Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung

 

Orientierungssatz

Die Rechtsbehelfsbelehrung eines Widerspruchsbescheids muss das zuständige Gericht mit Namen und Sitz (Ortsangabe) in der Belehrung selbst enthalten.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.11.2003 aufgehoben. Die Streitsache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückverwiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Weitergewährung von Verletztenrente.

Die Beklagte entzog mit Bescheid vom 26.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2000 die dem Kläger gewährte vorläufige Verletztenrente und lehnte die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab. Mit der am 07.03.2000 beim Sozialgericht (SG) Würzburg erhobenen Klage hat der Kläger die Weitergewährung der Verletztenrente begehrt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2003 wegen Verfristung als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Widerspruchsbescheid sei am 03.02.2000 zur Post gegeben worden. Die Frist für die Einlegung der Klage habe unter Berücksichtigung des § 37 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) am 07.02.2000 begonnen und am 06.03.2000 geendet. Der Klageschriftsatz sei jedoch erst am 07.03.2000 beim SG eingegangen. Der Widerspruchsbescheid sei entsprechend dem von der Beklagten vorgelegten Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG am 04.02.2000 tatsächlich an den Empfänger übergeben worden.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt und sich dagegen gewandt, dass das SG die Klage für verfristet gehalten habe. Die im Widerspruchsbescheid vom 02.02.2000 erteilte Rechtsmittelbelehrung sei unvollständig, so dass statt der Monats- die Jahresfrist gelte. Im Widerspruchsbescheid fehle nämlich jegliche Angabe über den Sitz des zuständigen Gerichts. Hierüber hätte der Kläger jedoch zwingend belehrt werden müssen. Es genüge nicht, wie geschehen, lediglich den Gesetzeswortlaut zu wiederholen. Da das SG keine eigenen Ermittlungen in der Sache selbst geführt habe, werde daher gebeten, dies in der zweiten Instanz nachzuholen, und dabei insbesondere den medizinischen Sachverhalt durch Beiziehung eines orthopädisch-chirurgischen Gutachtens aufzuklären. Hilfsweise sei die Sache an das SG zurückzuverweisen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 12.10.2005 entgegnet, das zuständige Gericht sei mit Ortsangabe auf der Vorderseite des Bescheides vom 02.02.2000 angegeben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren und durch den Vorsitzenden einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung kann durch den Senatsvorsitzenden ergehen, da die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren und durch den Vorsitzenden einverstanden sind (§§ 124 Abs 2, 155 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Ein Berichterstatter ist derzeit nicht bestellt (vgl § 155 Abs 4 SGG).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 43, 153 SGG) ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung an das SG Würzburg begründet.

Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 159 Abs 1 Nr 1 SGG).

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger mittels Einschreibens zugestellt. Er war laut Vermerk der Beklagten am 03.02.2000 zur Post gegeben worden. Die Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes ist in § 4 Abs 1 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) geregelt (vgl von Wulffen-Engelmann, SGB X, Kommentar, 5. Aufl, § 37 RdNr. 11). Danach gilt bei der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes dieser mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 4 Abs 1 1.Halbsatz VwZG). Ein eingeschriebener Brief gilt auch dann erst mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn dem Empfänger - wie hier - das Schriftstück tatsächlich bereits früher als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post zugegangen ist. Es bleibt hinsichtlich des Zustellungszeitpunktes bei dem fingierten dritten Tag (Hauck/Noftz, SGB X, Kommentar, K § 65 RdNr 14). Der Widerspruchsbescheid gilt daher am 06.02.2000 als bekanntgegeben. Fristbeginn war der 07.02.2000, Fristende der 06.03.2000 (§§ 87 Abs 2, 64 Abs 1 und 2 SGG). Bei zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung wäre die am 07.03.2000 beim SG eingegangene Klage daher verfristet gewesen.

Das SG durfte die Klage aber nicht als unzulässig abweisen, da sie wegen mangelhafter Rechtsbehelfsbelehrung zulässig gewesen ist. Das zuständige Gericht war in der Belehrung nicht mit Ortsangabe bezeichnet (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 8. Aufl, § 66 RdNr 7). Es genügt nicht, den Gesetzeswortlaut zu wiederholen, sondern es muss das zuständige Gericht mit Namen und Sitz in der Rechtsbehelfsbe...

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