Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlichkeit einer Bildungsmaßnahme

 

Orientierungssatz

Die Einheitlichkeit der Bildungsmaßnahme ergibt sich aus dem Ziel der Förderung, hier der Erreichung der Qualifikation eines Meisters im Elektroinstallateurhandwerk. Dem steht nicht entgegen, daß die beiden Lehrgänge mit Prüfungen, die organisatorisch-zeitlich getrennt durchgeführt worden sind, in beliebiger Reihenfolge belegt werden konnten und auch nicht in der Weise miteinander verklammert waren, daß nach Abschluß der Lehrgänge eine einheitliche Prüfung abzulegen war (vgl BSG 1974-08-29 7 RAr 31/72 = SozR 4100 § 41 Nr 6).

 

Normenkette

AFG § 42 Abs 2 Fassung: 1977-12-12

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 04.12.1979; Aktenzeichen L 3 Ar 341/79)

SG Oldenburg (Entscheidung vom 19.06.1979; Aktenzeichen S 4 Ar 197/78)

 

Tatbestand

Der am 18. Mai 1951 geborene Kläger begehrt Förderung der Teilnahme an Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung. Nach Abschluß der Elektroinstallateur-Lehre besuchte er vom 3. September 1973 bis 28. Januar 1976 in Wilhelmshaven die Zweijährige Fachschule Technik in Vollzeitform und erwarb die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Techniker, Fachrichtung Elektrotechnik" zu führen. Während des Fachschulbesuchs gewährte ihm die Beklagte - außer in der Zeit vom 4. Juli 1974 bis 2. Februar 1975, während der der Kläger auf eigene Kosten das zweite Semester wiederholen mußte - Unterhaltsgeld (Uhg). Anschließend bezog der Kläger vom 2. Februar bis 4. August 1976 - unterbrochen durch Krankheit vom 6. bis 17. Juli 1976 - Arbeitslosengeld (Alg). Vom 5. August 1976 bis 15. März 1977 besuchte er die Fachoberschule, Fachrichtung Technik, in Wilhelmshaven. Nach erneuter Arbeitslosigkeit ab 5. Mai 1977 bezog er wiederum Alg, bis er am 4. Juli 1977 eine Beschäftigung als Elektroinstallateur aufnahm.

Mit Antrag vom 13. Januar 1978 begehrte der Kläger Förderung der Teilnahme an einem wirtschafts- und rechtskundlichen sowie berufs- und arbeitspädagogischen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Elektroinstallateurhandwerk (Abschnitte III und IV), den er seit 2. Dezember 1977 in Teilzeitunterricht besuchte; das Lehrgangsende war für Juni 1978 vorgesehen. Am 14. August 1978 bescheinigte der zuständige Meisterprüfungsausschuß, daß der Kläger die Meisterprüfung in den genannten Abschnitten mit Erfolg abgelegt habe.

Seit Anfang November 1979 besuchte der Kläger den weiteren fachpraktischen und fachtheoretischen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung (Abschnitte I und II) in Teilzeitunterricht, der nach seinen Angaben die gleiche Dauer wie der voraufgegangene Lehrgang hat.

Mit Bescheid vom 22. März 1978 und Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1978 lehnte die Beklagte die Förderung der Teilnahme an dem am 2. Dezember 1977 begonnenen Lehrgang (Abschnitte III und IV) mit der Begründung ab, daß der Kläger nach der bis 28. Januar 1976 gewährten früheren Förderung keine berufliche Tätigkeit von mindestens zwei Jahren ausgeübt habe. Aus den gleichen Gründen lehnte sie auch die Förderung der Teilnahme an dem weiteren Lehrgang zur Vorbereitung auf die Abschnitte I und II der Meisterprüfung mit Bescheid vom 24. Oktober 1979 ab. Die Beklagte wies darauf hin, daß die Vorbereitungskurse als eine einheitliche Maßnahme anzusehen seien, die am 2. Dezember 1977 begonnen habe.

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Oldenburg -SG- vom 19. Juni 1979 und Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen -LSG- vom 4. Dezember 1979). Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt: Gegenstand des Verfahrens sei nicht nur der Bescheid vom 22. März 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 1978, die den ersten Vorbereitungskurs (Abschnitte III und IV der Meisterprüfung) betroffen hätten, sondern auch der während des Berufungsverfahrens erteilte Bescheid vom 24. Oktober 1979, der sich auf den weiteren Vorbereitungskurs (Teile I und II) bezogen habe. Dieser Bescheid sei nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil er im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergangen und das streitige Rechtsverhältnis für einen weiteren Zeitraum geregelt habe. Die genannten Bescheide bezogen sich nämlich auf die Teilnahme des Klägers an einer einheitlichen berufsbildenden Maßnahme. Nach den objektiven Zielsetzungen der beruflichen Förderung (§ 43 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-), nach denen die Abgrenzungsmerkmale für den Begriff der berufsbildenden Maßnahme zu bestimmen seien, komme es stets auf den Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten an, die sich unmittelbar im Erwerbsleben verwerten ließen. Aus diesem Grunde seien Abschnitte eines Bildungsganges nur dann als berufsbildende Maßnahme iS des AFG zu begreifen, wenn sie notwendig und geeignet seien, einen angestrebten Arbeitsmarktberuf zu erreichen (BSGE 37, 223, 225; Gagel/Jülicher, AFG-Komm, 1979, § 34 RdNr 14). Die beiden Lehrgänge erwiesen sich danach als Teile einer einheitlichen Bildungsmaßnahme, weil nur durch die Meisterprüfung selbst, nicht aber durch einzelne Prüfungsabschnitte die Berechtigung erworben würde, selbständige Betriebe im Elektrohandwerk zu führen und Nachwuchskräfte auszubilden. Nur beide Abschnitte des zur Meisterprüfung führenden Bildungsganges hätten zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf geführt.

Mit Recht habe daher die Beklagte die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 AFG, der hier in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG (4. AFG-ÄndG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 255) anzuwenden sei, verneint. Dieses am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Gesetz erfasse das zwischen den Beteiligten streitige Rechtsverhältnis unabhängig davon, daß der Kläger schon seit dem 2. Dezember 1977 an dem Vorbereitungslehrgang teilgenommen habe. Der Förderungsantrag, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) materiell-rechtliche Voraussetzung des Leistungsanspruchs sei, sei erst im Januar 1978 gestellt worden.

Für den Anspruch des Klägers seien zwar die objektiven Zugangsvoraussetzungen des § 41 Abs 1 AFG erfüllt, jedoch fehle es an den Voraussetzungen des § 42 Abs 2 AFG. Die dort vorgesehene Ausnahmeregelung, wonach es einer zwischenzeitlichen Berufstätigkeit nicht bedürfe, wenn der Teilnehmer an einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme mit Vollzeitunterricht bis zu drei Monaten oder mit Teilzeitunterricht bis zu 12 Monaten gefördert worden sei oder wenn er an einer solchen Maßnahme teilnehme, greife im Falle des Klägers nicht ein. Während des Besuchs der Zweijährigen Technikerschule sei er in Vollzeitform erheblich mehr als drei Monate lang gefördert worden. Auch die jetzt beantragte Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme mit Teilzeitunterricht erstrecke sich auf einen längeren Zeitraum als bis zu 12 Monaten, denn die beiden organisatorisch getrennt durchgeführten Vorbereitungskurse für die Meisterprüfung, die als einheitliche Maßnahme anzusehen seien, erstreckten sich über eine Zeit von mehr als einem Jahr.

Der Kläger sei nach Abschluß der früheren, bis 31. Januar 1976 geförderten Fortbildungsmaßnahme nicht mindestens drei Jahre lang beruflich tätig gewesen, wie dies in § 42 Abs 2 Satz 1, 1. Halbsatz AFG gefordert werde, sondern habe bereits ab 2. Dezember 1977 - insoweit komme es auf den Beginn der späteren Maßnahme, nicht auf den Antrag auf Förderung an - an der neuen Fortbildungsmaßnahme teilgenommen. Auch bei einer nur "geringfügigen" Unterschreitung der Abstandsfrist wäre keine Entscheidung zugunsten des Klägers möglich, weil Fristvorschriften nach ständiger Rechtsprechung des BSG streng auszulegen seien. Von einer geringfügigen Unterschreitung der Abstandsfrist könne im Falle des Klägers ohnehin keine Rede sein; denn die von ihm herangezogene Fassung des § 42 Abs 2 AFG in der Fassung des 5. AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979, die am 1. Januar 1979 in Kraft getreten sei, knüpfe die Verkürzung der Abstandsfrist (von drei auf zwei Jahre) wiederum an Voraussetzungen, die bereits § 42 Abs 2 Satz 2 AFG in der Fassung des 4. AFG-ÄndG gekannt habe und die der Kläger nicht erfüllt habe. Die weiteren Voraussetzungen der Förderung seien daher nicht zu prüfen gewesen.

Mit der Revision rügt der Kläger, die vom LSG vorgenommene Wertung der beiden Vorbereitungslehrgänge für die Meisterprüfung als einheitliche Fortbildungsmaßnahme finde weder im Gesetz, noch in der tatsächlichen Gestaltung eine Stütze. Die beiden Kurse seien nicht nur zeitlich-organisatorisch voneinander getrennt durchgeführt worden, sondern seien auch fachlich-inhaltlich so aufgebaut, daß kein irgendwie gearteter notwendiger Zusammenhang zwischen ihnen bestehe. Darüber hinaus zeige die Konstruktion der §§ 41 bis 43 AFG, daß der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen sei, daß Fortbildungsmaßnahmen in zeitlich getrennter Form durchgeführt werden könnten und daß eine stufenweise Fortbildung mit geringeren oder größeren zeitlichen Intervallen als förderungswürdig anzusehen sei. Das Gesetz werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Möglichkeit der Fortbildung dadurch beschnitten werde, daß in einer im Gesetz nicht vorgesehenen Weise durch Zusammensetzung verschiedener Lehrgänge eine einzige Förderungsmaßnahme konstruiert werde, die den vom Gesetz gegebenen Rahmen von 12 Monaten überschreite.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen

vom 4. Dezember 1979 und des Sozialgerichts Oldenburg

vom 19. Juni 1979 sowie den Bescheid der Beklagten

vom 22. März 1978 in der Fassung des

Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 1978 und den

Bescheid vom 24. Oktober 1979 aufzuheben und

die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen,

die Teilnahme an den Lehrgängen mit Teilzeitunterricht

zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im

Elektroinstallateurhandwerk Teil III und IV

ab 2. Dezember 1977 sowie Teil I und II ab

November 1979 als Maßnahme der beruflichen

Fortbildung zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie meint, das LSG habe mit zutreffender Begründung festgestellt, daß die Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung I und II sowie III und IV als Teile einer einheitlichen Maßnahme der beruflichen Bildung zu werten seien. Insoweit habe das LSG zu Recht auf das gemeinsame Ziel der Lehrgänge - Ablegung der Meisterprüfung - abgestellt und dabei zutreffend berücksichtigt, daß sich ein auf dem Arbeitsmarkt verwertbares Berufsziel nur nach Durchlaufen beider Abschnitte des einheitlichen, zur Meisterprüfung führenden Bildungsganges erreichen lasse. Der Hinweis des Klägers auf die Konstruktion der §§ 41 bis 43 AFG und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Förderung einer stufenweisen Fortbildung könne einen Förderungsanspruch im vorliegenden Fall nicht begründen. Eine isolierte Förderung von Ausbildungsabschnitten sei jedenfalls nur in den Fällen möglich, in denen mit dem jeweils abgeschlossenen Abschnitt eines Bildungsganges auch gleichzeitig ein auf dem Arbeitsmarkt verwertbarer Beruf erworben werde. In diesen Fällen müßten aber für weitere Abschnitte jeweils die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 bzw 3 AFG erneut vorliegen. Da im Falle des Klägers die Dauer der - einheitlichen - Maßnahme insgesamt 12 Monate überschreite, könne eine Förderung nicht erfolgen, weil der Kläger nicht eine mindestens zweijährige berufliche Tätigkeit nach Abschluß der früher geförderten Maßnahme aufweisen könne (§ 42 Abs 2 iVm Abs 3 AFG). Insoweit habe das LSG zutreffend festgestellt, daß die zu einer wirksamen Fortbildung als erforderlich angesehene Berufserfahrung vor dem Beginn der Maßnahme erfüllt sein müsse. Auch geringfügige Unterschreitungen der erforderlichen Berufstätigkeit könnten einen Förderungsanspruch nicht begründen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat einen Förderungsanspruch zu Recht verneint. Die Teilnahme an den Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Elektroinstallateurhandwerk einschließlich der Prüfungen war für den Kläger als ausgebildeten Elektroinstallateur und Elektrotechniker inhaltlich (weitere) berufliche Fortbildung, für welche die vom Gesetz in § 41 Abs 1 AFG verlangten Zugangsvoraussetzungen vorliegen (vgl § 49 Handwerksordnung -HwO-; BSG SozR 4100 § 41 Nr 6 und § 42 Nr 5). Dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Zu Recht hat das LSG angenommen, daß die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 AFG nicht erfüllt sind.

Maßgebend für die Beurteilung der materiellen Rechtslage ist § 42 Abs 2 AFG idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG (4. AFG-ÄndG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557). Dieses am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Gesetz erfaßt, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, das zwischen den Beteiligten streitige Rechtsverhältnis trotz des Umstandes, daß der Kläger schon seit dem 2. Dezember 1977 an der Maßnahme teilgenommen hat. Der Kläger hat nämlich seinen Förderungsantrag erst am 13. Januar 1978 gestellt, so daß eine Förderung der Teilnahme erst mit diesem Tag in Betracht kam (§ 20 Abs 1 Satz 3 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit -BA- über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung - AFuU - vom 23. März 1976, ANBA 559). Da der Antrag materiell-rechtliche Voraussetzung des Leistungsanspruchs ist (BSG SozR Nr 1 zu § 21 AFuU 1969), fällt die Entstehung des Anspruchs bzw der Beginn des Förderungszeitraums unter die Geltung des 4. AFG-ÄndG. Die Frage, ob hinsichtlich des über den 1. August 1979 andauern den Förderungszeitraums die vom Kläger herangezogene Neufassung des § 42 Abs 2 AFG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) anzuwenden ist, konnte der Senat offenlassen. Denn diese Bestimmung entspricht, abgesehen von dem neu eingefügten Satz 3 Nr 2, der im Falle des Klägers keine Anwendung findet, dem bisherigen Recht (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, Komm, § 42 RdNr 2, 6. Lfg, Stand: Oktober 1979).

Nach § 42 Abs 2 Satz 1 AFG idF des HStruktG-AFG und idF des 4. AFG-ÄndG werden Antragsteller, die als Teilnehmer an einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme bereits einmal nach diesem Gesetz gefördert worden sind, nur gefördert, wenn sie danach mindestens weitere drei Jahre beruflich tätig gewesen sind. Nach § 42 Abs 3 AFG idF des 4. AFG-ÄndG verkürzt sich die Dauer der beruflichen Tätigkeit im Falle des Absatzes 2 um ein Jahr, wenn der Antragsteller ua an einer Maßnahme mit Teilzeitunterricht und einer Dauer bis zu 24 Monaten teilnimmt. Nach § 42 Abs 2 Satz 1, 2. Halbsatz AFG, der durch das 4. AFG-ÄndG dem bisherigen Satz 1 idF des HStruktG-AFG angefügt worden ist, ist eine berufliche Tätigkeit nicht erforderlich, wenn der Antragsteller als Teilnehmer an einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme mit Vollzeitunterricht bis zu drei Monaten oder mit Teilzeitunterricht bis zu 12 Monaten gefördert worden ist oder wenn er an einer solchen Maßnahme teilnimmt. Diese Leistungsvoraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.

Die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 42 Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz AFG, wonach eine Zwischentätigkeit nicht erforderlich ist, scheitert daran, daß der Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG während des früheren Fachschulbesuchs in Vollzeitform erheblich mehr als drei Monate lang von der Beklagten gefördert worden ist und die jetzt beantragte Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme mit Teilzeitunterricht sich auf einen längeren Zeitraum als bis zu 12 Monaten erstreckt. Die beiden Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung dauerten nach den Feststellungen des LSG jeweils mehr als sechs Monate.

Zutreffend hat das LSG angenommen, daß es sich bei den beiden Lehrgängen mit Prüfungen um Teile einer einheitlichen Bildungsmaßnahme gehandelt hat, die deshalb auch hinsichtlich der Teilnahmeförderung als Einheit zu beurteilen sind. Deshalb hat das LSG auch zu Recht den den zweiten Lehrgang betreffenden Bescheid vom 24. Oktober 1979 gem § 96 SGG als Gegenstand des Verfahrens angesehen, weil er die gleiche Bildungsmaßnahme für einen weiteren Maßnahmeteil betrifft und vom Kläger aus den gleichen Gründen angefochten wird wie der ursprüngliche Bescheid (vgl BSG SozR 1500 § 96 Nr 7 und Nr 14).

Dem steht nicht entgegen, daß die beiden Lehrgänge mit Prüfungen, die organisatorisch-zeitlich getrennt durchgeführt worden sind, in beliebiger Reihenfolge belegt werden konnten und auch nicht in der Weise miteinander verklammert waren, daß nach Abschluß der Lehrgänge eine einheitliche Prüfung abzulegen war (vgl BSG SozR 4100 § 41 Nr 6; BSG SozR 4460 § 21 Nr 1). Die Einheitlichkeit der Bildungsmaßnahme ergibt sich vielmehr aus dem Ziel der Förderung, hier der Erreichung der Qualifikation eines Meisters im Elektroinstallateurhandwerk. Der in §§ 33 ff AFG mehrfach verwendete Begriff der beruflichen Bildungsmaßnahme ist im Gesetz nicht definiert und auch nicht näher von - unselbständigen - Bestandteilen einer Bildungsmaßnahme einerseits und einer Mehrheit solcher Maßnahmen andererseits begrifflich abgegrenzt. § 34 Abs 2 und 3 AFG enthalten lediglich eine Aufzählung einzelner Bestandteile einer Bildungsmaßnahme (zB Prüfungszeiten, Vor- und Nachpraktika). Maßgebend für die Abgrenzung ist, wie der Senat bereits - zum Verhältnis von Meisterkurs und Meisterprüfung - entschieden hat, das mit der Förderung erstrebte Maßnahmeziel; denn wesentliches Merkmal für die Förderungsfähigkeit einer Maßnahme ist das mit ihr zu erreichende Ziel (BSG SozR 4100 § 45 Nr 3). Deshalb ist die Frage der Zusammengehörigkeit von Maßnahmeteilen bzw ihre Beurteilung als einheitliche Maßnahme von diesen Zielen her, hier den Fortbildungszielen der §§ 41 Abs 1, 43 Abs 1 AFG zu beantworten. Im Falle des Klägers ist das Ziel der Fortbildung iS von § 43 Abs 1 AFG, wenn auch ein beruflicher Aufstieg vom Elektrotechniker zum Elektroinstallateurmeister iS der Nr 1 dieser Bestimmung zweifelhaft sein mag, jedenfalls auch auf die Heranbildung zur Ausbildungskraft iS von Nr 5 dieser Bestimmung gerichtet gewesen; hierzu gehört - im Handwerksbereich - auch die Heranbildung zum Meister (vgl BSGE 39, 194, 197). Dieses Ziel war nicht bereits mit dem Durchlaufen eines der Vorbereitungskurse und des ihn abschließenden Prüfungsteils, sondern erst mit der Ablegung der Meisterprüfung als solcher erreicht; denn erst die Meisterprüfung führt zu einer auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Berufsqualifikation als Meister und damit zugleich - im Handwerksbereich - zur vollen Befähigung als Ausbilder iS des Berufsbildungsgesetzes (§ 20; vgl BSGE 39, 194, 197). Nach den Berufsordnungsregelungen der HwO wird die Berufsqualifikation eines Meisters im Handwerk erst mit der Ablegung "der Meisterprüfung" erreicht. Nur wer die Meisterprüfung bestanden hat, darf im Handwerk die Bezeichnung "Meister" führen (§ 51 HwO). Die bestandene Meisterprüfung ist nicht nur Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle (§ 57 HwO) und damit für den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe (§ 1 Abs 1 HwO), sondern auch Voraussetzung für die Einstellung und Ausbildung von Lehrlingen (Auszubildenden) im Handwerk (§ 21 HwO). Insbesondere aus den nach § 45 HwO im Verordnungswege ergangenen Regelungen über die Anforderungen an die Ablegung der Meisterprüfung im Handwerk wird deutlich, daß die für das Bestehen der Meisterprüfung erforderlichen einzelnen Prüfungen bzw Prüfungsteile samt der inhaltlich auf sie ausgerichteten Lehrgänge bzw Lehrgangsabschnitte Teile einer einheitlichen Bildungsmaßnahme sind. Nach § 1 Abs 1 der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (VO 1972; BGBl I 2441) gliedert sich die Meisterprüfung in Gewerben der Anlage A zur HwO, zu der auch das Elektroinstallateurhandwerk gehört, in vier Prüfungsteile, nämlich Teil I: die praktische Prüfung, Teil II: die Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse, Teil III: die Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse und Teil IV: die Prüfung der berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse. Zum Bestehen "der Meisterprüfung" müssen in jedem Prüfungsteil ausreichende Prüfungsleistungen erbracht werden (§ 2 Abs 1 VO 1972). Daß die für die Prüfungsteile III und IV geltenden Anforderungen an die Meisterprüfung im Handwerk in §§ 4 und 5 der genannten VO 1972 für alle erfaßten Handwerkszweige gemeinsam geregelt sind, hingegen die speziellen Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II in der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Elektroinstallateurhandwerk vom 15. April 1975 (BGBl I 949) enthalten sind, steht der Annahme einer einheitlichen Bildungsmaßnahme nicht entgegen. Sowohl die vier Prüfungsteile als solche als auch die auf sie vorbereitenden Einzellehrgänge erhalten ihren Sinn ausschließlich von der als Einheit anzusehenden Meisterprüfung (vgl BSG SozR Nr 2 zu § 41 AFG; BSG SozR 4100 § 41 Nr 6; so auch Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO § 42 RdNr 24, 4. Lfg, Stand: August 1976). Die Vorbereitung auf die Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) sowie der berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV) mag zwar - isoliert betrachtet - dem Förderungsziel der Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten iS von § 41 Abs 1 AFG gedient haben, stellt aber im Hinblick auf den durch die Berufsordnungsregelungen der HwO vorgesehenen einheitlichen Berufsabschluß nur einen Teil bzw Abschnitt einer Bildungsmaßnahme dar, der nicht selbständig förderbar ist.

Mit Recht hat daher das LSG angenommen, daß die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 Satz 1, 2. Halbsatz AFG, wonach eine Zwischentätigkeit nicht erforderlich ist, nicht erfüllt sind. Der Kläger erfüllt aber auch nicht die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 Satz 1, 1. Halbsatz iVm Abs 3 AFG, denn er weist auch nicht eine mindestens dreijährige bzw mindestens zweijährige berufliche Tätigkeit oder gleichstehende Tätigkeit nach Abschluß der voraufgegangenen Maßnahme der beruflichen Fortbildung auf. Zwar erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Verkürzung der dreijährigen Abstandsfrist nach § 42 Abs 3 AFG um ein Jahr, weil die Teilnahme an beiden Vorbereitungslehrgängen nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG weniger als 24 Monate gedauert hat.

Jedoch scheitert der Förderungsanspruch des Klägers daran, daß auch nicht eine mindestens zweijährige Abstandsfrist gewahrt ist. Die Förderung der Teilnahme des Klägers an der früheren Fortbildungsmaßnahme endete nach den Feststellungen des LSG, die nicht angegriffen worden sind, am 31. Januar 1976, während er bereits ab 2. Dezember 1977 an der weiteren Maßnahme der beruflichen Fortbildung teilgenommen hat. Das LSG hat insoweit zutreffend entschieden, daß sich der geforderte zeitliche Abstand zur früheren Maßnahme nach dem Beginn der erneuten Maßnahme der beruflichen Bildung - hier dem 2. Dezember 1977 - richtet, nicht danach, wann der Antrag gestellt worden ist bzw ab wann eine Förderung in Betracht kommt. Wie der Senat bereits entschieden hat, ergibt sich dies aus Sinn und Zweck, den das HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) mit dem neubegründeten Erfordernis beruflicher Tätigkeit vor der Inanspruchnahme von Förderungsleistungen zur beruflichen Fortbildung verfolgt (BSG Urteile vom 15. Februar 1979, 7 RAr 68/78 - und vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 104/78 -). Die im Erwerbsleben gewonnenen praktischen Berufserfahrungen sollen dem Teilnehmer einen leichteren Zugang zu dem während der Maßnahme vermittelten Lehrstoff ermöglichen, so daß diese Erfahrungen bereits zum Zeitpunkt des Eintritts in die Maßnahme zu fordern sind. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie hier - die Förderung erst zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen wird. Aus dem Umstand, daß einzelne Voraussetzungen für den Leistungsanspruch, wie es für den Antrag zutrifft, erst nach Eintritt in die Maßnahme erfüllt werden können, ergibt sich nicht, daß dies auch für die Voraussetzung der Zwischentätigkeit gilt. Diese muß vielmehr, wie sich aus der Begründung zum Entwurf des Haushaltsstrukturgesetzes vom 8. Oktober 1975 (BT-Drucks 7/4127, S 49) ergibt, schon vor dem Eintritt in die Maßnahme abgeschlossen gewesen sein (so auch Hoppe/Berliner, Förderung der beruflichen Bildung, Bd I, § 42 AFG Anm 4, Stand Januar 1980; Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO § 42 RdNr 19, 4. Lfg, Stand: August 1976).

Bei dieser Sachlage konnte der Senat dahingestellt sein lassen, ob auch die Zeiten, in denen der Kläger arbeitslos gemeldet, krank war und die Fachoberschule besucht hat, in die Berechnung der Zeit der beruflichen Tätigkeit iS von § 42 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 3 AFG einzubeziehen ist (bejahend für Zeiten der Arbeitslosigkeit BSG SozR 4100 § 42 Nr 7; siehe dazu auch Gagel/Jülicher, aaO, § 42 RdNrn 7 bis 9; verneinend für Zeiten der Ausbildung BSG SozR 4460 § 3 Nr 4 und BSGE 41, 193, beide zu § 3 Abs 2 AFuU 1969). Auch wenn ihre Einbeziehung bejaht wird, könnte die dann evtl nur "geringfügige" Unterschreitung der Abstandsfrist eine Entscheidung zugunsten des Klägers nicht rechtfertigen; eine Härteregelung sieht das Gesetz für derartige Fälle nicht vor.

Die vom Kläger herangezogene Neufassung des § 42 Abs 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG sieht in Satz 3 Nr 2 eine weitere Verkürzung bzw einen Wegfall des Erfordernisses beruflicher Tätigkeit nur für Fälle vor, in denen die Teilnahme an einer Maßnahme notwendig iS des § 44 Abs 2 Nr 1 bis 3 AFG ist. Auch diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er war vor Eintritt in die Bildungsmaßnahme weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht und hatte auch bereits eine berufliche Qualifikation erreicht.

Die Revision des Klägers kann daher keinen Erfolg haben, weil Ansprüche des Klägers auf Erstattung von Kosten, die wegen der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme entstanden sind (§ 45 AFG), zu Recht verneint worden sind. Hierbei konnte dahingestellt bleiben, ob die Berufung hinsichtlich der einzelnen in § 45 AFG zusammengefaßt geregelten Sachkostenansprüche - die weder vom Kläger noch im Urteil des LSG näher konkretisiert worden sind - zulässig war oder ob sie evtl nach § 144 Abs 1 SGG ausgeschlossen war, soweit es sich hierbei um einmalige Leistungen oder Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (3 Monaten) gehandelt hat; denn das mit der Berufung angefochtene Urteil des SG erweist sich als richtig, unabhängig davon, ob die Berufung unzulässig oder unbegründet war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656939

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