Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). keine Teilnahmeberechtigung gem § 116b Abs 2 S 1 SGB 5. Auslegung von § 2 Abs 2 S 5 ASVRL. institutionelle Benennung im Fall von Fachärzten einer BAG nicht möglich. faktische Begünstigung von Krankenhäusern und MVZ. keine Ungleichbehandlung iSd Art 3 GG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 116b Abs 2 S 1 SGB V sind an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser berechtigt, Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach Abs 1, deren Behandlungsumfang der Gemeinsame Bundesausschuss nach den Abs 4 und 5 bestimmt hat, zu erbringen, soweit sie die hierfür jeweils maßgeblichen Anforderungen und Voraussetzungen nach den Abs 4 und 5 erfüllen und dies gegenüber dem nach Maßgabe des Abs 3 S 1 erweiterten Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 90 Abs 1 unter Beifügung entsprechender Belege anzeigen.

2. Eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) im Sinne des § 33 Ärzte-ZV ist mangels entsprechendem Zulassungsstatus nicht teilnahmeberechtigt gemäß § 116b Abs 2 SGB V, sodass ihre institutionelle Benennung gem § 2 Abs 2 S 5 der Richtlinie über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V (idF vom 21.3.2013, zuletzt geändert am 16.12.2021; im Folgenden: ASV-RL) (juris: ASVRL) nicht möglich ist.

 

Orientierungssatz

Der Senat verkennt nicht, dass mit dieser Auslegung des § 2 Abs 2 S 5 ASV-RL Krankenhäuser und MVZ faktisch begünstigt werden. Diese faktische Begünstigung stellt aber keine Ungleichbehandlung iSd Art 3 GG dar, sondern ist durch hinreichende Unterschiede in der Organisationsstruktur und den besonderen Ressourcen, die Krankenhäuser und in gewissem Maße auch MVZ regelmäßig auszeichnen (etwa die Beschäftigung einer größeren Zahl von Fachärzten mit verschiedenen Gebietsbezeichnungen, Vorhaltung entsprechender Sachausstattung) gegenüber einer BAG gerechtfertigt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.09.2023; Aktenzeichen B 3 KR 9/22 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.10.2021, S 28 KR 499/21, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin im Rahmen einer Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) (Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen - Erwachsene -) als Berufsausübungsgemeinschaft institutionell benannt werden kann.

Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist eine in A ansässige örtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bestehend aus mehreren Radiologen sowie u.a. dem Facharzt für Nuklearmedizin, S.

Der Beklagte stellte am 07.04.2020 fest, dass das interdisziplinäre ASV-Team Rheuma Erwachsene Rheumatologie W ab 11.03.2020 nachgewiesen habe, dass es die Voraussetzungen für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung erfülle. Mit Schreiben vom 14.04.2020 teilte der Beklagte S mit, dass er ab diesem Zeitpunkt gemäß § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V berechtigt sei, im Rahmen dieses ASV-Teams als hinzuzuziehender Facharzt für Nuklearmedizin Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen. Das Schreiben enthielt darüber hinaus u.a. Hinweise zum Behandlungsumfang und zu den vorgelegten Nachweisen zur fachlichen Befähigung und der apparativen Ausstattung der Praxis.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 19.06.2020 bei dem Beklagten die institutionelle Benennung der Klägerin für das ASV-Team W, wobei der bereits namentlich benannte S insoweit verantwortlicher Arzt der Klägerin sei.

Der Beklagte stellte mit Negativmitteilung vom 29.07.2020 fest, dass die Klägerin mit S als verantwortlichem Arzt nicht berechtigt sei, im Rahmen des ASV-Teams "Rheuma Erwachsene Rheumatologie W" Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen. Nach der ASV-Richtlinie (ASV-RL), § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5, seien die Teamleitung und die übrigen Mitglieder des Kernteams namentlich zu benennen. Für hinzuzuziehende Fachärztinnen und Fachärzte sei auch eine institutionelle Benennung als Beleg ausreichend. Die Frage, ob eine BAG institutionell benannt werden könne, sei in der ASV-Richtlinie nicht klar und eindeutig geregelt. Bei der Auslegung untergesetzlicher Normen - wie der ASV-Richtlinie - sei aber zu beachten, dass diese im Lichte höherrangigen Rechts interpretiert werden müssten (gesetzeskonforme Auslegung). ASV-Berechtigte könnten nur "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 SGB V zugel...

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