Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragszeiten in Rumänien

 

Orientierungssatz

Zur Frage, ob Beitragszeiten in Rumänien, die in einem Arbeitsbuch und Lohnbescheinigungen bestätigt wurden, voll oder zu fünf Sechsteln anzurechnen sind.

 

Normenkette

FRG § 4 Abs 1 Fassung: 1960-02-25, § 15 Abs 1 Fassung: 1960-02-25, § 19 Abs 2 S 1 Halbs 1 Fassung: 1965-06-09

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 20.02.1979; Aktenzeichen L 5 Ar 1/78)

SG Bayreuth (Entscheidung vom 07.12.1977; Aktenzeichen S 3 Ar 317/76)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob dem Kläger die Zeit vom 26. September 1949 bis 22. Dezember 1969, während der er in Rumänien gearbeitet hat, nach § 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) zu fünf Sechsteln oder zu sechs Sechsteln auf das Altersruhegeld anzurechnen ist.

Der 1915 geborene Kläger lebte bis 1970 in Rumänien. Er ist als Vertriebener anerkannt. Der rumänische Versicherungsverlauf ist trotz mehrmaliger Anforderung durch die Beklagte nicht eingegangen. Der Kläger hat als Nachweis für die in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungs- bzw Versicherungszeiten ein Arbeitsbuch und verschiedene Arbeitsbescheinigungen vorgelegt. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1975 (Widerspruchsbescheid vom 29. April 1976) hat die Beklagte dem Kläger Altersruhegeld nach § 1248 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewährt und dabei die Beschäftigungs- bzw Versicherungszeiten des Klägers als glaubhaft gemacht nur zu fünf Sechsteln angerechnet.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Beitrags- bzw Beschäftigungszeiten von 1932 bis 1937, von 1941 bis 1943 und von 1949 bis 1969 ungekürzt anzurechnen (Urteil vom 7. Dezember 1977).

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 20. Februar 1979 auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als das SG die Beklagte zur ungekürzten Berücksichtigung der Zeit von 1941 bis 1943 verurteilt hat. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt:

Zwar erbringe das Arbeitsbuch, das in Rumänien die Grundlage für die Rentenzahlung bilde, keinen vollen Nachweis für Versicherungs- bzw Beschäftigungszeiten. Denn es enthalte zwar die Beschäftigungszeiten von ihrem Beginn bis zu ihrer Beendigung, vermerke aber nicht dazwischen liegende Krankheitszeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit. Vollgültigen Beweis für eine ununterbrochene Beschäftigung könnten nur die in den Betrieben geführten Lohnlisten erbringen. Diese Lohnlisten lägen im Original zwar nicht vor. Doch habe der Kläger Arbeitsbescheinigungen vorgelegt, die Auszüge aus diesen Lohnlisten wiedergäben. Für die Zeit vom 26. September 1949 bis 22. Dezember 1969 bildeten diese Arbeitsbescheinigungen deshalb bereits einen Nachweis für eine ununterbrochene Beitragsleistung, weil in dieser Zeit in Rumänien von den Betrieben allein die Beiträge zur Rentenversicherung erbracht worden seien.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 19 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 FRG iVm § 4 FRG. Das LSG habe die vorhandenen Beweismittel auch zu Unrecht dahingehend gewürdigt, daß die von dem Kläger genannten Beitragszeiten (§ 15 FRG) als nachgewiesen anzusehen und infolgedessen ohne Kürzung bei der Rentenfeststellung zu verwenden seien.

Die Beklagte beantragt, zu erkennen:

1. Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts

vom 20. Februar 1979 - Az: L 5 Ar 1/78 - wird in Ziff I,

soweit es die Zurückweisung der Berufung im übrigen

betrifft, abgeändert mit der Maßgabe, daß auf die

Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts

Bayreuth vom 7. Dezember 1977 auch insoweit aufgehoben

und die Klage im gleichen Umfange abgewiesen wird, als

es die Verurteilung zur ungekürzten Berücksichtigung

der Zeiten vom 26. September 1949 bis 30. Mai 1951,

vom 2. Juni 1951 bis 31. Dezember 1955 und vom

17. April 1956 bis 22. Dezember 1969 betrifft.

2. Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der

außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens

zu erstatten. Außergerichtliche Kosten des

Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Kläger ist nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die auf die Zeit von 1949 bis 1969 beschränkte Revision der Beklagten ist zurückzuweisen.

Das LSG hat den Begriff der "Glaubhaftmachung" und des "Nachweises" der Versicherungs- bzw Beitragszeiten (§§ 4, 19 FRG) nicht verkannt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Beklagte nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen (§ 163 SGG) angegriffen.

Nach den §§ 15, 1 FRG werden bei einem Vertriebenen wie dem Kläger die bei einem Versicherungsträger außerhalb der Bundesrepublik und des Landes Berlin erbrachten Beitragszeiten wie inländische Beitragszeiten (§§ 1249, 1250 RVO) angerechnet mit der Folge, daß der Versicherte von den Versicherungsträgern in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der fremden Beitragsleistungen Rentenzahlungen erhält. Sind die Beitragszeiten nur glaubhaft gemacht (§ 4 Abs 1 FRG), werden diese Zeiten zu fünf Sechsteln, sind sie nachgewiesen, zu sechs Sechsteln angerechnet (§ 19 Abs 2 Satz 1, 1. Halbsatz FRG).

Beitragszeiten nach § 15 FRG sind nur dann nachgewiesen und zu sechs Sechsteln anrechenbar, wenn zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, daß Ausfalltatbestände (krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit usw) nicht eingetreten sind (BSGE 38, 80). Diesen Inhalt der hier anzuwendenden Bestimmung hat das LSG richtig gesehen und es darauf abgestellt, ob aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen feststeht, daß der Kläger in der streitigen Zeit von 1949 bis 1969 ohne Unterbrechung gearbeitet hat. Das hat es unter Würdigung der vorhandenen Beweise bejaht. Daran wäre das Revisionsgericht nur dann nicht gebunden, wenn die Beklagte mit der Revision in bezug auf diese Tatsachenfeststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht, also etwa Verfahrensfehler des Berufungsgerichts aufgezeigt hätte, die bei der Tatsachenfeststellung begangen wurden (§ 163 SGG). Die Beklagte hat jedoch lediglich - ohne insoweit eine Gesetzesverletzung geltend zu machen - eingehend die Beweiswürdigung des LSG nachvollzogen und dargelegt, daß diese zu anderen Ergebnissen hätte gelangen müssen. Soweit die Beklagte vorträgt, auch für die streitige Zeit erbrächten die Arbeitsbescheinigungen nicht den Beweis der lückenlosen Arbeits- und Beitragsleistung, weil Unterbrechungen nicht eingetragen würden, behauptet sie lediglich andere als die vom LSG festgestellten Tatsachen.

Das reicht nicht aus, um die Beweiswürdigung des LSG zu erschüttern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657522

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