Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehen der Erledigungsgebühr

 

Orientierungssatz

Hat sich die Tätigkeit des Bevollmächtigten auf die Einlegung und Begründung des Widerspruchs beschränkt, genügt dies nicht, die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Daneben ist ein qualifiziertes Tätigwerden des Rechtsanwalts erforderlich. Wegen der geforderten anwaltlichen Mitwirkung ist eine über die Begründung hinausgehende Verfahrensförderung mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache erforderlich.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. August 2005 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2005 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Höhe der zu erstattenden Kosten eines Vorverfahrens.

Der Kläger, der bis 31.08.2003 Leistungen der Arbeitsverwaltung bezog, beantragte am 06.10.2004 über seinen Bevollmächtigten wegen einer ab 08.09.2003 festgestellten Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Nach der Kenntnisnahme von der rückwirkenden Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung ab 30.07.2003 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2004 fest, ein Krankengeldanspruch habe nur bis 29.07.2003 bestanden.

Dem widersprach der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 03.11.2004 mit der Begründung, der Kläger habe zumindest bis zur Einstellung des Leistungsbezugs von Seiten der Arbeitsverwaltung Leistungen erhalten, so dass er am 08.09.2003 pflichtversichert gewesen sei. Dem Widerspruch half die Beklagte am 17.11.2004 durch Anerkennung eines nachgehenden Leistungsanspruchs bis 30.09.2003 ab.

Mit Kostennote vom 24.11.2004 machte der Klägerbevollmächtigte eine Gesamtsumme von 626,40 EUR geltend (Gebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG - i.V.m. Nr.2500 Vergütungsverzeichnis RVG - VV RVG - 240,00 EUR, Erledigungsgebühr nach Nr.1005 VV RVG 280,00 EUR, Auslagenpauschale nach Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR inklusive Umsatzsteuer). Dem entsprach die Beklagte mit Kostenfestsetzung vom 07.12.2004 in Höhe von 301,60 EUR. Die Erstattung der Erledigungsgebühr lehnte sie ab, da sie dem Widerspruch abgeholfen habe.

Dem widersprach der Klägerbevollmächtigte am 05.01.2005 und machte geltend, durch anwaltliche Mitwirkung sei eine Erledigung eingetreten, ohne dass gerichtliche Hilfe oder eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses notwendig wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tätigkeit in Form der Begründung des eingelegten Widerspruchs werde bereits mit der entsprechenden Tätigkeitsgebühr (Geschäftsgebühr) abgegolten. Nur eine darüber hinausgehende besondere Verfahrensförderung des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache könne eine zusätzliche Erledigungsgebühr begründen. Eine derartige besondere Bemühung der Bevollmächtigten sei vorliegend nicht gegeben gewesen.

Dagegen hat der Kläger am 02.05.2005 Klage erhoben. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 09.08.2005 ohne mündliche Verhandlung die Beklagte zur Zahlung von weiteren 324,80 EUR verurteilt und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. § 3 RVG i.V.m. Nr.1002 VV RVG gehe über den Wortlaut des § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO - hinaus. Die herrschende Meinung zu § 24 BRAGO habe bereits früher die Auffassung vertreten, dass eine Erledigungsgebühr auch dann anzuerkennen sei, wenn es der Tätigkeit des Rechtsanwalts gelungen war, den eingenommenen Standpunkt der Verwaltungsbehörde zugunsten seines Auftraggebers zu ändern. Die Intention der Nr.1002 VV RVG gehe entsprechend den Materialien dahin, die streitbeendende Tätigkeit des Rechtsanwalts zu fördern. Eine Erledigungsgebühr falle jedenfalls dann an, wenn der Rechtsanwalt, wie im vorliegenden Fall, Widerspruch eingelegt, diesen umfassend begründet und der Sozialversicherungsträger daraufhin seinen bisherigen Standpunkt aufgegeben habe. So habe dies auch das Sozialgericht Aachen entschieden (Urteil vom 19. April 2005 - Az.: S 13 KR 15/05).

Gegen das der Beklagten am 17.08.2005 zugestellte Urteil hat diese am 02.09.2005 Berufung eingelegt. Die Rechtsprechung zu § 24 BRAGO behalte auch unter der Geltung des RVG Gültigkeit, weil die Nrn.1002, 1005 VV RVG anwaltliche Mitwirkung forderten. Es sei nicht erklärbar, weshalb der Anwalt für die Widerspruchsbegründung noch eine zusätzliche Gebühr bekommen solle, wenn er bereits die Geschäftsgebühr erhalte.

Der Klägerbevollmächtigte hat erwidert, aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass eine außergerichtliche Erledigung z.B. durch die Umgestaltung zu einer Einigungsgebühr für jede Form der Streitbeilegung gefördert werden solle. Zweck des Gesetzes sei es, eine Entlastung der Gerichte herbeizuführen und so das Bemühen des Anwalts anzuerkennen, in jeder Phase des Verfahrens darauf zu drängen, dass der begehrte Bescheid ergehe oder die Behörde den Anspruch anerkenne. Die Gesetze...

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