3 RM zusammen mit freier Unterkunft und Verpflegung ist nicht zu niedrig, um als Arbeitsentgelt gewertet zu werden.

 

Normenkette

WGSVG § 14 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1970-12-22; RVO § 160

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 1974 wird aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Der im Jahre 1922 geborene Kläger ist Jude; für ihn sind zu keiner Zeit Beiträge zu einer deutschen Rentenversicherung entrichtet worden.

Im Januar 1972 beantragte er bei der beklagten Landesversicherungsanstalt, die Zeit von Juni 1937 bis November 1938 als Beitragszeit und die anschließende Zeit bis 31. Dezember 1949 als Ersatzzeit anzuerkennen und in wiederherzustellenden Versicherungsunterlagen auszuweisen. Zur Begründung trug er vor, er sei von April 1937 bis November 1938 in der jüdischen Anlernwerkstatt in F tätig gewesen, um sich in Anbetracht seiner beabsichtigten Auswanderung Kenntnisse als Mechaniker anzueignen. Er habe in einem Heim für jüdische Jugendliche in F gewohnt, wo er freie Kost und Logis sowie ein Taschengeld von 3,- RM pro Woche erhalten habe. Im Januar 1939 sei er nach Amerika emigriert. Dort hält er sich auch heute noch auf.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheide vom 28. Juni 1972 und vom 22. Mai 1973).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 20. Dezember 1973 abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 17. Oktober 1974). Das LSG hat ausgeführt, die Wiederherstellung von Versicherungsunterlagen könne weder nach § 1413 Reichsversicherungsordnung (RVO) noch nach den §§ 1, 10 der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO) erfolgen, da eine Beitragsentrichtung für den Kläger nicht nachgewiesen und auch nicht glaubhaft gemacht sei. Gemäß § 1226 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 RVO in der zur damaligen Zeit geltenden alten Fassung (a. F.) seien in den Jahren 1937/1938 nur die gegen Entgelt beschäftigten Lehrlinge versicherungspflichtig gewesen. Zu diesem Personenkreis habe der Kläger jedoch nicht gezählt, denn er sei in der Anlernwerkstatt unentgeltlich tätig gewesen. Das ihm gezahlte Taschengeld von 3,- RM pro Woche liege unter einem Drittel des für einen Lehrling in den Jahren 1937/1938 in F ortsüblichen Tageslohnes; als lediglich geringfügige Zuwendung sei es daher nicht als Entgelt im Sinne des § 1226 RVO aF anzusehen. Im übrigen handele es sich bei der Beschäftigung des Klägers in der Anlernwerkstatt um eine Ausbildungszeit bei einer sog. Umschichtungsstelle, die im allgemeinen nur als Ersatzzeit gewertet werden könne. Mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung komme dem Kläger auch die Beitragsfiktion des § 14 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung vom 22. Dezember 1970 (WGSVG - BGBl I 1846 -) nicht zugute. Da Beitragszeiten nicht vorhanden seien, scheide eine Anrechnung von Ersatzzeiten aus.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision. Er rügt die Verletzung des § 14 Abs. 2 WGSVG. Sinn und Zweck des WGSVG sei es, die durch die Verfolgung erlittenen Nachteile in der Sozialversicherung auszugleichen. Daher sei § 14 Abs. 2 WGSVG auch auf die Zeiten der Ausbildung und beruflichen Vorbereitung schulentlassener jüdischer Jugendlicher anzuwenden, ohne daß es auf die Höhe ihrer Vergütung im Einzelfalle ankomme. Maßgebend sei allein, daß die jüdischen Jugendlichen ohne Verfolgung nicht auf die Ausbildung in jüdischen Organisationen angewiesen gewesen wären, sondern die Möglichkeit gehabt hätten, sich durch entsprechende Ausbildungsverhältnisse den Zugang zur Rentenversicherung zu eröffnen.

Der Kläger beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit von Juni 1937 bis November 1938 als Beitragszeit und die anschließende Zeit bis 31. Dezember 1949 als Ersatzzeit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Frage nach der Höhe der Barzuwendung des Klägers nicht für entscheidend, da die Zuwendung nicht als Entgelt, sondern als Teil des Unterhalts anzusehen sei. Dieser sei durch Zahlung der Unterhaltsverpflichteten oder aus öffentlichen jüdischen Mitteln finanziert worden. Eine Anwendung des § 14 Abs. 2 WGSVG auch auf die Fälle, in denen die Aufnahme einer nichtversicherten Beschäftigung auf Verfolgungsgründen beruhe, widerspreche dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 WGSVG. Sie hätte zur Folge, daß letztlich auch die Personen von § 14 Abs. 2 WGSVG erfaßt würden, die aus Verfolgungsgründen überhaupt keine Beschäftigung ausgeübt hätten.

Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG. Das LSG hat keine Feststellungen getroffen, die eine abschließende Entscheidung darüber erlauben, ob die Zeit von Juni 1937 bis November 1938 als Beitragszeit und die anschließende Zeit bis 31. Dezember 1949 als Ersatzzeit zu werten ist. Nach der Rechtsansicht des LSG kam eine Versicherungspflicht des Klägers bereits nach seinen eigenen Angaben über die Höhe seiner wöchentlichen Barvergütung - selbst wenn ihr Entgeltcharakter beigemessen würde - nicht in Betracht, so daß sich eine Aufklärung des Sachverhalts erübrigte. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden.

Da Beiträge für den Kläger nicht entrichtet worden sind, hängt die Entscheidung davon ab, ob § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG anzuwenden ist. Dort heißt es: "Hat der Verfolgte eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt und sind aus Verfolgungsgründen für die Beschäftigung oder Tätigkeit keine Beiträge entrichtet worden, so gelten für diese Zeiten Beiträge als entrichtet". Grundsätzlich war in der damaligen Zeit die Versicherungspflicht für jüdische Beschäftigte nicht aufgehoben. Noch im Jahre 1941 bestimmte § 20 der Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Beschäftigung von Juden vom 31. Dezember 1941 (RGBl I 681): "Für jüdische Beschäftigte gelten bis zum Erlaß besonderer Bestimmungen die Vorschriften der RVO (einschließlich Beitragspflicht zum Reichsstock für Arbeitseinsatz) zunächst weiter".

Die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG setzt nicht voraus, daß der Kläger ohne die Fiktion der Beitragsleistung bereits einer gesetzlichen Rentenversicherung angehört hat. Das ergibt sich zwar nicht schon ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes. Das Bundessozialgericht (BSG) hat jedoch - vor allem aus Billigkeitsgründen - entschieden, daß auch diejenigen Verfolgten erfaßt werden, die "erstmalig" eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben (SozR 5070 § 14 WGSVG Nr. 1 S. 2). Dies scheint auch der Absicht des Gesetzgebers zu entsprechen (vgl. BT-Drucks. VI/715 zu den §§ 10 bis 13 S. 11). Der erkennende Senat, der diese Frage in einer früheren Entscheidung offengelassen hat (BSG 38, 245 f), sieht keinen Anlaß, von der vorbezeichneten Rechtsprechung des BSG abzuweichen.

Entgegen der Ansicht des LSG scheidet die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG auch nicht schon deshalb aus, weil die Barzuwendungen des Klägers (3,- RM) - die Richtigkeit seines Vorbringens unterstellt - zu gering gewesen wären, um seine Versicherungspflicht zu begründen.

Nach § 1226 Abs. 1 Nr. 4 RVO aF unterlagen Lehrlinge grundsätzlich der Versicherungspflicht. Voraussetzung war jedoch, daß sie gegen Entgelt beschäftigt waren (§ 1226 Abs. 2, § 160 RVO aF). Für eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, bestand dabei allerdings ebenso Versicherungsfreiheit (§ 1227 RVO aF) wie für eine Beschäftigung gegen eine nur geringfügige Vergütung, der die Eigenschaft als Entgelt abgesprochen wurde (vgl. Reichsversicherungsamt - RVA -, Anleitung über den Kreis der nach der RVO gegen Invalidität und gegen Krankheit versicherten Personen vom 26. April 1912 unter Nr. 20 b in AN 1912, 721, 742).

Als geringfügig in diesem Sinne hat das RVA zunächst eine Barvergütung angesehen, die neben freiem Unterhalt gewährt wurde und die ein Drittel des ortsüblichen Tageslohnes nicht überstieg (EuM 21, 86, 87; 26, 507, 508). Mit den Richtlinien vom 1. März 1932 (abgedruckt in Amtl. Mitt. LVA R 1971, 314) stellte der ständige Ausschuß des Reichsverbandes deutscher LVAen in Übereinstimmung mit der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände und des Reichsverbandes des deutschen Handwerks feste Vergütungsgrenzen für die Beurteilung der Versicherungspflicht der Lehrlinge auf. Danach war ein Lehrling, der nur freien Unterhalt als Lohn erhielt, gemäß § 1227 RVO aF versicherungsfrei (Nr. 1). Ein Lehrling, der nur eine Barvergütung für seine Arbeitsleistung erhielt, unterlag der Invalidenversicherung gemäß § 1226 RVO aF, wenn seine Barvergütung ein Drittel des jeweiligen Ortslohnes überschritt (Nr. 2). Ein Lehrling, der neben freiem Unterhalt eine Barvergütung erhielt, unterlag der Invalidenversicherung, wenn die Barvergütung ein Sechstel des jeweiligen Ortslohnes überschritt (Nr. 3). Das RVA hat daraufhin seine Rechtsprechung geändert und entschieden, daß bei Lehrlingen mit Barvergütung und freier Unterkunft und Verpflegung der Barbetrag, dessen Überschreitung die Versicherungspflicht zur Folge habe, auch unter einem Drittel des ortsüblichen Lohnes liegen könne. Einen bestimmten Grenzbetrag hat das RVA jedoch nicht festgesetzt, sondern betont, daß die Bewertung der Sachbezüge im einzelnen Fall maßgebend sein solle (AN 1933, S. IV 197 f).

Nach diesen Kriterien kann die einem Lehrling in F neben freier Unterkunft und Verpflegung gewährte Vergütung von 3,- RM wöchentlich in den Jahren 1937/1938 - entgegen der Ansicht des LSG - Entgelt im rentenversicherungsrechtlichen Sinne darstellen. Nach § 149 Abs. 1 RVO aF galt als Ortslohn das ortsübliche Tagesentgelt gewöhnlicher Tagarbeiter. Für den Kläger maßgebend ist der Ortslohn für die männlichen Versicherten von vierzehn bis sechzehn Jahren. Dieser Ortslohn galt generell für Lehrlinge (vgl. § 150 Abs. 2 RVO aF). Er betrug im Jahre 1933 in F 2,- RM und blieb bis Kriegsende unverändert (vgl. Klapdor in Amtl. Mitt. LVA R 1961, 118, 119 und 124 unter Nr. 14).

Eine Barvergütung von 3,- RM wöchentlich lag danach über einem Sechstel des für die Woche berechneten Ortslohnes (wöchentlicher Ortslohn: 12,- RM). Nicht nur nach den Richtlinien vom 1. März 1932 kommt ihr Entgeltcharakter zu, sondern auch nach der Rechtsprechung des RVA. Es kann ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen werden, daß die Bewertung von freier Unterkunft und Verpflegung für einen in den Jahren 1937/1938 in Frankfurt am Main wohnenden männlichen Lehrling mit mehr als 1,- RM pro Woche nicht zu hoch angesetzt ist. Die Sachbezüge zusammen mit der Barvergütung überschreiten in diesem Falle ein Drittel des Ortslohnes und könnten als Entgelt gewertet werden.

Daraus folgt aber noch nicht, daß der Anspruch des Klägers begründet ist. Das LSG hat weder geklärt, ob der Kläger Verfolgter im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG ist, noch enthält das Urteil Feststellungen, die eine Beantwortung der Frage zulassen, ob - gegebenenfalls für welche Zeit - zwischen dem Kläger und der sog. Anlernwerkstatt ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG bestand. Bei seinen Ermittlungen wird das LSG zu beachten haben, daß sich der Begriff der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG nicht von dem entsprechenden Begriff in der RVO unterscheidet. Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 1974 ausgeführt (BSG 38, 245, 247). Daran wird nach erneuter Prüfung festgehalten. Das LSG wird daher zu klären haben, wie sich die Beziehung des Klägers zu der sog. Anlernwerkstatt bzw. zu den in Betracht kommenden Organisationen im einzelnen darstellte. Es könnte sich um ein Lehr- oder Anlernverhältnis - etwa im Sinne der Gewerbeordnung und der Handwerksbestimmungen - gehandelt haben oder aber um ein Arbeitsverhältnis, das in erster Linie auf Leistung von Arbeit von wirtschaftlichem Wert gerichtet war und das lediglich als Nebenzweck die Ausbildung des Klägers verfolgte. Schließlich könnte ein fachschulähnliches Verhältnis in Betracht kommen, dessen ausschließlicher Inhalt in der schulischen Ausbildung des Klägers, wenn auch mit praktischen Übungen, bestand (vgl. für eine spätere Zeit § 6 der 10. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 4. Juli 1939 - RGBl I 1097 -).

Liegt ein Lehr- oder Arbeitsverhältnis vor, so wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Kläger für seine Tätigkeit ein Entgelt gezahlt wurde, denn nur das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis begründet eine Versicherungspflicht (vgl. BSG 38, 245, 246 f). Entscheidend ist, ob er aus dem Beschäftigungsverhältnis als Gegenleistung des Arbeitgebers freie Kost und Wohnung und eine finanzielle Zuwendung erhalten hat. Es ist nicht auszuschließen, daß die Gewährung von freier Kost und Unterkunft und von Taschengeld aufgrund eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Träger des Wohnheimes und den Eltern bzw. Verwandten des Klägers erfolgte, etwa in der Weise, daß diese dem Heim für die Versorgung des Jugendlichen die erforderlichen Geldbeträge zur Verfügung stellten.

Zur Klärung dieser Fragen wird das LSG die historischen Unterlagen, Berichte und Gutachten über die Lage der jüdischen Jugendlichen in der hier maßgeblichen Zeit heranzuziehen haben (vgl. hierzu Schmidinger in SozVers 1976, 69, 70). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß sich die Lage der schulentlassenen jüdischen Jugendlichen von der der erwachsenen stellungslosen Juden, den sog. Umschichtern, unterschied und der Kläger wohl nicht - wie das LSG angenommen hat - der Gruppe der sog. Umschichter zuzurechnen ist.

Außerdem werden Ermittlungen darüber anzustellen sein, wie sich die Verhältnisse des Klägers im konkreten Fall dargestellt haben. Das LSG wird die Anhörung des Klägers vor einem deutschen Konsulat in Erwägung zu ziehen haben, um von ihm zu erfahren, wie seine Tätigkeit in der sog. Anlernwerkstatt im einzelnen gestaltet war. Hierbei kann insbesondere von Bedeutung sein, ob und von wem er ausgebildet wurde, in welchem Verhältnis die praktische zur theoretischen Ausbildung stand, ob Arbeit von wirtschaftlichem Wert geleistet und wie sie verwertet wurde (Verkauf, Anfertigung für Auftraggeber ?). Schließlich bleibt zu klären, ob Verwandte des Klägers Zahlungen für seine Ausbildung und seinen Unterhalt leisteten, an wen sie erfolgten und in welcher Höhe.

Sollten die Ermittlungen ergeben, daß der Kläger in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, so wird das LSG darüber zu entscheiden haben, ob aus Verfolgungsgründen keine Beiträge entrichtet wurden. Eine verfolgungsbedingte Unterlassung der Beitragsentrichtung liegt in der Regel dann vor, wenn die Beitragsleistung wegen individueller und konkreter Verfolgungsmaßnahmen gegen den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer unterblieben ist (so BSG in SozR 5070 § 14 WGSVG Nr. 1 S. 2). Der Senat ist der Auffassung, daß § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG nach seinem Sinn und Zweck auch in den Fällen eingreifen muß, in denen eine Beschäftigung aus Verfolgungsgründen mangels anderer Möglichkeiten bei einem Arbeitgeber aufgenommen wurde, der grundsätzlich für die bei ihm tätigen Personen keine Beträge entrichtete, selbst wenn hierdurch eine bestimmte Gruppe von Verfolgten berührt wird.

Falls die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 WGSVG erfüllt sein sollten, wird auch über die Anwendung des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO zu befinden sein (vgl. auch § 1251 Abs. 2 RVO).

Schließlich wird das LSG klären müssen, welche Klageart dem Rechtsstreit zugrunde liegt. Nach dem bisherigen Klagevortrag neigt der Senat dazu, die Klage als Anfechtungs- und Feststellungsklage anzusehen. Eventuell bestehende Zweifel mag das LSG durch Befragung des Klägers ausräumen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647628

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