Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Prozessfähigkeit. Sozialhilfe. bedarfsorientierte Grundsicherung. Mehrbedarfszuschlag wegen Alters. Nichtvorliegen eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen G. Wegfall der Übergangsregelung des § 23 Abs 1 S 2 BSHG ab 1.1.2005. verfassungskonforme Auslegung. Wert des Beschwerdegegenstands. Wiederkehrende Leistungen. Betreuer. Einwilligungsvorbehalt. Hilfe zum Lebensunterhalt. Regelsatz. Mehrbedarf. Bestandsschutz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist die Dauer der begehrten Leistungen ungewiss, so ist die Berufung ohne Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG statthaft.

2. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber die Besitzstandsklausel des § 23 Abs. 1 S. 1 BSHG nicht in das SGB XII übernommen hat.

 

Orientierungssatz

1. Prozessfähigkeit ist Prozessvoraussetzung und muss in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen gem § 71 Abs 1, Abs 6 SGG iVm § 56 Abs 1 ZPO berücksichtigt werden, wenn für einen Sozialhilfeempfänger partielle Betreuung angeordnet ist und das Vormundschaftsgericht und der Sozialhilfeträger entsprechende Bedenken geäußert haben.

2. Die Besitzstandsregelung des § 23 Abs 1 S 2 BSHG fand Anwendung, wenn für einen Hilfeempfänger am 31.7.1996 ein Mehrbedarf nach altem Recht anerkannt war. Dann galt § 23 Abs 1 BSHG in der am 31.7.1996 geltenden Fassung weiter. Mit der umfassenden ab 1.1.2005 geltenden Neuregelung der Grundsicherungsleistungen durch das SGB 2 und 12 hat der Gesetzgeber die Besitzstandsregelung des § 23 Abs 1 S 2 BSHG nicht übernommen. Damit endete der Schutz des Besitzstandes. § 30 Abs 1 Nr 2 SGB 12 erkennt ebenso wie § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG nur den Mehrbedarf für Schwerbehinderte mit dem Ausweis Merkzeichen G an.

3. Gegen die Neuregelung der Bedarfsdeckung ohne die Besitzstandsklausel bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

SGB XII § 28 Abs. 1; BSHG § 23 Abs. 1 S. 2; SGG § 71 Abs. 1, 6, §§ 123, 144 Abs. 1; ZPO §§ 53, 56 Abs. 1; BGB § 1896

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2010; Aktenzeichen B 8 SO 9/09 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger höhere Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt zustehen.

Der 1941 geborene Kläger bezieht Grundsicherungsleistungen vom Beklagten, und zwar bis zum 31.12.2004 unter Berücksichtigung einer Besitzstandsklausel betreffend geregelten Mehrbedarf für ältere Personen (§ 23 Abs. 1 S. 2 BSHG). Für bestimmte Bereiche ist Betreuung angeordnet. Ein Einwilligungsvorbehalt bezüglich der Einlegung von Rechtsbehelfen und bezüglich des Führens eines Rechtsstreits besteht nicht.

Mit zahlreichen Bescheiden bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen, zum Teil noch auf der Grundlage des bis zum 31.12.2004 geltenden Grundsicherungsgesetzes, zum überwiegenden Teil auf der Grundlage des SGB XII für die Leistungszeiträume nach dem 01.01.2005. Darüber hinaus lehnte der Beklagte die Übernahme der auch von der Krankenkasse des Klägers (AOK) nicht erstatteten Zuzahlungen in Höhe von 34,44 Euro (Bescheide vom 16.02.2004, 17.02.2004) sowie die Übernahme der Kosten für die Überprüfung und Entsorgung eines Fernsehgeräts (Bescheid vom 13.06.1005) ab.

Gegen die Bescheide vom 26.08.2003 (2x), 28.08.2003 und 18.12.2003, betreffend Grundsicherungsleistungen ab 01.01.2003, sowie die Bescheide vom 16.02.2004 und 17.02.2004 betreffend die Ablehnung der Übernahme der von der AOK nicht erstatteten Zuzahlungen i.H.v. 34,44 Euro in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 02.12.2005 erhob der Kläger zum Sozialgericht München - SG - eine Klage vom 14.12.2005, die dort zunächst unter dem Az.: S 52 SO 202/06 geführt wurde.

Gegen die Bescheide vom 10.12.2004, 17.01.2005 und 28.02.2005, betreffend Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005, und den Bescheid vom 13.06.1005, betreffend eine einmalige Beihilfe bezüglich der Überprüfung und Entsorgung eines Fernsehgeräts, in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.12.2005 erhob der Kläger zum SG eine Klage vom 09.01.2006, die dort zunächst unter dem Az.: S 52 SO 12/06 geführt wurde.

Gegen die Bescheide vom 04.07.2005, 09.08.2005 und 25.10.2005, betreffend Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis 30.06.2006, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2006 erhob der Kläger zum SG eine Klage vom 01.02.2006, die dort zunächst unter dem Az.: (S 52 SO 49/06) geführt wurde.

Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 22.06.2006 verbunden und unter dem gemeinsamen Az.: S 52 SO 52/06 weitergeführt.

Mit Urteil vom 22.06.2006 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Widerspruchsbescheide verwiesen.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Begehren wiederholt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts M...

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