Leitsatz (amtlich)

Für den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Anschluß an die Beschäftigung in einer nach §§ 91 bis 96 AFG geförderten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme kann nicht auf das höhere Bemessungsentgelt für davor bezogene Leistungen zurückgegriffen werden (§ 112 Abs 5 Nr 4 S 1 AFG), wenn dieses seinerseits auf einem Bemessungsstichtag iS von § 112 Abs 5 Nr 4 S 2 AFG beruht, der länger als drei Jahre zurückliegt.

 

Normenkette

AFG § 112 Abs 5 Nr 4 S 1, § 112 Abs 5 Nr 4 S 2, § 112a Abs 1 S 2, § 112a Abs 1 S 3, §§ 91, § 91ff

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 14.11.1986; Aktenzeichen L 1 Ar 98/85)

SG Lübeck (Entscheidung vom 16.07.1985; Aktenzeichen S 7 Ar 407/84)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes (Alg) und der Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Der 1940 geborene ledige und kinderlose Kläger ist am 30. Juni 1976 nach einer Ausbildung zum Bundesbahninspektor aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ausgeschieden. Am 5. November 1976 meldete er sich arbeitslos und beantragte Alhi. Die Beklagte bewilligte ihm diese Leistung ab Antragstellung und legte ein wöchentliches Arbeitsentgelt von 500,-- DM zugrunde. Sie ging dabei gemäß § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) von dem Arbeitsentgelt eines Verwaltungsangestellten (Vergütungsgruppe Vb BAT) aus. Den Dynamisierungsstichtag setzte sie auf den 4. November 1976 fest. Vom 11. Mai bis 10. November 1978 nahm der Kläger an einer beruflichen Bildungsmaßnahme (Übungsfirma) teil und erhielt für die Dauer dieser Maßnahme Unterhaltsgeld (Uhg). Ab 11. November 1978 bezog er Alg und nach Erschöpfung dieses Anspruchs ab 10. Februar 1979 Alhi. Vom 1. Oktober 1979 bis 23. September 1981 wurde er zum Staatlich geprüften Betriebswirt umgeschult; für die Dauer dieser Maßnahme erhielt er wiederum Uhg. Ab 24. September 1981 wurde ihm erneut Alg und ab 23. September 1982 Alhi bewilligt. Allen diesen Leistungen legte die Beklagte jeweils das jährlich dynamisierte ursprüngliche Bemessungsentgelt von 500,-- DM wöchentlich zugrunde. Für die Zeit ab 5. November 1982 ergab sich danach ein Bemessungsentgelt von 720,-- DM wöchentlich (Bescheid vom 8. November 1982).

Vom 6. Juni 1983 bis 5. Juni 1984 war der Kläger im Rahmen einer von der Beklagten gemäß §§ 91 bis 96 AFG geförderten Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung als Verwaltungsangestellter bei der H.         L.     beschäftigt. Er erhielt im letzten vor seinem Ausscheiden abgerechneten Monat (Mai 1984) ein Arbeitsentgelt von 2.676,57 DM brutto. Die Arbeitszeit betrug 40 Stunden wöchentlich. Am 5. September 1984 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm diese Leistung ab Antragstellung für 104 Leistungstage in Höhe von 249,-- DM wöchentlich unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 620,-- DM. Sie ging dabei von dem im Mai 1984 erzielten Arbeitsentgelt aus (Bescheid vom 10. November 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984).

Das Sozialgericht (SG) hat antragsgemäß den Bescheid vom 10. November 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984 geändert und die Beklagte unter Zulassung der Berufung verurteilt, das Alg anstelle nach einem wöchentlichen Entgelt von 620,-- DM nach einem solchen von 720,-- DM zu gewähren (Urteil vom 16. Juli 1985).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Anschlußberufung, mit der dieser begehrt hat, auch die während des Klageverfahrens ergangenen Bescheide vom 14. Januar 1985 (Erhöhung des Alg ab 1. Januar 1985), vom 11. Januar 1985 (Anschluß-Alhi ab 4. Januar 1985) und vom 31. Mai 1985 (Dynamisierung der Anschluß-Alhi ab 1. Juni 1985 nach 640,-- DM) im Sinne seines erstinstanzlichen Begehrens mit weiterer Dynamisierung abzuändern, hat es in den Gründen seiner Entscheidung für unbegründet gehalten, ohne dies allerdings in seiner Urteilsformel besonders zum Ausdruck zu bringen. Sein Urteil vom 14. November 1986 hat es im wesentlichen wie folgt begründet: Der Bescheid vom 10. September 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984 und die gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bereits Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheide vom 14. Januar, 11. Januar und 31. Mai 1985, die das SG übergangen habe und über die der Senat aufgrund der Anschlußberufung des Klägers mitzuentscheiden habe, seien rechtmäßig. Der Kläger habe dem Grunde nach ab 5. September 1984 Anspruch auf Alg und ab 4. Januar 1985 Anspruch auf Anschluß-Alhi. Die Höhe dieser Leistungen habe die Beklagte auf der Grundlage des von ihr als maßgeblich angesehenen Bemessungsentgelts aus der letzten Beschäftigung des Klägers rechnerisch zutreffend festgesetzt. Dies gelte auch für die Anwendung der AFG-Leistungsverordnung 1985 für die Zeit ab 1. Januar 1985 und für die Dynamisierung gemäß §§ 112a, 134 Abs 4 Satz 1 AFG ab 1. Juni 1985. Hierüber bestehe unter den Beteiligten auch kein Streit. Streitig sei allein, ob die Beklagte von einem höheren Bemessungsentgelt hätte ausgehen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Beklagte habe zutreffend aufgrund der Bestimmungen der §§ 111, 112 Abs 2 AFG die Höhe des Alg und der Alhi auf das im Mai 1984 erzielte und abgerechnete Bruttomonatsgehalt abgestellt. Der Kläger könne keine höhere Leistung aufgrund eines höheren Bemessungsentgelts gemäß § 112 Abs 5 Nr 4 AFG verlangen. Zwar sei die von ihm in der Zeit vom 6. Juni 1983 bis 5. Juni 1984 ausgeübte Tätigkeit als Verwaltungsangestellter nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden. Auch sei das nach § 112 Abs 5 Nr 4, § 112a Abs 1, § 134 Abs 4 Satz 1 AFG ab 5. November 1983 von 720,-- DM auf 760,-- DM wöchentlich zu dynamisierende Arbeitsentgelt um 140,-- DM höher als das nach dem Grundsatz des § 112 Abs 2 AFG mit 620,-- DM berechnete. Die Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG scheitere hier jedoch daran, daß der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums bei Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurückgelegen habe. Die Höhe der vom Kläger bisher bezogenen Leistungen sei bis dahin niemals aufgrund eines Arbeitsentgelts in einem Bemessungszeitraum im Sinne des § 112 Abs 3 AFG festgestellt worden. Bei der Bewilligung der Alhi ab 5. November 1976 sei von einem Arbeitsentgelt nach § 112 Abs 7 AFG ausgegangen worden. Alle nachfolgenden Ansprüche auf Uhg, Alg und Alhi hätten sich jeweils nach diesem - dynamisierten - Arbeitsentgelt gerichtet. Nach §§ 112a Satz 3, 134 Abs 2 Satz 1 AFG sei daher an die Stelle des Endes des Bemessungszeitraumes der Tag getreten, der dem Zeitraum vorausging, für den die Alhi bemessen worden sei. Dynamisierungsstichtag sei somit der 4. November 1976. Dieser Zeitpunkt habe bei Entstehung des neuen Anspruchs auf Alg länger als drei Jahre zurückgelegen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG iVm § 107 Abs 1 Nr 5c und § 112 Abs 5 Nr 8 AFG. Seiner Auffassung nach ist bei der Berechnung des Alg das ab 5. November 1983 von 720,-- DM auf 760,-- DM wöchentlich zu dynamisierende Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Entgegen der Auffassung des LSG scheitere das Begehren des Klägers nicht daran, daß der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums bei der Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurückgelegen haben solle. Das LSG gehe insoweit rechtsirrig davon aus, daß die vom Kläger bis zum 5. Juni 1983 bezogenen Leistungen nicht auf der Grundlage eines Bemessungszeitraums bestimmt gewesen seien. Es übersehe, daß in diesen Bemessungszeitraum die Leistungen hineinragten, die dem Kläger nach § 107 Abs 1 Nr 5c AFG gewährt worden seien, wie sich aus dem Bescheid vom 4. September 1981 ergebe. Auf der Grundlage dieses Bemessungszeitraums seien auch die weiteren Leistungen erbracht. Erst durch den Bezug von Uhg sei der neue Anspruch auf Alg entstanden, und zwar der Höhe nach auf der Grundlage, auf der auch das Uhg zuletzt bemessen worden sei, was folgerichtig aus § 112 Abs 5 Nr 8 AFG folge. Den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung stünden nach § 107 Abs 1 Ziff 5c solche gleich, für die der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen habe. Das habe er ausweislich des Bescheides vom 4. September 1981 bis zum 23. September 1981. § 112a Abs 1 Satz 3 AFG stehe dem nicht entgegen. Die Vorschrift beschäftige sich nämlich mit dem Zeitpunkt der Erhöhung des Alg nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende eines Bemessungszeitraums. Insoweit trete an die Stelle des Endes des Bemessungszeitraums der Tag, der dem Zeitraum vorausgegangen sei, für den die Alhi bemessen worden sei. Er solle dem hilfebedürftigen Antragsteller nützen und nicht ihm schaden. Deshalb heiße es ja auch in seinem Satz 4, daß eine Verminderung des Anspruchs auf Alg ausgeschlossen sei. Die Anwendung dieser Vorschrift auf die Bestimmung des Endes des Bemessungszeitraums für die Errechnung der Fristen nach § 112 Abs 5 Nr 4 AFG sei daher rechtsfehlerhaft.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts wiederherzustellen in der Weise, daß unter Abänderung des Bescheides vom 10. September 1984 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984 die Beklagte verurteilt wird, das Alg für den Kläger anstelle nach einem wöchentlichen Entgelt von 620,-- DM nach einem wöchentlichen Entgelt in Höhe von 760,-- DM zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist lediglich der Bescheid vom 10. September 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984.

Das LSG hat die Klage insgesamt abgewiesen, also auch hinsichtlich der Bescheide vom 14. Januar 1985, 11. Januar 1985 und 31. Mai 1985, die selbständige Leistungsansprüche des Klägers ab bzw nach dem 1. Januar 1985 betreffen. Darin liegt zugleich die Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers, mit der dieser Korrekturen jener Bescheide begehrt hat. Dies wird aus den Gründen der Entscheidung des LSG deutlich, so daß der diesbezügliche Mangel im Ausdruck der Entscheidungsformel daran nichts ändert (BSGE 4, 121, 123). Der Kläger hat insoweit Revision nicht eingelegt. Er begehrt in seinem Antrag lediglich die Abänderung des Bescheides vom 10. September 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1984. Dem entspricht die Revisionsbegründung. Das LSG-Urteil ist mithin rechtskräftig geworden, soweit es die oa Bescheide vom Januar und Mai 1985 betrifft.

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg ab 5. September 1984, als es ihm im Bescheid vom 10. September 1984 bewilligt worden ist.

Die Höhe des dem Kläger ab 5. September 1984 zustehenden Alg richtet sich nach § 111 Abs 1 Nr 2 AFG in der zuletzt durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) geänderten Fassung. Hiernach beträgt das Alg für Arbeitslose, die wie der Kläger kinderlos und nicht verheiratet sind, 63 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112 AFG). Die AFG-Leistungsverordnung 1984 vom 13. Januar 1984 (BGBl I 49), in deren Anlage 2 für die verschiedenen Arbeitsentgelte iS des § 112 AFG (Bemessungsentgelte) nach Minderung um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge unter Berücksichtigung der jeweils maßgebenden Nettolohnersatzquote die jeweiligen Leistungssätze für 1984 ausgewiesen sind, sieht in der Leistungsgruppe A, der der Kläger gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a AFG angehört (nicht verheiratet, ohne Kinder), für ein (wöchentliches) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 620,-- DM bei der Nettolohnersatzquote von 63 vH die bewilligten 249,-- DM vor. Das erstrebte höhere Alg hätte der Kläger daher nur dann zu beanspruchen, wenn seine Leistung nach einem höheren Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) als 620,-- DM zu zahlen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall, wie das LSG zutreffend erkannt hat.

Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) in diesem Sinne ist nach § 112 Abs 2 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden, zuletzt durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung grundsätzlich das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind nach § 112 Abs 3 Satz 1 AFG in der Fassung des AFKG die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs. Das ist hier nach den Feststellungen des LSG der Lohnabrechnungszeitraum Mai 1984 aus der Beschäftigung aufgrund der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, der der Entstehung eines neuen Anspruchs auf Alg durch Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen (§ 100 Abs 1 AFG) im September 1984 vorausgeht. Aufgrund der in diesem Bemessungszeitraum erzielten 2.676,57 DM errechnet sich, wie die Beklagte zutreffend erkannt hat, ein (wöchentliches) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 620,-- DM (2.676,57 DM: 173,33 x 40 = 617,68 aufgerundet auf 620,-- DM). Ein höheres Bemessungsentgelt macht der Kläger vergeblich geltend.

Abweichend von der oa Regelbemessung ist zwar nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG in der zuletzt durch das AFKG geänderten Fassung bei der Feststellung des Arbeitsentgelts für die Zeit einer Beschäftigung, die im Rahmen einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden ist, mindestens das Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) zugrunde zu legen, nach dem das Alg oder die Alhi zuletzt bemessen worden ist, hier also 720,-- DM wöchentlich. Dieses würde sich infolge Dynamisierung nach § 112a Abs 1 AFG (§ 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 Halbsatz 2 AFG) am 5. September 1984 sogar auf 760,-- DM erhöht haben, wie das LSG festgestellt hat. Der Rückgriff auf das frühere höhere, durch Dynamisierung weiterhin erhöhte Bemessungsentgelt findet jedoch nicht statt, wenn es auf einem längere Zeit zurückliegenden Bemessungsergebnis beruht. Nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG gilt nämlich die Vergünstigung des Satzes 1 nicht, wenn der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraumes bei Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegt. Entsprechendes ist vorgesehen, wenn die frühere Bemessung nicht auf einem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt iS von § 112 Abs 2 AFG fußt, sondern auf einer Bemessung nach § 112 Abs 7 AFG. Für diesen Fall bestimmt § 112a Abs 3 Satz 3 AFG, daß an die Stelle des Bemessungszeitraums der Tag tritt, der dem Zeitraum vorausgeht, für den das Alg bemessen worden ist. Auf diese Vorschrift wird in § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG verwiesen. Es heißt dort zwar, § 112a Abs 1 Satz 2 AFG gelte entsprechend. Jedoch handelt es sich insoweit um ein Redaktionsversehen. Durch das AFKG wurde der jetzige Satz 2 des § 112a Abs 1 AFG eingefügt. Der bisherige Satz 2 wurde Satz 3 und der bisherige Satz 3 Satz 4. Die Verweisung in § 112 Abs 5 Nr 4 AFG wurde jedoch nicht geändert. Da weder den Gesetzesmaterialien noch dem Sinn und Zweck des Gesetzes zu entnehmen ist, daß die Verweisung auf den jetzigen Satz 2 des § 112a Abs 1 AFG beabsichtigt war, ist davon auszugehen, daß eine Änderung der Verweisungsbestimmung in § 112 Abs 5 Nr 4 AFG versehentlich unterblieben ist. Hiernach hängt also die Vergünstigung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG bei der vorliegenden Gestaltung davon ab, ob der Tag, der dem Zeitraum vorausgeht, für den der bisherige Anspruch bemessen worden ist, bei Entstehung des neuen Anspruchs (5. September 1984) nicht länger als drei Jahre zurückliegt.

Dieser Inhalt des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG verbietet die Berücksichtigung des Bemessungsentgelts für die Höhe des dem Kläger ab 5. September 1984 zustehenden Alg, welches der Alhi zugrunde lag, die der Kläger zuletzt (bis 5. Juni 1984) vor Eintritt in seine ABM-Beschäftigung bezogen hat. Denn die Höhe dieser Alhi beruht - ebenso wie die Höhe des ihr vorangegangenen Alg-Anspruchs ab 24. September 1981 - auf einem Bemessungssachverhalt, dessen nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG maßgeblicher Stichtag länger als drei Jahre vor dem 5. September 1984 liegt, dem Tag also, an dem der hier streitige neue Anspruch entstanden ist. Damit scheidet zugleich die Berücksichtigung eines durch zwischenzeitliche Dynamisierung erhöhten Wertes dieses früheren Bemessungsentgelts aus, so daß offen bleiben kann, ob dieser Wert am 5. September 1984 720,-- DM betrug oder, wie es der Kläger erstmals im Revisionsverfahren geltend macht, 760,-- DM.

Die für die Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG maßgebliche Dreijahresfrist des Satzes 2 aaO läuft vorliegend vom 5. September 1981 bis 4. September 1984. Innerhalb dieses Zeitraums ist zwar sowohl der (letzte) Anspruch auf Alhi ab 23. September 1982 entstanden, als auch der dem vorausgehenden Anspruch auf Alg ab 24. September 1981. Letzterer beruht, wie der Kläger zu Recht ausführt, auf dem Bezug von Uhg während seiner Umschulung vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1981 (§ 107 Abs 1 Nr 5 Buchst c AFG idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG - 5. AFG-ÄndG - vom 23. Juli 1979, BGBl I 1189). Bei der Alhi ab 23. September 1982 handelt es sich um die sogenannte Anschluß-Alhi iS von § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4a AFG, die sich folglich unmittelbar nach dem Arbeitsentgelt bemißt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat (§ 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG).

Beide Ansprüche stützen sich jedoch nicht auf eine eigenständige Bemessung, insbesondere nach einem tatsächlich bezogenen Arbeitsentgelt; sie gehen vielmehr zurück auf das der Uhg-Bemessung zugrundeliegende Bemessungsentgelt (§ 112 Abs 5 Nr 4b, AFG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes - HStruktG-AFG - vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3113 -; heute ist dies in § 112 Abs 8 AFG geregelt). Selbst der Uhg-Bemessung ab 1. Oktober 1979 lag nicht ein tatsächliches Arbeitsentgelt zugrunde, sondern eine Bemessung nach erzielbarem Arbeitsentgelt iS von § 112 Abs 7 AFG. Ob es sich dabei um die Fortschreibung des dem Alhi-Anspruch des Klägers ab 5. November 1976 gem § 112 Abs 7 AFG zugrunde gelegten Bemessungsentgelts von 500,-- DM wöchentlich (im Wege der Dynamisierung entsprechend erhöht) handelt, wie das LSG angenommen hat, oder um eine Neubemessung nach § 112 Abs 7 AFG (vgl § 44 Abs 3 AFG idF des 5. AFG-ÄndG), kann dahinstehen. Der für die Bemessung des Uhg maßgebliche Sachverhalt liegt jedenfalls - wie jeder frühere - außerhalb des Dreijahreszeitraums nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG.

Der Umstand, daß sowohl dem Alg-Anspruch ab 24. September 1981 als auch dem Anschluß-Alhi-Anspruch ab 23. September 1982 ein auf der Grundlage des § 112 Abs 7 AFG ermitteltes Arbeitsentgelt zugrunde liegt, welches für vor dem Beginn des Dreijahreszeitraumes des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG entstandene Leistungsansprüche maßgebend war, führt zur Nichtanwendung des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG iS des Klagebegehrens. Die gesetzlich angeordnete Fortschreibung eines für einen bestimmten Leistungsanspruch maßgeblichen Arbeitsentgelts für spätere Leistungsansprüche bedeutet nämlich zugleich eine sachnotwendige Verknüpfung jenes ersten Bemessungssachverhalts mit den späteren Ansprüchen. Hat es sich um eine Bemessung nach § 112 Abs 2, 3 AFG (Arbeitsentgelt) gehandelt, bleibt dessen Wert nach Dynamisierung (§ 112a AFG) Maßstab für die späteren Ansprüche. War zu Anfang nach erzielbarem Arbeitsentgelt bemessen worden (§ 112 Abs 7 AFG), gilt dasselbe. Folglich ändert sich in der Kette der so im Bemessungsmaßstab verknüpften Ansprüche auch nicht der für die Dynamisierung maßgebliche Anpassungstag (§ 112a AFG). Dieser ist nämlich nicht mit dem Stammrecht eines jeweiligen Anspruchs verbunden worden, sondern mit dem für die Leistung maßgeblichen Arbeitsentgelt. Erst wenn eine Neufeststellung des Arbeitsentgelts bei Entstehung eines (weiteren) Anspruchs zu erfolgen hat, findet eine Neubemessung mit Änderung des Anpassungstages statt (vgl BSG SozR 4100 § 136 Nr 4).

Für die noch im hier maßgeblichen Dreijahreszeitraum des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG entstandenen Ansprüche des Klägers auf Alg bzw Alhi war dies nicht der Fall. Ihnen war - wie angeführt - ein jedenfalls vor diesem Zeitraum liegendes Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, und zwar ein solches, das gemäß § 112 Abs 7 AFG bestimmt worden ist. Damit steht fest, daß der Tag, der dem Zeitraum vorausgeht, für den Alg (oder Alhi) nach § 112 Abs 7 AFG bemessen worden ist (§ 112a Abs 1 Satz 3 AFG), bei Entstehung des Anspruchs des Klägers auf Alg am 5. September 1984 länger als drei Jahre zurückliegt (§ 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG). Mit dem LSG gelangt der Senat deshalb zu dem Ergebnis, daß die Berücksichtigung eines früheren höheren Arbeitsentgelts, als im angefochtenen Bescheid geschehen, nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG nicht in Betracht kommt.

Was die Revision dagegen ins Feld führt, geht fehl. Wie bereits ausgeführt wurde, kann sich der Kläger für ein höheres Alg nicht darauf berufen, daß er durch die Teilnahme an einer beruflichen Umschulung innerhalb des maßgeblichen Dreijahreszeitraums einen neuen Anspruch erworben hat. Entscheidend ist, welches Arbeitsentgelt dem zugrunde zu legen war und daß dieses aus der vor Beginn des Dreijahreszeitraums liegenden Bemessung stammte. Der Kläger verkennt auch, daß die Vorschrift des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG sich nicht nur zum Nutzen des Leistungsempfängers auswirken soll. Die Bestimmung geht auf das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) zurück. Um die Bereitschaft zu fördern, im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Arbeit aufzunehmen, sollten Nachteile vermieden werden, die Beziehern von Alg durch die Aufnahme einer zeitlich beschränkten Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Fall entstehen konnten, daß das Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung niedriger war als das frühere, nach dem sich das bisher bezogene Alg gerichtet hat. Die Bundesregierung schlug daher vor, daß sich auch das Alg im Anschluß an die Zwischenbeschäftigung nach dem früheren höheren Arbeitsentgelt richten sollte, wenn der Arbeitslose vor Aufnahme der Zwischenbeschäftigung noch mindestens einen vierwöchigen Alg-Anspruch hatte (vgl Begründung zu § 112 Abs 5 Nr 2a AFG-Entwurf, BT-Drucks 8/857 S 8 f). Die Gesetz gewordene Fassung übernahm die letztgenannte, von vornherein Alhi-Empfänger ausschließende Einschränkung nicht, sondern bezog ausdrücklich auch die Bezieher von Alhi in die Regelung ein und beschränkte dafür den Umfang der Vergünstigung durch Satz 2. Dieser Ausschluß der Arbeitslosen, deren bisheriger Anspruch nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen worden ist, die länger als drei Jahre zurückliegt, ist damit begründet worden, daß bei noch länger zurückliegenden Bemessungsentgelten die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt sei, daß der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft noch verdienen könne (BT-Drucks 8/1053 S 13). Diese Erwägung entspricht dem Prinzip, daß Alg und Alhi prozentual den Ausfall an Arbeitsentgelt ausgleichen sollen, das der Arbeitslose voraussichtlich erzielen würde, wenn er nicht arbeitslos wäre (vgl dazu BSGE 62, 43, 47 = SozR 4100 § 112 Nr 31). Hiernach ist es aber nur folgerichtig, wenn das Gesetz für die Bestimmung des Bemessungsentgelts in Fällen, in denen es einerseits die Vergünstigung der Fortschreibung eines früheren Bemessungsentgelts unter jährlicher Erhöhung nach pauschalen und nicht individuellen Werten einräumt (§ 112a AFG), andererseits nach Ablauf einer angemessenen Zeit den Verhältnissen den Vorrang gibt, die sich hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten eines Arbeitslosen aus tatsächlich erzieltem Arbeitsentgelt offenbaren.

Die Revision kann nach allem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665429

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