Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Nachforderung aus der Jahresabrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten. einmaliger aktueller Bedarf. wesentliche Änderung der Verhältnisse. Abschlag für Warmwasserbereitung. Grundkosten. Heiznebenkosten. Kaltwasserkosten. Berücksichtigung von Vorauszahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Jahresabrechnung führt zu einem einmaligen aktuellen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung, der eine wesentliche Änderung gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 10 zugunsten des Hilfebedürftigen darstellt.

2. Zu diesem Bedarf zählen die ausgewiesenen Heizkosten und Kosten für Kaltwasser. Ausgewiesene Kosten für die Bereitung von Warmwasser gehören nicht zu diesem Bedarf, wenn sie auf Grundlage einer konkreten Erfassung des gesamten und des individuellen Warmwasserverbrauchs gemäß der Heizkostenverordnung (juris: HeizkostenV) abgerechnet werden. Dies gilt auch für Grundkosten.

3. Von dem Bedarf sind die für das Abrechnungsjahr bereits erbrachten Leistungen für Heizung abzuziehen. Wenn der Hilfebedürftige in einem Teil des abgerechneten Jahres nicht im Leistungsbezug stand, sind seine Vorauszahlungen unter Abzug der Warmwasserkosten (idR der Pauschale) von dem Bedarf abzuziehen. Sofern Vorauszahlungen nicht geleistet wurden, handelt es sich insoweit um Mietschulden.

 

Orientierungssatz

Die Heiznebenkosten für Betriebsstrom, Eichaustausch und die Verbrauchsabrechnung sind, soweit sie anteilig darin enthalten sind, als Teil der Warmwasserkosten keine Kosten der Unterkunft.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2011; Aktenzeichen B 14 AS 121/10 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger aufgrund der Jahresabrechnung für Heizkosten und Warmwasserkosten weitere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.

Der im Jahr 1947 geborene Kläger steht seit dem Jahr 2000 unter Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und Arbeitgebern. Von 2002 bis einschließlich August 2005 arbeitete er in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit einem Bedarf deckenden Einkommen. Anschließend bezog er Arbeitslosengeld nach SGB III von monatlich 758,40 Euro.

Für die Zeit ab 01.09.2005 beantragte die Betreuerin des Klägers Arbeitslosengeld II bei der Beklagten. Der Kläger bewohnt eine Mietwohnung mit zentraler Wärmeversorgung (Heizung und Warmwasser), für die seit Jahren eine Bruttokaltmiete (einschließlich kalte Nebenkosten) von 432,55 Euro monatlich zu bezahlen ist. Zusätzlich schuldete er eine Vorauszahlung für Heizkosten einschließlich Warmwasserkosten in Höhe von 43,46 Euro monatlich. Bis Ende August 2005 bezahlte der Kläger die Bruttokaltmiete und die Vorauszahlung an den Vermieter aus eigenem Einkommen.

Mit Bescheid vom 30.08.2005, geändert mit Bescheid vom 27.06.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von zuletzt monatlich 85,37 €. Dabei wurde der Bedarf in Höhe der Regelleistung (345,- Euro), die Bruttokaltmiete von 432,55 Euro und Heizkosten in Höhe von 36,22 Euro (fünf Sechstel von 43,46 Euro) zu Grunde gelegt. Angerechnet wurde Arbeitslosengeld nach SGB III in Höhe von monatlich 728,40 Euro nach Abzug der Versicherungspauschale von 30,- Euro. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Für die folgenden Bewilligungszeiträume von 01.03.2006 bis 31.08.2006 (Bescheid vom 03.02.2006, geändert mit Bescheid vom 27.06.2007) und 01.09.2006 bis 28.02.2007 (Bescheid vom 13.09.2006, geändert mit Bescheid vom 27.06.2007) wurden ebenfalls monatlich 85,37 Euro entsprechend der vorgenannten Berechnung bewilligt. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Anfang März 2007 legte die Betreuerin des Klägers die Jahresabrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten der zentralen Wärmeversorgung vom 25.01.2007 für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.05.2006 zur Übernahme der Nachforderung in Höhe von 211,43 Euro vor.

Die Jahresabrechnung hatte folgenden Inhalt:

Wärmekosten

38.994,70 Euro

Betriebsstrom

 1.086,75 Euro

Eichaustausch

 845,-- Euro

Wasser für Warmwasser

 1.233,93 Euro

 (für insgesamt 1.221,71 Kubikmeter)

Verbrauchsabrechnung

 2.539,16 Euro

zusammen

   44.699,54 Euro

davon 32.694,83 Euro Heizkosten und 12.004,71 Euro Warmwasserkosten.

Der Anteil für die gesamten Warmwasserkosten ergab sich aus einer Berechnung des Energieverbrauchs für die Warmwasserbereitung mit der Formel: 2,0 mal (gesamter Warmwasserverbrauch in Kubikmetern) mal (mittlere Temperatur des Warmwassers minus 10). Diese Energie für Warmwasser machte 24,78 % des Gesamtenergieverbrauchs aus. Von den Gesamtkosten (44.699,54 Euro) wurden die Kaltwasserkosten (1.233,93 Euro) abgezogen und vom Restbetrag (43.465,61 Euro) ein Anteil von 24,78 % (10.770,78 Euro) den Warmwasserkosten zugeordnet. Zu diesem Betrag wurden die Kaltwasserkosten ...

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