Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommen iS des § 10 Abs 7 Buchst b BVG. Verlustausgleichsverbot. Subsidiarität. Fürsorgeprinzip

 

Leitsatz (amtlich)

Einkommen, das die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung überschreitet und deshalb einen Anspruch auf Heil- und auf Krankenbehandlung für Schwerbeschädigte ausschließt, ist nach sämtlichen Bruttoeinkünften zu bemessen. Zwischen einzelnen Einkunftsarten ist ein Verlustausgleich nicht vorzunehmen. Werbungskosten sind insoweit abzuziehen, als sie tatsächlich die Einkünfte mindern.

 

Orientierungssatz

1. Zur Auslegung des Begriffs "Einkommen" in § 10 Abs 7 Buchst b BVG.

2. Das Verlustausgleichsverbot in § 1 Abs 4 S 3, § 8 Abs 1 S 2 BVG§33DV und § 16b Abs 1 S 5 BVG ist auf die Einkommensermittlung gemäß § 10 Abs 7 Buchst b BVG zu übertragen.

3. Heilbehandlung nach § 10 Abs 2 BVG und Krankenbehandlung werden unabhängig vom strengen Entschädigungsgrundsatz der Kriegsopferversorgung gewährt und gehören zu dem vom Fürsorgeprinzip getragenen Teil der Versorgung (vgl BSG vom 1981-01-28 9 RV 40/80 = SozR 3100 § 10 Nr 18). Für sie gilt der Grundsatz der Subsidiarität (vgl BSG vom 1970-09-30 8 RV 371/69 = SozR Nr 7 zu § 10 BVG). Dementsprechend ist auch bei der Kriegsopferfürsorge im engeren Sinn (§§ 25 bis 27h BVG) ein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkommensarten ausgeschlossen. Wenn der Gesetzgeber die Heilbehandlung des § 10 Abs 2 BVG und die Krankenbehandlung außerhalb der Kriegsopferfürsorge im rechtstechnischen Sinn mit Rücksicht auf eine bestimmte Bedarfslage anbietet (§ 10 Abs 7 BVG), dann darf er diese Voraussetzung in Abweichung von einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise mindestens so stark beschneiden wie durch das Einkommen, von dem jene echte Versorgungsleistung abhängt.

 

Normenkette

BVG § 10 Abs 2 Fassung: 1975-06-09; BVG § 10 Abs 4 S 1 Buchst a Fassung: 1974-08-23; BVG § 10 Abs 7 Buchst b Fassung: 1974-08-07; BVG§33DV § 1 Abs 4 S 3, § 8 Abs 1 S 2; BVG § 16b Abs 1 S 5, § 10 Abs 2; KFürsV § 39

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 30.10.1981; Aktenzeichen L 9 V 331/81)

SG Stade (Entscheidung vom 25.07.1979; Aktenzeichen S 1 V 27/79)

 

Tatbestand

Der Kläger     bezieht Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vH. Er war bis Ende Februar 1981 freiwillig bei einer Allgemeinen Ortskrankenkasse krankenversichert. Im Dezember 1978 beantragte er beim Versorgungsamt einen Bundesbehandlungsschein für sich und seine Familienmitglieder. Er gab dazu an, 1977 habe sein steuerpflichtiges Einkommen 978,-- DM monatlich betragen. Die Versorgungsverwaltung lehnte den Antrag auf Heilbehandlung wegen solcher Gesundheitsstörungen, die nicht als Schädigungsfolgen anerkannt sind, und auf Krankenbehandlung nach § 10 Abs 7 BVG ab. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht (BSG) hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Landessozialgericht (LSG) zurück (SozR 3100 § 10 Nr 18). Der Zurückverweisung lag eine Entscheidung darüber, wann die begehrten Behandlungsansprüche nach § 10 Abs 7 Buchstabe a BVG wegen einer entsprechenden Forderung gegen einen Sozialversicherungsträger ausgeschlossen sind, zugrunde.

Das Berufungsgericht hat sodann erneut das Rechtsmittel zurückgewiesen (Urteil vom 30. Oktober 1981): Zwar sei dem Kläger die Heil- und die Krankenbehandlung nicht nach § 10 Abs 7 Buchstabe a BVG zu versagen; denn er habe die gesamten Beiträge selbst aufgebracht. Aber die Versorgungsbehörde habe diese Leistungen zutreffend nach Buchstabe b abgelehnt. Der Kläger, der keine Ausgleichsrente beziehe, habe nämlich mit einem Ruhegehalt von 3.135,96 DM ab März 1978, von 3.224,93 DM ab Januar 1979, von 3.362,24 DM ab März 1979 und von 3.378,42 DM ab Januar 1980 ein Einkommen, das über der Jahresarbeitsverdienstgrenze der Krankenversicherung liege. Grundsätzlich sei das Bruttoeinkommen maßgebend. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit seien Werbungskosten nicht abzusetzen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei nicht sein Gesamteinkommen unter Berücksichtigung der Verluste aus einer Einkommensart (Vermietung und Verpachtung) maßgebend; insbesondere seien nicht die steuerlichen Vergünstigungen mit einem Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten zu übernehmen. Aus der sozialversicherungsrechtlichen Vorschrift des § 16 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) ergebe sich nichts anderes zugunsten des Klägers.

Der Kläger rügt mit der - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung des § 10 Abs 2, 4 und 7 Buchstabe b BVG. Zwar sei das Bruttoeinkommen hier maßgebend. Aber auch unabhängig von steuerrechtlichen Grundsätzen komme es auf das Gesamteinkommen an, wenn dem Beschädigten Einkünfte aus mehreren Quellen zuflössen. Dabei müßten die Verluste ausgeglichen werden. Die Regelung des § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG (DV zu § 33 AVG) für die Ausgleichsrente, die dies ausschließe, sei verfassungsrechtlich bedenklich. Sie könne jedenfalls als Ausnahmevorschrift nicht einfach auf den Einkommensbegriff des § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG übertragen werden. Beim Kläger müßten die laufenden Kosten wie Grundsteuer, Abgaben, Gebühren, Versicherungsbeiträge, Hypothekenzinsen und Aufwendungen für die Erhaltung des Bauwerks von den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgesetzt und als die Einnahmen überschießend und damit das Gesamteinkommen mindernd berücksichtigt werden. Falls der Beschädigte umgekehrt aus Vermietung und Verpachtung einen Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erziele, erhöhe dieser das Gesamteinkommen. Es sei auch bedenklich, die Werbungskosten außer Betracht zu lassen; sie minderten tatsächlich das zu Verfügung stehende Einkommen von Arbeitnehmern ebenso wie Betriebskosten im Gewerbebetrieb und in freien Berufen. Außerdem müsse der Freibetrag außer Ansatz bleiben, den der Kläger wegen seiner erhöhten Aufwendungen als Schwerbeschädigter anerkannt bekomme. Ob zusätzlich erhöhte Abschreibungen nach § 7b Einkommensteuergesetz (EStG) abzusetzen seien, müsse noch geklärt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten

Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht

zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf das Berufungsurteil.

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung als Vertreter der Beigeladenen hat näher begründet, warum für die Berechnung der Ausgleichsrente ein Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten nicht in Betracht komme. Dies müsse ebenso wie im Sozialhilferecht auch im gegenwärtigen Fall gelten.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision     des Klägers hat keinen Erfolg. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Ansprüche des Klägers auf Heilbehandlung wegen Gesundheitsstörungen, die nicht als Schädigungsfolgen anerkannt sind (§ 10 Abs 2 BVG idF vom 22. Juni 1976 - BGBl I 1633 - 27. Juni 1977 - BGBl I 1037 -, jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 - BGBl I 21 -), und auf Krankenbehandlung für Familienangehörige (§ 10 Abs 4 Buchstabe a BVG sind nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger, der keine Ausgleichsrente bezieht, ein Einkommen hat, das die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung überschreitet.

Im vorangegangenen Rechtsstreit, der wegen derselben Ansprüche hauptsächlich den Ausschlußtatbestand des § 10 Abs 7 Buchstabe a BVG betraf, hat der erkennende Senat für die nunmehr umstrittene negative Voraussetzung des § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG bereits festgelegt, daß der Begriff des "Einkommens" grundsätzlich durch Maßstäbe des Kriegsopferversorgungsrechts bestimmt wird (BSG SozR 3100 § 10 Nr 18 S 34). Daran wird festgehalten, worauf noch näher einzugehen ist. Auch wird die Entscheidung bekräftigt, daß diese Art von Einkommen als Bruttoeinkommen zu bestimmen ist.

Grundsätzlich folgt dem inzwischen auch der Kläger. Er besteht nicht mehr darauf, die umstrittenen Ansprüche schlechthin vom steuerpflichtigen Einkommen abhängig zu machen. Ein solcher Bewertungsmaßstab scheidet schon deshalb aus, weil § 10 Abs 7 Buchstabe b lediglich auf die "Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung" verweist. Damit ist indes der Begriff des "Einkommens" der Krankenversicherung entlehnt. Dieser Begriff löst in einem und im anderen Bereich andere rechtliche Folgen aus. Auf dem Gebiet der Krankenversicherung lehnt sich der Begriff weitgehend an die Umschreibung des Einkommensteuerrechts an (§§ 14 bis 17 SGB IV vom 23. Dezember 1976 - BGBl I 3845 -; BSGE 48, 206, 207 ff = SozR 2200 § 205 Nr 22; SozR 2200 § 205 Nr 23). Das gilt jedoch nur für die Sozialversicherung (§ 1 Abs 1 SGB IV). Dieser Zweig des Sozialrechts ist von der Kriegsopferversorgung als Teil der sozialen Entschädigung unterschieden (§§ 4, 5, 21, 24, Art II § 1 Nrn 4 und 11 SGB I vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015 -). In § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG wird für die Kriegsopferversorgung der Einkommensmaßstab der Jahresarbeitsverdienst-Beitragsgrenze nur eingeschränkt entnommen, und zwar allein der Höhe nach. Diese Grenze ist für die Versicherungspflicht der Angestellten in der Krankenversicherung bestimmt (§ 165 Abs 1 Nr 2, § 173 b Reichsversicherungsordnung -RVO-). Allerdings wird in Nr 9 Satz 1 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 10 BVG (vom 26. Juni 1969 - Beilage Nr 15/69 zum BAnz Nr 119 / 25. April 1975 - BAnz Nr 83 -) im Gegensatz zur Auffassung des Senats für die Verwaltung vorgeschrieben, das Einkommen iSd § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG sei nach den Grundsätzen für die Feststellung des "Gesamteinkommens" in § 176 Abs 1 RVO (aF) und § 16 SGB IV zu ermitteln. Diese Ansicht ist jedoch nicht zu billigen; sie ist für die Gerichte nicht verbindlich. Der Übernahme eines solchen Maßstabes stehen grundlegende Unterschiede zwischen Kriegsopferversorgung und Sozialversicherung entgegen. Im übrigen verweist § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG gerade nicht auf den Begriff des "Gesamteinkommens" iSd Sozialversicherung.

Wohl ist § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG so zu verstehen, daß außerdem auf den in § 165 Abs 1 Nr 2 RVO ausdrücklich umschriebenen Inhalt der "Jahresarbeitsverdienstgrenze" verwiesen wird; zwangsläufig erstreckt sich die Bezugnahme auch mittelbar auf den Bemessungsmaßstab für diese krankenversicherungsrechtliche Größe, und zwar die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung der Arbeiter (§ 1385 Abs 2 RVO). Damit ist eine Bruttoeinkommensgröße gemeint (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd II, / 1, § 165 RVO Anm 6, b); denn nach einer solchen bestimmt sich gemäß § 1255 Abs 2 RVO, worauf in § 1385 Abs 2 RVO verwiesen wird, die allgemeine Bemessungsgrundlage, nach der sich die Beitragsbemessungsgrenze richtet.

Der Gesetzeszweck steht der Auslegung, daß "Einkommen" in § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG als Bruttobetrag zu verstehen ist, nicht entgegen. Eine Heilbehandlung wegen solcher Gesundheitsstörungen, die keine Schädigungsfolgen sind, und eine Krankenbehandlung für Familienangehörige sind von einer Bedarfslage abhängig. Das gilt sonst für "echte" Versorgungsleistungen nicht (§ 1 Abs 1, 2, 3 Satz 1, § 10 Abs 1, §§ 11 bis 16 Abs 1 Buchstabe a, §§ 17, 30, 31, 35, 38 ff BVG). Sofern für bestimmte Leistungen - wie hier - der notwendige Ursachenzusammenhang mit einer kriegsbedingten Schädigung nicht ausdrücklich gefordert wird, wird für Schwerbeschädigte eine wirtschaftliche Folge der schädigenden Einwirkung (§ 1 Abs 1 BVG) nur bei bestimmten wirtschaftlichen Verhältnissen unterstellt. Nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG muß der Schwerbeschädigte oder sonstige Leistungsempfänger nicht wie ein Angestellter, dessen Einkommen die Krankenversicherungspflichtgrenze überschreitet, aus eigenen Einkünften für einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz sorgen können. Die verfügbaren Mittel hätte der Gesetzgeber nach dem Nettoeinkommen - nach Abzug von individuell verschieden hohen Steuern - bestimmen können. Das hat er nicht ausdrücklich erklärt. Dann liegt es am nächsten, daß mit dem Bezug auf bestimmte Vorschriften der Sozialversicherung auch die dort für Angestellte geltende Grenze einer Zumutbarkeit, aus eigener Kraft beliebig für einen Krankenversicherungsschutz zu sorgen, in vollem Umfang gemeint sein soll. Bei der Höhe dieses Betrages, der sich in der Regel jährlich verändert (§ 1385 Abs 2 RVO), werden steuerliche Belastungen pauschalierend berücksichtigt. Gleiches gilt zugleich für das "Einkommen" iSd § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG.

Im übrigen ist "Einkommen" iS dieser Vorschrift als selbständiger Begriff zu verstehen. Sein Inhalt bestimmt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Ergänzend sind allgemeinere Grundsätze, die zu anderen Vorschriften entwickelt worden sind, bei der Auslegung heranzuziehen, soweit sie mit der Funktion dieser Bestimmung, die Ansprüche ausschließt, vereinbar sind.

Die inhaltliche Ähnlichkeit der vom Kläger begehrten Leistungen mit der Ausgleichsrente spricht dafür, das nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG rechtserhebliche Einkommen als Bruttoeinkommen zu bestimmen. Auch die Ausgleichsrente ist von einem wirtschaftlichen Bedarf abhängig (§§ 32, 33 BVG). Grund und Höhe dieser Leistung werden kraft ausdrücklicher Vorschrift durch ein "Bruttoeinkommen" beeinflußt (§ 33, insbesondere Abs 1 und 5 Buchstabe b BVG). Ebenso wie sich das Einkommen, das eine Heil- und Krankenbehandlung nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG ausschließt, nach den für den Empfänger verfügbaren Mitteln richtet, hängt die Ausgleichsrente von den Einkünften ab, die dem Berechtigten persönlich zufließen (BSGE 33, 78, 79 = SozR Nr 1 zu § 9 DVO zu § 33 BVG vom 9.11.1967; SozR 3100 § 30 Nr 15; 3660 § 9 Nr 4; 3660 § 12 Nr 3).

Das wirtschaftliche Bedarfsniveau, das die vom Kläger begehrte Heil- und Krankenbehandlung rechtfertigt, bestimmt sich - entgegen der Auffassung des LSG - naturgemäß nach der gesamten Einkommenslage. Jegliche Art von Einkünften und ihre Summe beeinflussen die Fähigkeit, aus eigener Kraft für Krankheitsfälle ausreichend vorzusorgen (zum Gesamteinkommen als Maßstab der steuerlichen Leistungsfähigkeit: Tipke, Steuerrecht, 7. Aufl, 1979, S 25 ff, 190). Bei Leistungsempfängern mit verschiedenartigen Einkünften - wie dem Kläger - ist nicht etwa allein das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit deshalb zu berücksichtigen, weil sich die rechtserhebliche Grenze nach der Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung richtet, die auf die Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis, mithin auf Arbeitsentgelt beschränkt ist (§ 165 Abs 1 Satz 2 RVO, § 14 Abs 1, § 7 Abs 1 SGB IV). Diese Heil- und diese Krankenbehandlung kommen vielmehr auch für Personen in Betracht, die andersartige Einkünfte haben als solche aus nichtselbständiger Arbeit (vgl dazu § 33 Abs 2 Satz 1 Buchstabe a BVG, § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Satz 2, § 19 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 Einkommensteuergesetz idF vom 6. Dezember 1981 - BGBl I 1249 - EStG). Bei dieser Sachlage muß die Verweisung in § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG auf jene Bestimmungsgröße der Krankenversicherung so verstanden werden, daß nicht ausschließlich die in § 165 Abs 1 Nr 2 RVO geregelte Einkunftsart in Bezug genommen wird.

Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die ebenfalls nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG zu berücksichtigen sind, rechnet auch der Wert des Wohnens im eigenen Haus (für die Ausgleichsrente: § 12 Abs 2 Satz 1 DV zu §33 BVG vom 1. Juli 1975 - BGBl I 1769 -/22. Dezember 1978 - BGBl I 2089 -; für das Einkommensteuerrecht: § 21 Abs 2 EStG). Dies ist ein realer wirtschaftlicher Nutzwert, der dem Eigentümer zufließt (vgl aber zur Problematik: Tipke, aaO, S 166 f, 244 f).

Die beim Kläger einkommenssteuerrechtlich anerkannten Verluste aus Vermietung und Verpachtung sind möglicherweise nach Grundsätzen des Rechtes der Kriegsopferversorgung - KOV - (etwa entsprechend § 12 Abs 3 ff DV zu § 33 BVG) für die Ermittlung des Einkommens iSd § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG nicht in vollem Umfang zu berücksichtigen (BSG SozR Nr 2 zu § 12 DVO zu § 33 BVG vom 9.11.1967; für andere sozialrechtliche Gebiete: BSG SozR 2200 §313a Nr 6; 2200 § 205 Nr 43; BSGE 45, 20, 27 = SozR 4100 § 40 Nr 15; BSGE 45, 60, 61 ff = SozR 4100 § 138 Nr 2; BSGE 47, 1, 2 f= SozR 2200 § 205 Nr 15; BSG 28. Dezember 1981 - 3 RK 8/81; BSG 14. Januar 1982 - 4 RJ 75/80 -). Einzelheiten dazu brauchen indes nicht aufgeklärt und entschieden zu werden. Entweder ergibt sich dann ein höheres Gesamteinkommen als der Betrag des Ruhegehaltes, oder die Verluste würden rechnerisch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung völlig fortfallen lassen. In jedem der beiden Fälle bliebe das gesamte Bruttoeinkommen über der Jahresarbeitsverdienstgrenze der Krankenversicherung.

Weitergehende Verluste aus Vermietung und Verpachtung, also negative - über 0,-- DM hinaus - können jedoch auf die anderen Einkünfte nicht mit der Folge verrechnet werden, daß das maßgebliche Gesamteinkommen des Klägers geringer anzusetzen wäre als sein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit.

Zwischen den verschiedenen Einkunftsarten ist kein Verlustausgleich vorzunehmen. Verluste - Minusbeträge, die von daher rühren, bleiben bei dem "Einkommen" iSd § 10  bs 7 Buchstabe b BVG außer Acht. Zwar würde es eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise nahelegen, die maßgebliche Fähigkeit, mit eigenen Geldmitteln ausreichend für Krankheitsfälle vorzusorgen, derart durch den Überschuß der gesamten Einnahmen über die gesamten Aufwendungen zur Erzielung von Einkünften zu bestimmen. Das ist weitgehend im Einkommensteuerrecht geboten (Tipke, aaO, S 141 f, 144). Außerdem wird so im Sozial- und im Arbeitslosenversicherungsrecht verfahren (dazu BSG SozR 2200 § 313a Nr 6; BSGE 45, 20, 23f; 45, 60, 63f; anders Bayer. LSG, Breithaupt 1980, 817; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1977, 679; dazu auch Bender, Soziale Sicherheit 1978, 257, 262f). An diesen Bewertungsmaßstab ist aber die KOV jedenfalls insoweit nicht zwingend gebunden, als sie für ihren Bereich als einem selbständigen Sozialrechtszweig die Voraussetzungen für eine Entschädigung über den ihr eigentümlichen Kausalitätsgrundsatz hinaus festlegen kann (zur Selbständigkeit gegenüber dem Steuerrecht: § 1 Abs 1 Satz 1 DV zu § 33 BVG; BSG Breithaupt 1976, 685, 688). Ein Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten wird in § 1 Abs 4 Satz 2 und in § 8 Abs 1 Satz 2 DV zu § 33 BVG für die Ausgleichsrentenberechnung ausdrücklich ausgeschlossen. Mit dieser Leistung haben die hier umstrittene Heil- und Krankenbehandlung, wie bereits ausgeführt, Gemeinsamkeiten. Diese rechtfertigen eine gleiche Behandlung rechtlicher Voraussetzungen. Selbst wenn die bezeichneten Verordnungsvorschriften mangels einer zwingenden Sachlage für die Ausgleichsrente nicht durch die gesetzliche Ermächtigung (§ 33 Abs 5 BVG) gedeckt wären, müßte doch die Gesetzesbestimmung des § 16b Abs 1 Satz 5 BVG für das "Einkommen" iSd § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG beachtet werden. Diese Vorschrift bestätigte daß das Verbot des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkommensarten die Ermittlung des gesamten Einkommens für KOV-Leistungen, die von einem wirtschaftlichen Bedarf abhängen, bestimmt. Nach § 16b Abs 1 BVG sind andere Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit zu bewerten, um den Bemessungsmaßstab für das Übergangsgeld zu gewinnen (§ 16 b Abs 1 Satz 1 iVm § 16 a BVG). Diese Leistung wird unter anderem während der Heil- und der Krankenbehandlung, wie sie der Kläger begehrt, wegen Arbeitsunfähigkeit gewährt § 16 Abs 1 BVG).

Dann kann dieses Verlustausgleichsverbot, das eine einzelne Leistungsart innerhalb der Heil- und der Krankenbehandlung regelt, auch auf den gegenwärtigen Fall übertragen werden, bei dem es um die Einkommensermittlung gemäß § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG als eine (negative) Voraussetzung der gesamten umstrittenen Behandlungsarten geht. Ausschlaggebend dafür ist folgender Vergleich: § 16 b Abs 1 Satz 5 BVG regelt ua die Bemessung des Übergangsgeldes, das während einer Heilbehandlung wegen Schädigungsfolgen zu zahlen ist (§ 16 Abs 1 Buchstabe a BVG). Diese Leistung entspricht dem Kausalitätsgrundsatz des BVG; auf sie besteht ein uneingeschränkter Rechtsanspruch (§ 10 Abs 1 BVG). Wenn das im Zusammenhang damit zu gewährende Übergangsgeld nicht nach einem Gesamteinkommen zu bemessen ist, das in vollem Umfang nach einer wirtschaftlichen Betrachtung ermittelt wird, dann ist das Verbot eines Verlustausgleichs für ein Gesamteinkommen, von dem die Heilbehandlung des § 10 Abs 2 BVG und die Krankenbehandlung abhängt, erst recht gerechtfertigt. Diese Leistungen werden unabhängig vom strengen Entschädigungsgrundsatz der KOV gewährt und gehören zu dem vom Fürsorgeprinzip getragenen Teil der Versorgung (BSG SozR 3100 § 10 Nr 18). Für sie gilt der Grundsatz der Subsidiarität (BSG SozR Nr 3 und 7 zu § 10 BVG). Dementsprechend ist auch bei der Kriegsopferfürsorge im engeren Sinn (§§ 25 bis 27h BVG) ein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkommensarten ausgeschlossen (§ 39 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge vom 16. Januar 1979 - BGBl I 80 - / 18. August 1980 - BGBl I 1469). Wenn der Gesetzgeber die Heilbehandlung des § 10 Abs 2 BVG und die Krankenbehandlung außerhalb der Kriegsopferfürsorge im rechtstechnischen Sinn mit Rücksicht auf eine bestimmte Bedarfslage anbietet (§ 10 Abs 7 BVG), dann darf er diese Voraussetzung in Abweichung von einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise mindestens so stark beschneiden wie durch das Einkommen, von dem jene echte Versorgungsleistung abhängt.

Bei der Bestimmung der rechtserheblichen wirtschaftlichen Leistungskraft brauchen namentlich nicht alle Belastungen im vollen Umfang berücksichtigt zu werden, soweit sie aus Vermietung und Verpachtung, mithin aus Grundvermögen stammen, wenn schon das Verlustausgleichsverbot nach § 16 b Abs 1 BVG für Einkünfte aus anderer als nichtselbständiger Erwerbstätigkeit gilt. Solche Erwerbseinkünfte bestimmen klarer und eindeutiger die durch "Einkommen" bemessene Leistungsfähigkeit als diejenigen aus Vermietung und Verpachtung; bei diesen lassen sich die Verluste teilweise schwer von den insoweit unerheblichen Vermögenseinbußen abgrenzen (vgl für andere Rechtsgebiete des Sozialrechts: BSGE 41, 187 = SozR 4100 § 137 Nr 1; BSGE 45, 64f).

Der Übertragbarkeit des Verlustausgleichsverbotes auf § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG steht nicht etwa entgegen, daß das Übergangsgeld nach dem Nettoeinkommen bemessen wird (§ 16a Abs 1 Satz 1, § 16b Abs 1 Satz 1 BVG).

Bei den nach § 10 Abs 7 Buchstabe b BVG zu berücksichtigenden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist der Arbeitnehmer-Freibetrag als reiner Steuervorteil, der durch den laufenden Steuerabzug vom Lohn im Unterschied zur Einkommensteuerzahlung begründet ist (Tipke, aaO, S. 186), ebenso außer Betracht zu lassen wie allgemein ausschließlich steuerrechtliche Vergünstigungen, zB ein Freibetrag für Körperbehinderungen im Rahmen außergewöhnlicher Belastungen (§§ 33, 33b Abs 1 bis 3 EStG; Tipke, aaO, S. 253f; allgemein für die Sozialversicherung: BSGE 30, 61, 64 = SozR Nr 5 zu § 385 RVO). Hierbei handelt es sich weder um Einkünfte noch um Werbungskosten, die sie mindern.

Hingegen sind echte Werbungskosten von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen. Das sind solche Aufwendungen, die tatsächlich notwendig sind für die Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie mindern nach der Natur der Sache den Ertrag der Einkünfte, der im Ergebnis dem Leistungsberechtigten aus der jeweiligen Quelle zufließt. Dem entspricht der Begriff der der Steuerpflicht unterworfenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs 2 Nr 2 iVm § 1 Satz 1 Nr 4, § 8 Abs 1, § 9 EStG; dazu Tipke, aaO, S. 242 f). Gleiches gilt für die Ausgleichsrente (§ 6 DV zu § 33 BVG) und im Sozialversicherungsrecht (BSG SozR 2200 § 205 Nr 43). Das entgegenstehende Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 15. Juli 1961 (Bundesversorgungsblatt 1961, 101 Nr 55; ähnlich Wilke/Wunderlich, Bundesversorgungsgesetz, 5. Aufl 1980, § 10, Anm VI, 2) ist durch die Umstellung auf das Bruttoprinzip überholt. Beim Kläger, der Ruhegehalt bezieht, werden allerdings nach allgemeiner Erfahrung keine nennenswerten Werbungskosten in Betracht kommen. Das Absetzen eines Pauschalbetrages (§ 6 Abs 1 DV zu § 33 BVG; § 9a Satz 1 Nr 1 EStG) würde die festgestellten Bruttobezüge nicht derart mindern, daß die Jahresarbeitsverdienstgrenze unterschritten würde. Falls der Kläger doch höhere Werbungskosten nachweisen könnte, müßte dies die Versorgungsverwaltung noch berücksichtigen.

Die mithin unbegründete Revision muß zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Breith. 1983, 63

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