Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.10.2017; Aktenzeichen L 13 R 3979/16)

SG Karlsruhe (Urteil vom 27.09.2016; Aktenzeichen S 13 R 926/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschlussverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Mit Urteil vom 17.10.2017 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung einer höheren Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch für die Zeit vom 1.7.1996 bis 31.12.2009 verneint und ihre Berufung gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 27.9.2016 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Die Klägerin macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil keiner der im Gesetz abschließend umschriebenen Zulassungsgründe (§ 160 Abs 2 SGG) ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin trägt zunächst als Rechtsfragen vor, denen sie grundsätzliche Bedeutung beimisst,

"ob es sich in vorliegendem Fall der Nichtberücksichtigung von KEZen um eine rechtlich gesonderte Ablehnung von solchen KEZen handelt, mithin die Beklagte mit einem gesonderten Bescheid über die Vormerkung oder Anerkennung von KEZen zu entscheiden hatte. Oder ob einfach mit Erlass des Rentenbescheides darüber entschieden werden kann, ob und welche KEZen anerkannt werden".

Die Klägerin formuliert damit schon keine abstrakt-generellen Rechtsfragen zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG), die der Senat mit "Ja" oder "Nein" beantworten könnte, was grundsätzlich erforderlich ist (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag eines Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

Zudem begehrt die Klägerin mit ihren Formulierungen in der ersten Frage "ob es sich in vorliegendem Fall" und "mithin die Beklagte … zu entscheiden hatte" letztlich eine Überprüfung der vom LSG vorgenommenen Subsumtion des individuellen Sachverhalts unter die Vorschrift des § 44 Abs 1 SGB X, worauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden kann. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das LSG die Sache richtig entschieden hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).

Soweit die Klägerin mit ihren weiteren Formulierungen,

"ob hier § 44 Abs. 4 SGB X anwendbar ist" und

"ob Anträge auf KEZen durch gesonderten Bescheid verbeschieden werden müssen (im vorliegenden Fall als Erstfeststellungsbescheid) oder nicht",

ebenfalls die Frage nach den in Bestandskraft erwachsenden Verfügungssätzen eines Rentenbescheides aufwirft, fehlt es zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit an jeglicher Auseinandersetzung mit der dazu bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage ist nämlich dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Welche Entscheidungen ein bewilligender Rentenbescheid enthält, die jeweils als Verwaltungsakte selbstständig in Bindung erwachsen können, ist bereits entschieden (vgl BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 7 S 26). Ausführungen dazu enthält die Beschwerdebegründung ebenso wenig wie eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der vom LSG zitierten Rechtsprechung (zum Verhältnis Vormerkungsbescheid und Rentenbescheid BSG Urteile vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - und vom 16.6.2015 - B 13 R 23/14 R). Allein der Vortrag, der Hinweis des LSG gehe fehle, weil sich die zitierten Urteile des BSG nur allgemein mit der Thematik auseinandergesetzt hätten, dass in einem Rentenbescheid über rentenrechtliche Zeiten für die Rentenberechnung entschieden werde, nicht dagegen mit Kindererziehungszeiten, ist dafür nicht ausreichend.

Die Klägerin formuliert als weitere Rechtsfrage,

"ob/dass es für die Anwendung der Frist des § 44 Abs. 4 SGB X auf eine positive Kenntnis vom Schaden (nach ganz allgemeinen Grundsätzen) ankommt oder nicht. Die positive Kenntnis vom Schaden lag im vorliegenden Fall überhaupt erst am dem 06.01./07.01.2015 vor, so dass die von der Beklagten vorgebrachte vierjährige Verjährungsfrist des § 44 Abs. 4 SGB X überhaupt erst ab diesem Datum zu laufen begonnen hat, so dass der Anspruch auf KEZen für den gesamten Zeitraum ab erstmaligem Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente (Rentenbescheid vom 07.11.1996) zu gewähren ist".

Die Klägerin begründet die Klärungsbedürftigkeit auch einer solchen Rechtsfrage nicht hinreichend. Wie bereits ausgeführt ist eine Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Nach dem Wortlaut des § 44 Abs 4 S 1 SGB X werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs 4 S 3 SGB X). Worauf die Klägerin ihre Rechtsauffassung zu einer "Verjährungsfrist", beginnend ab einer "positiven Kenntnis vom Schaden" stützt, lässt die Beschwerdebegründung offen. Der Hinweis der Klägerin "nach ganz allgemeinen Grundsätzen" genügt den Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11760323

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