Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 3102. Krankheit iS von § 9 Abs 1 SGB 7. Borrelieninfektion. Nachweis entsprechender Borrelien-Antikörper. Nachweis einer Lyme-Borreliose. BK-Merkblatt. Krankheitsbild bzw typische klinische Symptomatik. Herzrhythmusstörungen. forst- und landwirtschaftlicher Unternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine bloße Borrelieninfektion erfüllt noch nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr 3102 der Anlage 1 zur BKV. Die Anerkennung einer Lyme Borreliose setzt neben dem Nachweis einer Borrelien Infektion einen zum Krankheitsbild der Borreliose passenden klinischen Befund voraus.

 

Orientierungssatz

Die bloße Aufnahme (Inkorporation) von Schadstoffen in den Körper bzw die Anreicherung solcher Stoffe im Körper allein ist keine Krankheit im Sinne des BK-Rechts. Erforderlich ist daher neben den Einwirkungen eine negative körperliche Reaktion mit Krankheitswert, die diesen Beschreibungen der erfassten Berufskrankheit entspricht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2017; Aktenzeichen B 2 U 17/15 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Borreliose als Berufskrankheit (BK) Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hat.

Der 1959 geborene Kläger ist als land- bzw. forstwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten versichert. Er hat 5 ha Wiesen verpachtet und bewirtschaftet 4,28 ha eigenen Wald. Daneben ist er Angestellter der B.-GmbH in R-Stadt.

Am 14.07.2010 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe im Mai 2007 nach Arbeiten im eigenen Wald einen Zeckenbiss gehabt. Es bestehe Verdacht auf Borreliose wegen seither bestehender Herzprobleme mit Vorhofflimmern. Im Fragebogen vom 17.08.2010 führte der Kläger aus, der Zeckenstich sei bei Aufarbeitung von Winterschäden und Brennholzgewinnung aufgetreten. Er habe die Zecke am Abend nach der Arbeit beim Duschen an einem Samstag im Mai 2007 entdeckt, in der Kniekehle bzw. am rechten Oberarm. Sie seien nicht mit Blut vollgesogen gewesen. Nach eigener Schätzung seien bis zur Entdeckung fünf bis sechs Stunden vergangen gewesen. Hautveränderungen seien in Umgebung der Stichstelle nicht aufgetreten. Beschwerden seien von Oktober bis Dezember 2007 aufgetreten. Er habe auch schon früher Zeckenbisse bei Waldarbeit gehabt.

Der Allgemeinarzt Dr. C. berichtete mit Schreiben vom 26.07.2010, dass mit ihm kein direkter Kontakt bei Zeckenbiss bestanden habe. Er habe den Kläger wegen Zeckenbisses erstmals im Juni 2008 behandelt. Der Kläger habe über wiederholte Zeckenbisse bei Waldarbeiten berichtet. Er leide unter unklarem paroxysmalen Vorhofflimmern ohne übliche Risikokonstellation, so dass eine Borreliose als Differenzialdiagnose einbezogen werden müsse. Aufgrund der Borrelienserologie sei eine fortgeschrittene Borreliose mit kardialer Beteiligung wahrscheinlich. Das Vorhofflimmern bestehe trotz zweimaliger Antibiotikatherapie - im Juni bzw. November 2008 - und zweimaliger pulmonaler Venenablation 2008 fort. Auf die beigefügten Unterlagen wird Bezug genommen. Im Attest vom 14.07.2010 führte Dr. C. aus, dass ein Zusammenhang des seit Dezember 2007 bestehenden paroxysmalen Vorhofflimmerns unklarer Genese mit Borreliose bei mehrmaligen Zeckenstichen durchaus denkbar sei.

Laut Laborbericht vom 10.06.2008 waren im Immunoblot wenige spezifische Antikörper gegen Borrelien Burgdorferi nachweisbar inklusive Spätmarker (Lyme-IgG Elisa 31 positiv, Lyme-IgM Elisa negativ, Lyme-IgG Immunoblot positiv); der serologische Befund passe sowohl zu einer aktiven Infektion der Stadien 2 oder 3 als auch zu einer Seronarbe nach ausgeheilter Infektion.

Auf das Vorerkrankungsverzeichnis der Betriebskrankenkasse mobil Oil vom 31.08.2010 wird Bezug genommen. Laut Arztbrief des Klinikums P. vom 21.12.2007 wurde der Kläger wegen neu aufgetretenen Vorhofflimmerns unklarer Dauer behandelt bei Verdacht auf arteriellen Hypertonus und Diabetes mellitus Typ II, bei seit Oktober 2007 deutlicher Leistungsminderung und unregelmäßigem, manchmal sehr schnellem Puls. Das EKG zeigte normofrequentes Vorhofflimmern. Wegen Rezidivs des Vorhofflimmerns erfolgte am 01.04.2009 erneute Behandlung im Klinikum P.. In Arztbriefen des Klinikums G. der L.M.U. (LMU) vom 13.12.2008 und des Internisten und Kardiologen Dr. L. vom 02.03.2009 wurde über Behandlungen mit pulmonaler Venenablation am 22.10. und 12.12.2008 berichtet bei Vorhofflimmern und kardiologischen Risikofaktoren wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hyperlipoproteinämie und Ex-Nikotinabusus.

Der Gewerbearzt Dr. D. sprach sich in seiner Stellungnahme vom 28.12.2010 gegen die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 3102 aus. Zwar könne es bei Borreliose in seltenen Fällen im S...

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