Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Erinnerung gegen den Kostenansatz. Gegenstand der Prüfung im Kostenansatzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden.

2. Die im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung zur Anwendung des § 197 a SGG ist wegen der insofern eingetretenen Rechtskraft einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen. Auch wenn eine im Hauptsacheverfahren getroffene Festlegung zu § 197 a SGG falsch ist, darf sich das Gericht im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung nicht über die im Hauptsacheverfahren erfolgte bindende Festlegung zur Anwendung des § 197 a SGG hinwegsetzen und diese durch eine eigene Bewertung korrigieren.

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 22. Juni 2012 wird aufgehoben.

II. Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 10. April 2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung in einem Rechtsstreit über die Versicherungs- oder Beitragspflicht in der Renten- oder Arbeitslosenversicherung.

Im Verfahren S 47 KR 1046/09 vor dem Sozialgericht München (SG) wandte sich der Kläger, Erinnerungsführer und jetzige Beschwerdegegner gegen die Feststellung der damaligen Beklagten, dass er grundsätzlich abhängig beschäftigt und daher als Arbeitnehmer grundsätzlich kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei. Mit Urteil vom 30.06.2010 wurden die Klage abgewiesen, dem Beschwerdegegner die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Streitwert auf 5.000,- € festgesetzt. Die dagegen eingelegte Berufung nahm der Beschwerdegegner am 22.03.2012 zurück.

Mit Kostenrechnung der Kostenbeamtin des SG vom 10.04.2012 wurden dem Beschwerdegegner 363,- € in Rechnung gestellt.

Dagegen hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 02.05.2012 Erinnerung eingelegt.

Mit Beschluss vom 22.06.2012 hat das SG der Erinnerung stattgegeben und die Gerichtskostenfeststellung vom 10.04.2012 aufgehoben. Gerichtskosten - so das SG in den Gründen des Beschlusses - hätten nicht erhoben werden dürfen. Zu den Versicherten im Sinn des § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), für die Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei seien, würden auch die Personen wie hier der Beschwerdegegner gehören, deren Status als Versicherter streitig sei, auch wenn sich der Betroffene gegen die Feststellung der Versicherteneigenschaft wende.

Dagegen hat sich die Staatskasse am 09.07.2012 mittels der Beschwerde gewandt. Sie trägt vor, dass es bei der Frage, ob ein Fall des § 197 a SGG vorliege, allein auf die Sachbehandlung durch den Hauptsacherichter ankomme.

II.

Die Beschwerde gegen die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässig. Sie ist auch begründet.

Das SG ist im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 10.04.2012 zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen, dass die Gerichtskostenfeststellung fehlerhaft und daher aufzuheben sei, weil kein Fall des § 197 a SGG vorliege. Das SG hätte sich aber bei seiner Entscheidung über die Erinnerung nicht über die bindende Festlegung des Hauptsachegerichts, dass ein Fall des § 197 a SGG gegeben sei, hinwegsetzen dürfen.

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen einen Kostenansatz im Sinne des § 19 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07, und vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; Bayer. LSG, Beschlüsse vom 29.03.2010, Az.: L 2 SF 58/08 P KO, vom 28.11.2011, Az.: L 7 SF 395/11 E, und vom 16.04.2013, Az.: L 15 SF 75/13 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2013, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13).

Eine Verletzung des Kostenrechts enthält die Kostenfestsetzung der Kostenbeamtin des SG vom 10.04.2012 nicht, sodass das SG die Erinnerung zurückweisen hätte müssen.

1. Kostenpflichtigkeit des Verfahrens

Das SG ist in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss nach inhaltlicher Prüfung davon ausgegangen, dass das zugrunde liegende Klageverfahren nicht § 197 a SGG unterfalle und daher wegen der Kostenprivilegierung des § 183 SGG Gerichtskosten nicht erhoben werden dürften. Dies ist aber - so richtig die Überlegungen zur Anwendbarkeit des § 197 a SGG auch sein mögen (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2006, Az.: B 10 LW 5/05 R) - im Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz unbeachtlich. Denn es handelt sich dabei nicht um eine rügbare Verletzung des Kostenrechts.

Die Frage der Anwendbarkeit des § 197 a SGG ist einer Prüfung im Kostenansatzverfahren entzogen; die Entscheidung dazu ist bereits im Hauptsacheverfahren getroffen worden.

Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen, insbesondere zu § 197 a SGG, aber auch über die Kostenverteilung und zur Höhe des Streitwerts sind - wie überhaupt die Richtigkeit der geri...

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