Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum für einen in der Türkei geborenen deutschen Staatsbürger. Beweiskraft ausländischer Urkunden. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Als Mindeststandard für die Beweiskraft ausländischer Urkunden, die personenstandsrechtlich relevante Tatsachen bestätigen, sieht der Senat an, dass als Aussteller Behörden (insbesondere die Standesämter), Gerichte und sonstige Stellen fungieren, die erkennbar für die Feststellung und Bescheinigung solcher Daten zuständig sind.

2. § 33a SGB 1 verstößt nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 31.3.1998 - B 8 KN 5/95 R = SozR 3-1200 § 33a Nr 1, BSG vom 31.3.1998 - B 8 KN 11/95 R = SozR 3-1200 § 33a Nr 2 und BSG vom 19.10.2000 - B 8 KN 3/00 R), der sich der Senat anschließt, weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Art 14 Abs 1 GG.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer an den Kläger mit einem auf den 18.02.1952 geänderten Geburtsdatum.

Der in der Türkei geborene Kläger, der inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, arbeitet seit 29.02.1972 versicherungspflichtig in Deutschland. Beim Eintritt in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung wurde der Versicherungsnummer das vom Kläger angegebene Geburtsdatum vom 18.02.1957 zugrunde gelegt.

Am 12.03.1999 teilte die AOK Mittelfranken der Beklagten mit, der Kläger sei tatsächlich am 18.02.1952 geboren; es werde um Mitteilung der nunmehr gültigen Versicherungsnummer gebeten. Mit Bescheid vom 21.10.1999 lehnte die Beklagte dem Kläger gegenüber die Änderung der Versicherungsnummer ab. Es liege weder ein Schreibfehler vor noch ergebe sich aus einer im Original vor Eintritt in die deutsche Rentenversicherung ausgestellten Urkunde ein anderes Geburtsdatum.

Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs legte der Kläger ua die Hauptverhandlungsprotokolle zum Altersberichtigungsverfahren vor dem Zivilgericht Tire (Türkei) aus dem Jahre 1966 vor. Daraus sei zu entnehmen, dass er sich durch seinen Vater bereits vor Eintritt in die deutsche Rentenversicherung um die Berichtigung seines Geburtsdatums bemüht habe. Dieses Verfahren sei eingestellt worden, weil der Vater den Verhandlungen unentschuldigt ferngeblieben sei. Der Grund dafür sei die Ausreise seiner ganzen Familie nach Deutschland gewesen. Der Klage wäre aber mit Sicherheit stattgegeben worden. Allein der das Altersberichtigungsverfahren einleitende Antrag seines Vaters vom 26.03.1966 sei als Urkunde geeignet, die Beklagte zur Feststellung des zutreffenden Geburtsdatums (18.02.1952) zu veranlassen. Mit Bescheid vom 25.07.2000 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage wiederholte der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die in den Gerichtsprotokollen des Jahres 1966 verkörperten Erklärungen seines Vaters seien als "Urkunden" iS des § 33 a Abs 2 SGB I aufzufassen. Das Urteil des türkischen Zivilgerichts vom 11.06.1998 verdeutliche, dass bei Fortsetzung des 1966 eingeleiteten Verfahrens schon damals eine gleichartige Entscheidung ergangen wäre.

Das Sozialgericht (SG) Nürnberg hat die am 24.08.2000 erhobene Klage mit Urteil vom 25.01.2001 abgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 33 a Abs 2 SGB I nicht erfüllt seien. Die Gründe, die den Vater des Klägers 1966 an der Weiterführung des gerichtlichen Altersberichtigungsverfahrens gehindert hätten, führten nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung zu keiner anderweitigen Beurteilung. Auch das türkische Recht enthalte im Übrigen eine dem § 33 a SGB I entsprechende Regelung. Ferner habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass § 33 a SGB I weder in verfassungsrechtlicher Hinsicht noch hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit völkerrechtlichen Vorschriften (wie dem Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei) rechtlichen Bedenken unterliege.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung er weitgehend das Klagevorbringen wiederholt. Weiter lässt er vortragen, in seinem Fall würde das absurde Resultat erzielt, dass er, um die Altersrente zu erhalten, noch bis zum Jahre 2017 arbeiten müsste und damit insgesamt 45 Arbeitsjahre abzuleisten hätte. Ein verfrühter Bezug von Altersrente mit der Folge einer unberechtigten Inanspruchnahme von Sozialleistungen sei selbst bei antragsgemäßer Berichtigung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer auszuschließen, da er auch in diesem Fall 40 beitragspflichtige Arbeitsjahre zurückgelegt hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.01.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.10.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Versicherungsnummer dahingehend zu ändern, dass der 18.02.1952 hieraus als Geburtsdatum ersichtlich ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie geht in Übereinstimmung mit dem SG davon ...

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