Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung des Verfahrensfehlers

 

Orientierungssatz

Die Nichterhebung eines beantragten Beweises begründet den Verfahrensfehler nicht; erst der Mangel einer hinreichenden Begründung, der nach § 160a SGG darzulegen ist, kann einen Verfahrensfehler begründen.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 26.04.1990; Aktenzeichen L 8 V 109/89)

 

Gründe

Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend den §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30) zu verwerfen.

Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger, daß in erster Instanz von Dr. F    statt des ursprünglich beabsichtigten Termingutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung lediglich ein Aktengutachten erstattet worden sei. Damit weist der Beschwerdeführer zwar auf einen Verfahrensfehler hin, der nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG als Zulassungsgrund in Betracht kommt. Der Verfahrensfehler ist aber nicht so dargelegt und bezeichnet, wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt. Zulassungsgründe müssen schlüssig dargetan werden. Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dieses Erfordernis betrifft die gesetzliche Form iS des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48).

Die Beschwerde ist in diesem Sinn nicht formgerecht begründet. Der Beschwerdeführer rügt einen Verfahrensfehler erster Instanz, ohne darzulegen, inwiefern dieser in der zweiten Instanz fortgewirkt hat. Allenfalls läßt sich diesem Vorbringen entnehmen, daß insoweit auch der zweiten Instanz unzulängliche Sachaufklärung und fehlerhafte Beweiswürdigung vorgeworfen wird. Die Beweiswürdigung ist aber von der Beschwerderüge ausgenommen, und auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) kann die Rüge nur gestützt werden, wenn zugleich ein in der Berufungsinstanz gestellter Beweisantrag bezeichnet wird (§ 160 Abs 2 Nr 3 zweiter Satzteil SGG). Ein solcher Beweisantrag muß protokolliert oder im Urteilstatbestand aufgeführt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 64). Auf einen solchen Beweisantrag bezieht sich die Beschwerdebegründung nicht.

Die zu Protokoll der zweiten Instanz erhobene Rüge enthält nicht zugleich den Hinweis darauf, daß Dr. F    erneut als Sachverständiger gehört werden solle. Wollte man dies jedoch zugunsten des Klägers unterstellen, hätte in der Beschwerdebegründung zusätzlich dargelegt werden müssen, warum es an einer hinreichenden Begründung dafür fehlt, daß das Landessozialgericht (LSG) dem Beweisantrag nicht gefolgt ist. Denn die Nichterhebung eines beantragten Beweises begründet den Verfahrensfehler nicht; erst der Mangel einer hinreichenden Begründung, der nach § 160a SGG darzulegen ist, kann einen Verfahrensfehler begründen (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Es fehlt somit an der Darlegung, daß sich das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - hätte gedrängt fühlen müssen, den vom Kläger für notwendig erachteten Beweis zu erheben. Dazu hätte es einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen unter besonderer Berücksichtigung des in zweiter Instanz ergänzend beigezogenen Befundberichts von Dr. O         bedurft.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650400

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