Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Alters. widerspruchslose Einlassung nach § 99 Abs 2 SGG. Anwendungsbereich des AGG. Gleichbehandlung von Beitragszeiten und Zeiten ohne Beitragsleistung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur widerspruchslosen Einlassung nach § 99 Abs 2 SGG.

2. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (juris: AGG) vom 14.8.2006 (BGBl I 2006, 1897) ist auf die Gewährung von Sozialleistungen nicht anwendbar (§ 2 Abs 2 S 1 AGG).

3. Aus § 33 c SGB 1 kann kein Anspruch abgeleitet werden, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragszeiten und Zeiten, in denen kein Bezug - insbesondere keine Beitragsleistung - zur gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, leistungsgerecht gleich behandelt werden.

4. Die unter 3. genannte Gleichbehandlung ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25.Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen die Versagung einer Rente für besonders langjährig Versicherte wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht betrifft einen geltend gemachten Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte, auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit oder auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, alle nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der inzwischen 62-jährige Kläger fragte mit E-Mail vom 10.05.2006 bei der Beklagten an, wie sich seine Rente bei einer Einmal-Einzahlung von 240.000 EUR zum 15.01.2007 verändern würde. Mit weiterer E-Mail vom 21.05.2006 teilte er mit, er habe seit 1981 keine Beiträge mehr in die Rentenversicherung eingezahlt. Er fragte nochmals an, ob es möglich sei, nun im Rahmen einer "Liquidations-Direktversicherung" Beiträge in die Rentenversicherung per Einmalbetrag nachzuentrichten. Dabei unterstrich der Kläger, seine Anfrage wäre formlos. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 31.05.2006, eine Nachzahlung für vergangene Jahre sei nicht möglich; zudem stellte sie einige Fragen zur Erwerbs- und Versichertenbiografie.

Per E-Mail vom 08.07.2006 beantragte der Kläger "Rentenzahlung ohne Abzüge zum Rentenbeginn 01.09.2007". Zur Begründung führte er aus, am 01.08.2007 habe er das Arbeitssoll von 45 Arbeitsjahren erreicht. Weiter erläuterte er, er sei seit Oktober 1980 selbstständig und habe seit 01.01.1983 keine Beiträge mehr an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. Seine Alterssicherung erfolge über eine private, betriebsinterne Vereinbarung. Seit 01.01.2007 erhalte er eine betriebliche Rente, da er alle Kriterien erfüllt habe, die vergleichsweise bei Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente erforderlich seien.

Mit Schreiben vom 13.07.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit scheide aus, weil im maßgebenden Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.03.2007 keine Pflichtbeiträge vorlägen; außerdem seien weder 52 Wochen Arbeitslosigkeit noch 24 Monate Altersteilzeit vorhanden. Für das vorgezogene Altersruhegeld für langjährig Versicherte (mit Vollendung des 63. Lebensjahres) sowie für Schwerbehinderte (mit Vollendung des 60. Lebensjahres) fehle es jeweils an der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren. Vor Vollendung des 65. Lebensjahres bestehe kein Rentenanspruch.

Mit Schreiben vom 15.07.2006 erwiderte der Kläger, er beantrage kein vorgezogenes Altersruhegeld, sondern vielmehr Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit von 45 Jahren zum 01.09.2007; er bat darum, diesen Antrag zu verbescheiden. In diesem Zusammenhang teilte er mit, er habe sich von 01.08.2003 bis 31.12.2006 in Altersteilzeit befunden. Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung habe er durchgehend von 1983 bis Dezember 2006 bezahlt. Rechne man seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1962 bis 1982 dazu, komme er auf insgesamt 44 Jahre mit Beiträgen. Zwischen 1962 und 2006 sei er nicht arbeitslos gewesen. Er stützte sich auf das "neu verfasste Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (ab 01.08.2006)".

Mit Bescheid vom 31.07.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf ein Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit ab; ein solches sehe das Gesetz überhaupt nicht vor. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31.07.2006 Widerspruch ein, wozu er u.a. ausführte, es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bis 01.09.2007 ein Altersruhegesetz wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit erlasse. Er verwies wieder auf das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" und schloss daraus, seine Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung müssten hinsichtlich der Erfüllung von Warte- und Versicherungszeiten wie solche zur gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit ähnlicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.

Mit Schriftsatz vom 10.1...

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