Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung einer Meniskuserkrankung als Berufskrankheit bei einem Profifußballer

 

Leitsatz (amtlich)

I. Die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV setzt bei einem Profifußballer nicht den Nachweis einer bestimmten, in Stunden zu berechnenden Mindest-Expositionszeit voraus (vgl. LSG Stuttgart, 19. März 2021, L 8 U 1828/19 für den Profihandballer). Hierfür spricht nicht nur die grammatikalische, sondern auch die systematische und teleologische Interpretation des Verordnungstextes der BK Nr. 2102 sowie des dazugehörigen Merkblatts.

II. Eine Ermittlung der belastenden und der nicht belastenden Einwirkungen bei Ausübung des Profifußballsports ist daher nicht geboten.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.10.2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.

Der 1981 geborene Kläger spielte nach seinen Angaben von 1990 bis 2000 in der Jugend eines Fußballclubs in Slowenien Fußball. Ab dem Jahr 2000 sei er Profifußballer in verschiedenen Vereinen gewesen; er habe in der Woche 10 Stunden trainiert und im Jahr etwa 35 Spiele absolviert. Seit 2002 habe er in der zweiten und dritten Liga als Lizenzspieler gespielt, unter anderem in U, A, K, A1, D und zuletzt bis 2013 bei der Spielervereinigung (SpVgg) F. Mit Bescheid vom 11.05.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Leistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass eines Ereignisses vom 16.01.2005 (Verletzung am linken Kniegelenk, Korbhenkelriss am Innenmeniskus) ab.

Mit Schreiben vom 21.01.2014 beantragte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten die Anerkennung einer Verletzung im linken Kniegelenk am 16.01.2005 als BK. Anlässlich dieser Verletzung sei im MRT-Bericht vom 17.01.2005 am Innenmeniskus ein Korbhenkelriss festgestellt worden. In der am 21.01.2005 durchgeführten arthroskopischen Operation habe sich dann der eingeklemmte Korbhenkel dargestellt. Daraufhin leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren zur Prüfung einer BK ein und zog ärztliche Unterlagen den Kläger betreffend bei. Im Fragebogen vom 05.02.2014 gab der Kläger u. a. an, dass sich die Erkrankung am linken Knie erstmals 2005 bemerkbar gemacht habe.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 02.09.2014 lehnte die Beklagte - gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin S (S) vom 15.07.2014 - die Anerkennung einer BK Nr. 2102 ab und stellte fest, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden. Die beim Kläger bestehenden Beschwerden im Bereich des linken Kniegelenkes würden lediglich in Form einer mukoiden Degeneration am linken Meniskushinterhorn im Jahr 2005 anhand eines MRT erwähnt. Eine primäre Meniskopathie liege nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor. Bei den ab 2010 erhobenen MRT-Befunden handele es sich um eine sekundäre Meniskopathie bei unphysiologischem Gelenkzustand und Innenmeniskuskorbhenkelentfernung links.

Den hiergegen am 26.09.2014 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2015 insbesondere mit der Begründung zurück, dass Berufsfußballspieler aufgrund der Eigenart ihrer Tätigkeit untervollschichtig tätig seien. Ein geeigneter Weg zur Berücksichtigung gefährdender Tätigkeiten bei der Expositionsermittlung sei die Orientierung am Vollarbeiterrichtwert. Dieser entspreche den durchschnittlich von einer vollbeschäftigten Person im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Für die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen bedeute dies, dass zumindest eine gefährdende Tätigkeit im Umfang von 3.200 Stunden (2 Jahre x 1.600 Stunden) nachgewiesen sein müsse. Beim Kläger hätten sich erstmalig im MRT-Befund vom 17.01.2005 Hinweise auf eine Degeneration am linken Meniskushinterhorn gezeigt. Bis zu diesem Zeitpunkt ergebe sich eine Gesamtzahl an Spiel- und Trainingsstunden von lediglich 2.553 Stunden. Berücksichtigt worden seien hier die Zeiten als Profifußballer beim FC K1, Slowenien, vom 01.01.2000 bis 31.12.2001 und bei der SpVgg U vom 01.01.2002 bis Januar 2005 auf der Grundlage der Angaben des Klägers zu Spiel- und Trainingsstunden. Eine gefährdende Tätigkeit im Umfang von mindestens 3.200 Stunden liege daher nicht vor. Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens halte die Beklagte daher auch nicht für erforderlich, da bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen beim Kläger nicht erfüllt seien.

Nach Klageerhebung am 11.03.2015 zum Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Beklagte eine arbeitsmedizinische Stellungnahme des S vom 25.08.2015 sowie das Gutachten des Herrn C, Institut für Me...

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