Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde bei Mehrfachbegründung

 

Orientierungssatz

Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt worden, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird (vgl BSG vom 24.9.1980 - 11 BLw 4/80 = SozR 1500 § 160a Nr 38).

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 14.03.1991; Aktenzeichen L 10 An 1000/90)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die frühere Ehefrau des am 14. Juli 1983 verstorbenen Versicherten Heinz R. . Ihre Ehe mit dem Versicherten wurde am 25. November 1975 aus dessen Verschulden geschieden. Die Parteien des Scheidungsverfahrens vereinbarten einen umfassenden wechselseitigen Unterhaltsverzicht. Der Versicherte war seit dem 21. April 1983 mit der Beigeladenen verheiratet, die von der Beklagten Witwenrente bezieht. Die Klägerin begehrt die Gewährung von Geschiedenen-Witwenrente.

Das Landessozialgericht (LSG) hat ihren Anspruch zunächst deshalb verneint (Begründung 1), da der bei Anwendung des § 42 Abs 1 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) erforderliche Unterhaltsanspruch der Klägerin schon aufgrund des Unterhaltsverzichts gegenüber dem Versicherten nicht bestanden habe. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung über eine mögliche Unbeachtlichkeit des Unterhaltsverzichts beziehe sich auf den Anspruch nach § 42 Abs 1 Satz 2 AVG, jedoch nicht auf die Regelung des Satzes 1 aaO. Selbst bei Unbeachtlichkeit des Unterhaltsverzichts habe sie schon deshalb keinen Anspruch aus § 42 Abs 1 Satz 1 AVG, da ihr aufgrund ihrer im Verhältnis zum Versicherten höheren Einkünfte ein Unterhaltsanspruch gegen diesen nicht zugestanden hätte (Begründung 2).

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig.

Nach § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) darf das Bundessozialgericht (BSG) die Revision gegen das Urteil eines Landessozialgerichts (LSG) ua nur zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Abs 2 Nr 1 aaO). Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache "dargelegt" werden. Erforderlich ist eine Begründung, die dem Beschwerdegericht grundsätzlich die Möglichkeit gibt, allein anhand des Vorbringens des Beschwerdeführers und des angefochtenen Urteils darüber zu entscheiden, ob die Revision zuzulassen ist (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Genügt die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgestellten Rechtsfragen a) bis d) nicht im aufgezeigten Sinne "dargelegt". Dabei ist eine Klärungsbedürftigkeit der Fragen a), b) und d) schon deshalb nicht gegeben, weil das Verhältnis der Ansprüche nach § 42 Abs 1 Satz 1 und 2 AVG bereits eingehend höchstrichterlich geklärt ist, wie die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend aufgezeigt hat. Darüber hinaus liegt auch eine Klärungsfähigkeit der Rechtsfragen, die sich entweder auf die Auswirkung des Unterhaltsverzichts (Fragen a), b) und d)) bzw auf eine angeblich bestehende Hinterbliebenenrentenanwartschaft der Klägerin beziehen (Frage c)), nicht vor. Die Klägerin übersieht nämlich, daß das LSG seine Entscheidung auf zwei tragende Begründungen gestützt hat und daß es bei der Begründung 2) auf die Beantwortung der von ihr als rechtsgrundsätzlich angesehenen Rechtsfragen nicht ankommt. Ist jedoch ein Urteil nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt worden, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und formgerecht gerügt wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 38). Das war jedoch vorliegend hinsichtlich der Begründung 2) nicht der Fall, die von der Klägerin überhaupt nicht angesprochen worden ist.

Die Beschwerde war daher in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG, wobei der Senat berücksichtigt hat, daß die Beigeladene im Revisionsverfahren nicht vertreten war.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1667473

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