Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßnahme. Fortbildung. Fortbildungsmaßnahme. Unterhaltsgeld. Teil-Unterhaltsgeld. Unterricht. ganztägiger Unterricht. Unterrichtseinheit. Grenze. Belastung. Belastungsgrenze. Zeitaufwand. Unterrichtsstunde. Pause. Vorarbeit. Nacharbeit. Weg. Wegezeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ganztägiger Unterricht als Voraussetzung für die Gewährung von Unterhaltsgeld (§ 44 Abs 1 AFG) wird erteilt, wenn der maßnahmebedingte Zeitaufwand mehr als 30 Stunden in der Woche beträgt (teilweise Abweichung von BSG SozR 4460 § 11 Nr 6).

 

Normenkette

AFG § 44 Abs. 1, 2b; AFuU § 3 Abs. 2 Fassung: 1991-03-08; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 10.02.1994; Aktenzeichen L 10 Ar 109/93)

SG Stade (Gerichtsbescheid vom 11.03.1993; Aktenzeichen S 6 Ar 100/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. Februar 1994 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin begehrt Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 3. Februar bis 14. Dezember 1992.

Die 1951 geborene Klägerin wurde im Jahre 1991 arbeitslos. In ihrem am 19. August 1991 gestellten Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) gab sie an, daß sie wegen der notwendigen Beaufsichtigung ihrer 1981 geborenen Tochter der Arbeitsvermittlung wöchentlich nur mit 25 Stunden zur Verfügung stehe, und zwar montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Die Beklagte bewilligte Alg ab 2. September 1991 für 312 Tage. Gezahlt wurde Alg bis zum 4. März 1992.

Vom 3. Februar bis 14. Dezember 1992 nahm die Klägerin an der Maßnahme “Bürotechnik-Tageslehrgang für Frauen” teil, die von der Kreisvolkshochschule V.… in A.… durchgeführt wurde. Der Unterricht umfaßte wöchentlich 15 Stunden, jeweils montags, dienstags und mittwochs 5 Stunden. Zusätzlich wurden ein Kompaktunterricht vom 19. bis 21. Juni 1992 mit 16 Unterrichtsstunden in einer anderen Bildungsstätte sowie ein dreiwöchiges Praktikum im August 1992 durchgeführt.

Für die Zeit der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme erstattete die Beklagte der Klägerin die entstandenen Sachkosten (Lehrgangsgebühren, Lernmittel und Fahrkosten). Die Gewährung von Uhg lehnte sie mit der Begründung ab, die Maßnahme finde nicht mit einem ganztägigen Unterricht statt (Bescheid vom 19. März 1992 iVm einem Anhörungsschreiben vom selben Tage, Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1992). Wegen der Nichtbewilligung von Uhg erhob die Klägerin Klage.

Ferner hob die Beklagte die Bewilligung des bis zum 4. März 1992 weitergezahlten Alg rückwirkend ab Maßnahmebeginn mit der Begründung auf, die Klägerin stehe wegen der Teilnahme an der Maßnahme der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung. Den insoweit überzahlten Betrag von 774,90 DM forderte sie zurück (Bescheid vom 19. Mai 1992, Widerspruchsbescheid vom 26. November 1992). Auch hiergegen erhob die Klägerin Klage.

Das Sozialgericht (SG) hat die beiden Klagen verbunden und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 3. Februar bis 14. Dezember 1992 Uhg zu zahlen. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sowie auf Zahlung von Alg für die Maßnahmedauer ist abgewiesen worden (Gerichtsbescheid vom 11. März 1993). Gegen diese Entscheidung haben die Beklagte Berufung und die Klägerin Anschlußberufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 10. Februar 1994). Nach seiner Auffassung hat der Klägerin Uhg zugestanden, weil sie an einer Bildungsmaßnahme mit ganztägigem Unterricht teilgenommen habe. Soweit § 3 Abs 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) als ganztägig nur solchen Unterricht bezeichne, der in jeder Woche an mindestens fünf Werktagen stattfinde und mindestens 25 Unterrichtsstunden umfasse, stelle die Norm nur eine widerlegbare Vermutung auf. Ein ganztägiger Unterricht sei immer dann anzunehmen, wenn die Arbeitskraft des Antragstellers durch die Maßnahme so in Anspruch genommen werde, daß er daneben nicht eine berufliche Tätigkeit ausüben könne, dh keine Beschäftigung von mindestens 18 Wochenstunden. Die Klägerin habe dem Arbeitsmarkt mit 25 Wochenstunden zur Verfügung gestanden. Bereits nach Abzug des 15-stündigen Unterrichts verblieben nur zehn Stunden. Diese Stundenzahl verringere sich noch, wenn man den Kompaktunterricht, das Praktikum sowie den Aufwand für Vor- und Nacharbeiten hinzurechne. Ferienbedingte Fehlzeiten im April, Juli und Oktober seien unbeachtlich. Selbst wenn, wie die Beklagte vorgetragen habe, der Unterricht nicht immer an drei Tagen in der Woche stattgefunden habe, seien in keinem Fall mehr als zehn Wochenstunden verblieben. Die Anschlußberufung der Klägerin sei wegen ihres Obsiegens in der Hauptsache nicht mehr Gegenstand der Entscheidung. Hinsichtlich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sei das Urteil des SG rechtskräftig.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 44 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und des § 3 Abs 2 AFuU. Sie trägt vor, die Frage, ob ganztägiger Unterricht erteilt werde, beurteile sich allein danach, inwieweit die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oberhalb der Kurzzeitigkeitsgrenze gerade wegen der Teilnahme an der Maßnahme und des damit verbundenen Zeitaufwands ausgeschlossen sei. Sonstige Einschränkungen der Verfügbarkeit, wie sie bei der Klägerin vorgelegen hätten, seien unbeachtlich. Allein wegen der Teilnahme an der Maßnahme sei diese nicht gehindert gewesen, eine Tätigkeit mit mindestens 18 Wochenstunden auszuüben. Darüber hinaus zeige die Rechtsentwicklung des § 44 AFG, insbesondere die Einführung eines Teil-Uhg zum 1. Januar 1986 in Abs 2b, daß nunmehr eine andere Auslegung des § 3 Abs 2 AFuU zu erfolgen habe. Die Norm nehme jetzt eine abschließende Interpretation des Begriffs der Vollzeitmaßnahme vor und ziehe damit die erforderliche Grenze zwischen förderungsfähigen Voll- und Teilzeitmaßnahmen. Im Fall der Klägerin liege die Zahl der Unterrichtsstunden weit unter der für ganztägigen Unterricht geltenden Zahl von 25 Stunden. Für sie komme daher allenfalls ein Anspruch auf Teil-Uhg in Betracht. Hierzu fehlten ausreichende Feststellungen des LSG.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben, den Gerichtsbescheid des SG abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 19. März 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1992 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Ansicht der Beklagten führe zu der absurden Konsequenz, daß sie während der Teilnahme an der bewilligten Maßnahme weder Alg noch Uhg erhalten könne. Diese Auffassung benachteilige mittelbar in besonderem Maße Frauen, die häufiger als Männer durch Kindererziehung und/oder Haushaltsführung nur eine Teilzeitbeschäftigung ausüben könnten. Hierin liege ein Verstoß gegen Art 3 Abs 2 und Art 6 Grundgesetz (GG).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Im Revisionsverfahren ist zu befinden über den Bescheid der Beklagten vom 19. März 1992 iVm dem Schreiben vom selben Tage, und zwar in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1992, mit dem diese die Gewährung von Uhg abgelehnt hat (vgl insoweit zur Bestimmung des Verfügungssatzes bei mehreren Schreiben BSG, Urteil vom 29. Juni 1995 – 11 RAr 87/94 –, SozR 3-1300, § 104 Nr 9). Verfahrensmängel, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind, liegen nicht vor. Die Klage ist zulässig; insbesondere ist die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) die richtige Klageart. Die Berufung der Beklagten war statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Uhg für die Zeit vom 3. Februar bis 14. Dezember 1992) den Betrag von 1.000,00 DM übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der ab 1. März 1993 geltenden Fassung). Ob der Klägerin Uhg zusteht, kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.

Dies gilt schon hinsichtlich der Frage, ob der Klägerin Uhg wegen der Teilnahme an einer Maßnahme mit “ganztägigem” Unterricht zusteht. Nach § 44 Abs 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) wurde Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht ein Uhg gewährt. Anders als nach dem ab 1. Januar 1994 geltenden Recht (nunmehr Kann-Leistung, vgl die Neufassung durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms ≪1. SKWPG≫ vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353) bestand nach der hier anzuwendenden alten Gesetzesfassung ein Rechtsanspruch auf die Leistung.

Nach den Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, daß die Klägerin im Jahre 1992 an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung teilnahm. Ob es sich hierbei um eine Maßnahme mit ganztägigem Unterricht handelte, läßt sich hingegen nicht abschließend beurteilen.

Das Tatbestandsmerkmal des ganztägigen Unterrichts wird in § 44 AFG nicht definiert. In den allgemeinen Förderungsvoraussetzungen des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG wird ganztägiger Unterricht als Vollzeitunterricht bezeichnet. Eine weitere Erläuterung fehlt. Indes hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit die nähere Ausgestaltung im Wege der Anordnung vorgenommen (§§ 39, 191 Abs 3 AFG) und in § 3 Abs 2 AFuU idF vom 8. März 1991 (ANBA 1991, 454) bestimmt, daß eine Maßnahme im ganztägigen Unterricht durchgeführt wird, wenn der Unterricht in jeder Woche an mindestens fünf Werktagen stattfindet und mindestens 25 Unterrichtsstunden umfaßt. Diesen Kriterien genügte die von der Klägerin besuchte Maßnahme nicht. Dennoch braucht, wie das LSG zutreffend erkannt hat, nicht bereits deswegen der Uhg-Anspruch der Klägerin zu entfallen.

§ 3 Abs 2 AFuU ist nicht als abschließende Begriffsbestimmung zu verstehen. Bereits zu der fast wortgleichen Vorgängerregelung im Anordnungsrecht, nämlich zu § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU vom 9. September 1971 idF vom 19. Dezember 1973 (ANBA 1974, 493; im folgenden AFuU 1973), hat der Senat im Urteil vom 17. Februar 1981 (SozR 4460 § 11 Nr 6) die Auffassung vertreten, die Norm stelle lediglich eine Vermutung dafür auf, wann auf jeden Fall ganztägiger Unterricht vorliege. Uhg solle anstelle des fehlenden Arbeitseinkommens den Lebensunterhalt des Bildungswilligen und seiner Familie für Zeiten sichern, in denen er wegen der Teilnahme an einer Maßnahme keiner Berufstätigkeit nachgehen könne. Hiervon sei bei einem ganztägigen Unterricht iS eines Vollzeitunterrichts auszugehen. § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 konkretisiere die Rechtsbegriffe und berücksichtige, daß der Teilnehmer nicht nur durch den eigentlichen Unterricht, sondern zusätzlich auch durch Vor- und Nacharbeiten, Hausarbeiten und Wegezeiten ganztags in Anspruch genommen werde und deshalb eine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Würden die in § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 gesteckten Grenzen erreicht bzw überschritten, sei stets von einer Gesamtbelastung auszugehen, die einem ganztägigen Unterricht entspreche. Würden sie nicht erreicht, sei darauf abzustellen, ob – im Einzelfall – der Teilnehmer wegen der zeitlichen Gesamtbelastung sowie nach Lage und Verteilung der Unterrichtsstunden nicht mehr in der Lage sei, seinen und seiner Familie Lebensunterhalt durch Arbeitseinkommen zu sichern.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch zu § 3 Abs 2 AFuU fest. Zum einen ist bereits darauf hingewiesen worden, daß es sich um fast wortgleiche Normen handelt. Lediglich das Wort “wenigstens” vor den Worten “25 Unterrichtsstunden” in § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 wurde durch das Wort “mindestens” in § 3 Abs 2 AFuU ersetzt. Hierbei handelt es sich nicht um eine sachliche, sondern redaktionelle Änderung. Zum anderen wird mit der Gewährung von Uhg weiterhin der gleiche Gesetzeszweck verfolgt. Im übrigen stünde § 3 Abs 2 AFuU nicht im Einklang mit der Ermächtigungsnorm, wenn die gesteckten Grenzen insoweit als abschließende Begriffsbestimmung zu verstehen wären. Denn § 39 Satz 2 Nr 1 AFG gebietet die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, ermächtigt also insoweit nicht zu Generalisierungen der Art, daß eine Mindestzahl von Unterrichtsstunden in bestimmter Verteilung erreicht sein muß, um ganztägigen Unterricht annehmen zu können (so auch schon BSG, aaO, zur Vorgängerregelung). Auch bei § 3 Abs 2 AFuU ist daher davon auszugehen, daß er – soll er mit der Ermächtigungsnorm im Einklang stehen – lediglich eine Vermutung dafür aufstellt, wann auf jeden Fall ganztägiger Unterricht vorliegt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zwingt die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsentwicklung nicht zu einer Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung. Insbesondere gebietet das zum 1. Januar 1986 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) eingeführte Teil-Uhg nicht, nunmehr die Grenzziehung zwischen Maßnahmen mit Voll- und Teilzeitunterricht ausschließlich nach der Zahl der Unterrichtsstunden vorzunehmen. Die Notwendigkeit, derartige Maßnahmen voneinander abzugrenzen, bestand zeitweilig auch während der Geltung des § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973. Denn § 44 Abs 1 Satz 2 AFG (aufgehoben durch das HStruktG-AFG) hatte bis Ende 1975 die Gewährung von Uhg auch bei der Teilnahme an berufsbegleitendem Unterricht vorgesehen. Dieser war – wie aus § 34 AFG in der bis Ende 1985 geltenden Fassung (geändert durch das 7. AFG-ÄndG) hervorgeht – als eine Form des Teilzeitunterrichts anzusehen, sofern bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt waren. Gleichwohl ist der Senat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 1981 (aaO) der schon seinerzeit von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht gefolgt, die Regelung des § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 iS einer uneingeschränkten Anspruchsvoraussetzung auszulegen.

Dem läßt sich nicht entgegenhalten, § 44 Abs 2b Satz 2 AFG mache die Gewährung von Teil-Uhg von einer Mindestzahl von zwölf Unterrichtsstunden pro Woche abhängig. Damit wird lediglich eine gesetzliche Untergrenze für die Gewährung von Teil-Uhg festgelegt. Der Beklagten ist allerdings zuzugestehen, daß sich der Gesetzgeber hierbei “an der für ganztägige Bildungsmaßnahmen erforderlichen Mindeststundenzahl” orientiert hat (BT-Drucks 10/4211 S 19). Er hat indes weiterhin davon abgesehen, den Begriff des ganztägigen Unterrichts in § 44 Abs 1 AFG bzw den des Vollzeitunterrichts in § 34 Abs 1 Satz 1 AFG verbindlich, zB durch Festschreiben einer bestimmten (Mindest-)Zahl von Unterrichtsstunden, zu definieren oder § 39 Satz 2 Nr 1 AFG in der Weise zu ändern, daß der Anordnungsgeber nicht mehr die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers zu beachten hätte. Dies hätte jedoch angesichts der Entscheidung des Senats vom 17. Februar 1981 (aaO) nahegelegen, sofern entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine abschließende Anspruchsvoraussetzung hätte normiert werden sollen. Schon deshalb besteht keine Veranlassung, § 3 Abs 2 AFuU in anderer Weise als zuvor § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 zu interpretieren.

Im übrigen verkennt die Beklagte, daß zwischen Teil-Uhg und vollem Uhg kein logisch-systematischer Zusammenhang in dem Sinne besteht, daß nunmehr aus einer gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststundenzahl für das Teil-Uhg zwingend auf eine entsprechend höhere Mindeststundenzahl für das Uhg geschlossen werden müßte. Es handelt sich vielmehr bei § 44 Abs 2b AFG um Sonderregelungen für bestimmte soziale Lagen, die von dem Grundsatz des § 44 Abs 1 AFG, Uhg nur bei ganztätigem Unterricht zu gewähren, Ausnahmen zulassen. Gründe für die Zulassung von solchen Ausnahmen sieht das Gesetz in drei Fallgruppen als gegeben an, in denen die Bildungswilligen wegen einer Teilzeitbeschäftigung oder einer entsprechenden Bindung (Familie) für einen ganztägigen Unterricht nicht zur Verfügung stehen, aber gleichwohl aus besonderen arbeitsmarktpolitischen Gründen gefördert werden sollen. So bezweckt das zum 1. Januar 1986 durch das 7. AFG-ÄndG eingeführte Teil-Uhg für junge Arbeitnehmer, die noch nicht 25 Jahre alt sind und die eine bestimmte Teilzeit-Beschäftigung (mindestens 12, höchstens 24 Wochenstunden) ausüben (Abs 2b Satz 1 Nr 1), die volle Integration in das Erwerbsleben. Das gleichzeitig eingeführte Teil-Uhg, das insbesondere Frauen begünstigt, die nach Erziehung von Kindern in das Erwerbsleben zurückkehren wollen (zunächst Abs 2b Satz 1 Nr 2, seit 1. Januar 1994 – nach mehrfachen Änderungen – Abs 2 Sätze 2 und 3), soll deren Wiedereingliederung in das Berufsleben erleichtern (vgl BR-Drucks 445/85 S 17 f ≪Regierungsentwurf≫; BT-Drucks 10/3923 S 17 f ≪Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP≫; BT-Drucks 10/4211 S 18 ≪Regierungsentwurf≫). Die spätere Einbeziehung von Teilzeitbeschäftigten innerhalb einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Abs 2b Satz 1 Nr 2 idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1991, BGBl I 2321) soll – insbesondere unter Berücksichtigung des Strukturwandels in den neuen Bundesländern – gewährleisten, daß diese Arbeitnehmer trotz Weiterbildung ohne Unterbrechung im Arbeitsprozeß eingegliedert bleiben und zudem Gelegenheit erhalten, das Erlernte in der Praxis anzuwenden und ggf zu vertiefen (BT-Drucks 12/1483, S 5 f). Es erschien in diesen Fällen bildungs- und arbeitsmarktpolitisch wünschenswert, wenn die Teilzeitbeschäftigten einerseits ihren Teilzeitarbeitsplatz nicht aufgeben, andererseits aber durch die Gewährung von Teil-Uhg motiviert werden. Eine Beschränkung der Förderungsfähigkeit ua auf Teilzeitbeschäftigungen mit mindestens 12, höchstens 24 Wochenstunden ist deshalb erfolgt, weil bei einem Überschreiten der Obergrenze nicht ausreichend Zeit für eine berufliche Fortbildung verbleibe und es bei einem Unterschreiten der Untergrenze zweckmäßiger sei, wenn sich der Arbeitnehmer für eine Maßnahme mit ganztägigem Unterricht entscheide (vgl die oa Materialien zum 7. AFG-ÄndG, aaO). Dabei sollte die Mindestzahl von 12 Unterrichtsstunden gewährleisten, daß das Ziel der Maßnahme in vertretbarer Zeit erreicht wird. Denn eine effektive Qualifizierung erfordert ein quantitatives Mindestmaß an Ausbildung. Allein der Verwirklichung dieses Anliegens soll die gesetzlich verankerte Untergrenze dienen. Damit zielen die gesetzlichen Regelungen über das Teil-Uhg von vornherein nicht darauf ab, auch im Verhältnis zum Vollzeitunterricht eine verbindliche Untergrenze vorzugeben. Diesen Regelungen lassen sich mithin keine Anhaltspunkte entnehmen, die zu einer Änderung der Rechtsprechung zu § 11 Abs 2 Satz 1 AFuU 1973 bzw § 3 Abs 2 AFuU Anlaß geben könnten.

Hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin wegen ihrer Belastungen durch die Maßnahme nicht mehr in der Lage war, einer ausreichenden Erwerbstätigkeit nachzugehen, geht der Senat – im Anschluß an das Urteil vom 17. März 1981 (aaO) – davon aus, daß es der Festlegung einer zeitlichen Obergrenze für die zumutbare Gesamtbelastung bedarf. Nur so läßt sich bestimmen, bis zu welcher Stundenzahl wöchentlich einem Teilnehmer neben der Teilnahme an der Maßnahme noch eine Berufstätigkeit zugemutet werden kann. In dem genannten Urteil hat der Senat ausgeführt, bei der zumutbaren Gesamtbelastung sei davon auszugehen, daß sie 60 Stunden in der Woche nicht überschreiten soll und daß ganztägiger Unterricht vorliegt, wenn dem Teilnehmer unter Berücksichtigung seiner zeitlichen Beanspruchung durch die Maßnahme nicht mehr genügend Zeit für die Ausübung einer mehr als kurzzeitigen (früher geringfügigen) Beschäftigung verbleibt. Kurzzeitig ist gemäß § 102 AFG in der seit dem 1. Januar 1988 durch das 8. AFG-ÄndG vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602) geschaffenen Fassung eine Beschäftigung dann, wenn sie wöchentlich weniger als 18 Stunden umfaßt. Daraus könnte entnommen werden, daß die maßnahmebedingte Belastung mehr als 42 Wochenstunden betragen muß, um ganztägigen Unterricht annehmen zu können.

Abgesehen davon, daß insoweit eine endgültige Festlegung nicht erfolgt war, hält der Senat an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr in vollem Umfang fest. Er sieht die mit 60 Stunden angesetzte Gesamtbelastung für zu hoch an und begrenzt diese auf 48 Stunden in der Woche. In seinem früheren Urteil vom 17. Februar 1981 (aaO) hatte sich der Senat vornehmlich auf eine Entscheidung des 12. Senats vom 12. Februar 1975 zum Waisenrentenrecht (BSGE 39, 156, 157 = SozR 2200 § 1267 Nr 8) gestützt, die von einer zumutbaren Gesamtbelastung von 60 Stunden in der Woche ausging. Soweit in der ebenfalls in Bezug genommenen Entscheidung des 12. Senats vom 30. Juni 1977 (BSG SozR 4100 § 103 Nr 6) im Zusammenhang mit § 103 AFG eine entsprechende Belastungsgrenze diskutiert worden ist, kann dies im vorliegenden Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, weil es im Rahmen der objektiven Verfügbarkeit auf eine bestimmte zeitliche Obergrenze für die wöchentliche Gesamtbelastung (durch Studium und Arbeit) nicht ankommt. Im übrigen hat der erkennende Senat in einer späteren Entscheidung zu § 103 AFG bereits angedeutet, daß die im Renten- und Kindergeldrecht vertretene Belastungsobergrenze inzwischen aufgegeben worden ist (BSGE 70, 180, 184 = SozR 3-4100 § 103 Nr 7).

Der Senat geht – wie bisher – davon aus, daß zwischen § 44 Abs 1 AFG und den Regelungen im Renten- und Kindergeldrecht parallelen bestehen. So wird die Zeit der Schul- und Berufsausbildung in der Rentenversicherung als Anrechnungszeit (früher: Ausfallzeit) berücksichtigt oder werden wegen einer solchen Ausbildung zB eine Waisenrente oder nach dem Kindergeldrecht Kindergeld gewährt, wenn Zeit und Arbeitskraft des Kindes bzw des Versicherten durch die Ausbildung ausschließlich oder überwiegend in Anspruch genommen werden und ihnen daneben nicht mehr die Ausübung einer wenigstens halbtägigen Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann. Letzteres ist sowohl im Renten- als auch Kindergeldrecht zunächst angenommen worden, wenn der Auszubildende durch die zusätzliche Übernahme einer Halbtagsbeschäftigung mehr als insgesamt 60 Stunden wöchentlich belastet wäre. Da eine Halbtagsbeschäftigung mit 20 Stunden zugrunde gelegt wurde, mußte danach die Ausbildung einen Zeitaufwand von mehr als 40 Stunden in der Woche erfordern (BSGE 31, 152, 154 ff = SozR Nr 7 zu § 2 Bundeskindergeldgesetz ≪BKGG≫; BSGE 39, 156, 157 = SozR 2200 § 1267 Nr 8; BSGE 43, 44, 48 f = SozR 2200 § 1262 Nr 9; BSG, Urteil vom 25. August 1987 – 11a RA 26/86 –, BB 1987, 2375; Urteil vom 9. Juni 1986 – 4/11a RA 68/87 –, AmtlMitt LVA Rheinpr 1990, 305; 1989, 558; Urteil vom 3. Februar 1988 – 5/5b RJ 50/87, SozSich 1988, 350).

Wie in den genannten Sachbereichen ist auch das Vorliegen ganztägigen Unterrichts iS des § 44 Abs 1 AFG unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze und einer noch möglichen Erwerbstätigkeit zu ermitteln. Insoweit besteht eine vergleichbare Problemkonstellation, so daß in Übereinstimmung mit dem Urteil des Senats vom 17. Februar 1981 (aaO) durchaus eine Beachtung der Rechtsprechung aus dem Renten-, aber auch aus dem Kindergeldrecht nahe liegt. Diese Rechtsprechung ist jedoch inzwischen aus Gründen aufgegeben worden, die auch den Senat veranlassen, im Rahmen des § 44 Abs 1 AFG eine niedrigere Belastungsgrenze festzulegen.

Der für das Kindergeldrecht zuständige 10. Senat hat mit Urteil vom 23. August 1989 (BSG SozR 5870 § 2 Nr 64) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nachdem zuvor auf Anfrage der im Jahr 1989 für die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zuständige 4. und 5. Senat erklärt hatten, nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung festhalten zu wollen. Der 10. Senat (aaO) hat auf die Arbeitszeitordnung (AZO) Bezug genommen und darauf hingewiesen, daß nach § 3 AZO die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers 48 Stunden betragen dürfe (sechs Werktage × täglich acht Stunden). Nur in Ausnahmefällen sei eine Überschreitung bis zu zehn Stunden täglich und damit bis zu 60 Stunden in der Woche möglich (§§ 5 Abs 1 bis 3, 6, 7 Abs 1 AZO). Das Arbeitsschutzrecht gehe somit in der Regel von einer Belastbarkeitsgrenze von 48 Stunden aus. Die von der bisherigen Rechtsprechung angesetzte Obergrenze von 60 Stunden entspreche nur der in Ausnahmefällen im Arbeitsverhältnis zulässigen Höchstgrenze. Sie habe im übrigen nie eine nachvollziehbare Begründung gegeben, warum einem Schüler oder Auszubildenden eine über die regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinausgehende Belastung zugemutet werden könne. Durch die Regelungen der AZO habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, welche zeitliche Beanspruchung eines Arbeitnehmers er für zumutbar halte. Die Belastung durch Ausbildung gleich welcher Art sei nicht geringer zu bewerten als die durch eine Erwerbstätigkeit, so daß die wöchentliche Belastungsgrenze eines erwachsenen Auszubildenden mit 48 Stunden anzusetzen sei (die Belastungsgrenze für Jugendliche hat der 10. Senat im Hinblick auf das Jugendarbeitsschutzgesetz mit 40 Stunden in der Woche noch niedriger angesetzt ≪BSGE 65, 243, 245 f = SozR 5870 § 2 Nr 65; Urteil vom 31. Mai 1990 – 10 RKg 13/89 –, HV – INFO 1990, 1495 = DBIR Nr 3714 zu § 2 BKGG≫; diese Konstellation wird im anhängigen Verfahren nicht aktuell).

Die vorstehenden Erwägungen des 10. Senats führen im Anwendungsbereich des § 44 Abs 1 AFG ebenfalls zu einer sachgerechten Lösung. Auch bei Teilnehmern an einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme ist nicht erkennbar, daß sie grundsätzlich geringeren Belastungen als ein Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis ausgesetzt sind. Deshalb kann auch hier bei der Festlegung einer Belastungsgrenze die im Arbeitsschutzrecht vom Gesetzgeber für den Regelfall getroffene Wertentscheidung übernommen werden, die dieser im übrigen in § 3 des Arbeitszeitgesetzes idF des Art 1 des Arbeitszeitrechtsgesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBl I 1170) mit der Maßgabe fortgeschrieben hat, daß eine Überschreitung der Regelarbeitszeit noch weiter eingeschränkt worden ist. Bei der Bestimmung, ob eine Maßnahme mit ganztägigem Unterricht iS des § 44 Abs 1 AFG besucht wird, ist somit bei erwachsenen Teilnehmern von einer wöchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden auszugehen.

Entgegen der Auffassung des LSG reduziert sich diese Grenze im Fall der Klägerin nicht deshalb, weil sie wegen der erforderlichen Betreuung und Beaufsichtigung ihrer seinerzeit elfjährigen Tochter dem Arbeitsmarkt nur mit 25 Stunden in der Woche zur Verfügung gestanden hat. Ob ein Unterricht ganztägigen Charakter hat, ist keinesfalls nach Kriterien zu bestimmen, die von der Maßnahme unabhängig sind. Selbst bei maßnahmebedingten Belastungen – zB Vor- und Nacharbeit – kommt es nicht darauf an, welche Zeit der Teilnehmer hierfür nach seinen individuellen Fähigkeiten benötigt, sondern es ist auf die typische, durchschnittliche Inanspruchnahme eines Teilnehmers abzustellen (BSGE 39, 156, 157 = SozR 2200 § 1267 Nr 8). Deshalb können zeitliche Belastungen, die – wie im Fall der Klägerin – allein in den persönlich/privaten Verhältnissen des Teilnehmers begründet sind, erst recht keine Berücksichtigung finden. Entscheidend kann vielmehr nur sein, ob unter Beachtung der Gesamtbelastungsgrenze allein der typische, durchschnittliche Ausbildungsaufwand eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung zuläßt (vgl insoweit auch BSG, Urteil vom 25. August 1987 – 11a RA 26/86 –, BB 1987, 2375). Nur so wird die gebotene objektive Qualifizierung einer Maßnahme möglich.

Die Nichtberücksichtigung der familiären Verhältnisse stellt entgegen der Auffassung der Klägerin keine mittelbare Benachteiligung von Frauen dar und verstößt nicht gegen Art 3 Abs 2 iVm Art 6 GG. Zum einen besteht – wie dargelegt – ein ausreichender sachlicher Grund, die Frage eines ganztägigen Unterrichts nach objektiven maßnahmebedingten Kriterien zu beurteilen. Ungeachtet dessen hat der Gesetzgeber zumindest für die Zeit ab 1. Januar 1986 mit der Einführung eines Teil-Uhg in § 44 Abs 2b Satz 1 Nr 2 bzw Nr 3 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 dem Umstand Rechnung getragen, daß Arbeitnehmern, für die wegen weiterbestehender familiärer Aufgaben der Besuch von Bildungsmaßnahmen mit ganztägigem Unterricht nicht in Betracht kommt, durch Gewährung von Teil-Uhg der Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtert wird (vgl BT-Drucks 10/4211 S 19). Auch die damalige Beschränkung des Teil-Uhg auf Bildungswillige, die nach der “Familienphase” nicht länger als ein Jahr erwerbstätig waren, ist insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich. Eine Ausweitung des Kreises der Teil-Uhg-Anspruchsberechtigten, wie sie der Bundesrat angeregt hatte, ließ das nur beschränkt zur Verfügung stehende Finanzvolumen nicht zu (BT-Drucks 10/4211 S 37, 42). Darüber hinaus konnte der Gesetzgeber die insoweit bestehende Ungleichbehandlung auf die sachliche Erwägung stützen, daß nach mehr als einjähriger Erwerbstätigkeit in der Regel davon ausgegangen werden kann, daß die Rückkehr ins Berufsleben geglückt ist und es typischerweise nicht mehr einer Bildungsmaßnahme bedarf, um Kenntnisse eines Arbeitnehmers, der familienbedingt zeitweise nicht mehr berufstätig war, an aktuelle Erfordernisse anzupassen.

Ist mithin auch im Fall der Klägerin von einer Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden in der Woche auszugehen, hat sie an ganztägigem Unterricht nur dann teilgenommen, wenn sie durch die Maßnahme insgesamt so gebunden war, daß daneben eine kurzzeitige Beschäftigung von 18 Wochenstunden nicht mehr möglich war. Hinsichtlich dieser Stundenzahl geht der Senat – wie bereits erwähnt – von § 102 AFG idF durch das 8. AFG-ÄndG aus. Durch gesetzliche Entwicklung überholt ist dagegen die Entscheidung des 10. Senats (Urteil vom 23. August 1989, aaO), der insoweit auf eine Beschäftigung von 20 Wochenstunden abgestellt hat. Dies beruhte offensichtlich darauf, daß in dem von ihm zu beurteilenden Zeitraum (1983/1984) Beschäftigungen in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei waren, wenn sie nicht 20 Stunden in der Woche erreichten. Ausdrücklich offengelassen hat der 10. Senat, ob aufgrund der Herabsetzung der Kurzzeitigkeitsgrenze zum 1. Januar 1986 auf 19 Stunden durch das 7. AFG-ÄndG und zum 1. Januar 1988 auf 18 Stunden durch das 8. AFG-ÄndG nunmehr von diesen Stundenzahlen auszugehen sei.

Der erkennende Senat bejaht diese Frage. Wie bereits der 10. Senat (aaO) dargelegt hat, empfiehlt es sich nicht, den Umfang der möglichen Erwerbstätigkeit nach “üblichen” Arbeitszeiten zu ermitteln. Hierbei handelt es sich um einen Durchschnittswert, der nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie der Entwicklung der tariflichen Vereinbarungen schwankt. Ihn jeweils für den relevanten Zeitraum zu ermitteln, könnte mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein. Deshalb ist es aus Gründen der Vereinfachung, die einerseits den Interessen einer Massenverwaltung, andererseits auch dem Interesse des Antragstellers an einer raschen Entscheidung entsprechen, geboten, auf die jeweils geltende gesetzliche Kurzzeitigkeitsgrenze (§ 102 AFG) abzustellen, also im vorliegenden Fall auf 18 Wochenstunden. Unter Beachtung der Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ist der Unterricht, an dem die Klägerin teilgenommen hat, mithin dann als ganztägig zu qualifizieren, wenn sie aufgrund des dadurch bedingten Zeitaufwandes wöchentlich mehr als 30 Stunden in Anspruch genommen war.

Das LSG wird nunmehr die zeitliche Belastung der Klägerin zu ermitteln haben, die insbesondere durch Unterricht, Vor- und Nacharbeiten, Hausarbeiten, Prüfungsvorbereitungen und Wegezeiten entstanden ist. Hierbei ist auch zu beachten, inwieweit die Lage und Verteilung des Unterrichts und der sonstigen maßnahmebedingten Belastungen überhaupt noch die Ausübung einer Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zugelassen hat (vgl BSG SozR 4460 § 11 Nr 6).

Im übrigen ist der auf Unterricht beruhende Zeitaufwand nicht allein nach den tatsächlich erteilten Unterrichtsstunden, also unter Außerachtlassung etwaiger Pausen, zu berücksichtigen; vielmehr ist der jeweils geschlossene Unterrichtskomplex vom Beginn bis zum Ende der letzten Unterrichtsstunde regelmäßig als Einheit zu werten. Hierbei ist nicht erheblich, daß gemäß § 12 AZO Pausen nicht zur Arbeitszeit zählen. Auf die Regelungen der AZO ist nur wegen der dort getroffenen Wertentscheidung für die Festlegung einer allgemeinen Zumutbarkeitsgrenze zurückgegriffen worden. Im übrigen bestehen zwischen einer Arbeitnehmertätigkeit und der von der Beklagten zu fördernden beruflichen Bildung erhebliche Unterschiede, die von der jeweiligen Zielbestimmung her differenzierte Lösungen erfordern. Für die Feststellung des ganztägigen Unterrichts ist allein ausschlaggebend, inwieweit der Teilnehmer durch die Maßnahme zeitlich gebunden wird.

Bei den festzustellenden Belastungen durch Vor- und Nacharbeiten kommt es nicht darauf an, welche Zeit der Teilnehmer hierfür nach seinen individuellen Fähigkeiten benötigt, sondern es ist auf die durchschnittliche, typische Inanspruchnahme eines Teilnehmers abzustellen. Hierbei kann das LSG den Zeitaufwand aufgrund allgemein anerkannter Erfahrungswerte schätzen (BSGE 70, 180, 182 = SozR 4100 § 103 Nr 7), nach denen regelmäßig für Vor- und Nacharbeiten nochmals die gleiche Zeit wie für reinen Unterricht erforderlich ist (BSG SozR 4100 § 103 Nr 6). Sollte es jedoch zweifelhaft sein, ob dieser allgemeine Grundsatz auf die von der Klägerin besuchte Maßnahme übertragbar ist, wird das LSG den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären haben, zB durch Einholung einer Auskunft vom Maßnahmeträger oder einer Stellungnahme von einem Sachverständigen (BSGE 38, 109, 115 = SozR 4100 § 44 Nr 1).

Zu dem bildungsbedingten Zeitaufwand gehört ferner die notwendige Zeit für den Hin- und Rückweg von der Wohnung zur Ausbildungsstätte, auch wenn die AZO diese Zeit nicht als Arbeitszeit wertet. Insoweit hat der 10. Senat (aaO) zutreffend auf die Unterschiede zwischen einer Arbeitnehmertätigkeit und einer Ausbildung hingewiesen. Der Arbeitnehmer wird in der Regel entweder in der Nähe der Arbeitsstätte wohnen oder bewußt Nachteile in Kauf nehmen, die mit dem Weg von und zur Arbeit verbunden sind. Bildungswillige haben meist nicht diese Wahl. Einerseits ist der Umzug an den Ort der Bildungsstätte oft unzweckmäßig, weil die Maßnahme nur für eine begrenzte Zeit durchgeführt wird. Andererseits fehlt es in der Regel an der wirtschaftlichen Unabhängigkeit, um durch einen Umzug lange Wege im Rahmen der Maßnahme zu vermeiden.

Ferner wird das LSG ggf zu prüfen haben, ob nicht jedenfalls in der Woche, in der der Kompaktunterricht erteilt wurde (19. bis 21. Juni 1992), und/oder in den Wochen im August 1992, in denen die Klägerin an einem Praktikum teilnahm, ganztägiger Unterricht vorlag. Derartige Feststellungen sind ggf zu treffen, weil die Gesamtbelastung für jede Woche gesondert festzustellen ist (BSG SozR 4460 § 11 Nr 6).

Schließlich hat das LSG nicht die für die Beurteilung der allgemeinen Förderungsvoraussetzungen erforderliche Tatsachen festgestellt (vgl §§ 34 Abs 1 Satz 2, 36, 41, 42, 43 AFG, §§ 1a, 4, 10 AFuU). Auch diese Feststellungen sind ggf nachzuholen.

Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Uhg hat, wird das LSG zu prüfen haben, ob ihr statt dessen Alg oder – als geringere Leistung – Teil-Uhg oder Alhi (Meistbegünstigungsprinzip) zusteht. Ob der den Anspruch auf Alg betreffende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. Mai 1992 idF des Widerspruchsbescheids vom 26. November 1992 Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist, kann ebenso offenbleiben wie die Frage, ob der auf Aufhebung der genannten Bescheide und die Gewährung von Alg für die Dauer der Maßnahme gerichtetete Hilfsantrag der Klägerin auch ohne ihre Revision ohne weiteres in der Revisionsinstanz angefallen ist. Denn der Senat ist ohnehin an einer Entscheidung über den Hilfsantrag gehindert, weil das LSG hinsichtlich des Hauptantrages noch Feststellungen nachzuholen hat.

Der Entscheidung des LSG über den Hilfsantrag steht im übrigen nicht entgegen, daß das SG – zu Unrecht – auch über den Hilfsantrag entschieden hat. Denn da die Klägerin Anschlußberufung eingelegt hatte, konnte das Urteil des SG entgegen der Auffassung des LSG insoweit nicht rechtskräftig werden. Vielmehr hätte die erstinstanzliche Entscheidung, soweit der Hilfsantrag abgelehnt worden ist, aufgehoben werden müssen, denn das SG durfte über den Hilfsantrag nicht entscheiden, weil es dem Hauptantrag stattgegeben hat.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzubefinden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 234

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