Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie. Vermögensberücksichtigung. keine Vermutung des Nichtvorhandenseins erheblichen Vermögens bei Fehlen einer Eigenerklärung. Antragserfordernis bei vorheriger Aufhebung der Leistungsbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vermutung nach § 67 Abs 2 S 2 SGB II, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, tritt nicht ein, wenn keine Eigenangaben zum Vermögen gemacht werden.

2. § 67 Abs 5 SGB II ist nicht anwendbar, wenn eine Leistungsbewilligung nach § 45 SGB X aufgehoben wurde und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht angeordnet ist.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 9. März 2020 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.04.2020 streitig.

Der 1960 geborene Beschwerdeführer (Bf) erhielt seit dem 01.07.2009 Leistungen nach dem SGB II vom Beschwerdegegner (Bg). Der Bf schuldet eine Grundmiete in Höhe von 216 €, Heizkosten in Höhe von 60 € und Nebenkosten in Höhe von 24 €. Der Bf ist selbstständig tätig. Unter der Firma "K." führt er Fortbildungen von Berufskraftfahrern in Bayern und Tirol durch.

Am 12.08.2019 beantragte der Bf die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II ab Oktober 2019. Bei der Antragstellung gab er an, dass er keine Betriebseinnahmen haben werde. Mit Bescheid vom 11.09.2019 bewilligte der Bg Leistungen für den Zeitraum von Oktober 2019 bis März 2020 vorläufig in Höhe von monatlich 724 €. Die Leistungen wurden wegen einer Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und dem Bekanntwerden eines bisher nicht angegebenen Kontos bei der Sparkasse in K-Stadt mit Bescheid vom 26.11.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2020 entzogen. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom 13.03.2020 aufgehoben.

Am 10.03.2020 hob der Bg die Leistungsbewilligung ab Dezember 2019 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Hiergegen erhob der Bf Widerspruch. Am Sozialgericht München ist ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches anhängig (S 58 AS 278/20 ER).

Am 24.02.2020 stellte der Bf einen Antrag auf Gewährung von Leistungen ab April 2020. Er gab an, dass er keinen Gewinn aus seiner selbstständigen Tätigkeit erwarte. Der Bg forderte den Bf auf die Kontoauszüge der Sparkasse K-Stadt vorzulegen. Da der Bf dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde bisher über die Weiterbewilligung der Leistungen ab 01.04.2020 nicht entschieden.

Bereits am 19.02.2020 stellte der Bf einen Antrag auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Er beantragte nach den Ausführungen des Sozialgerichts sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 26.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2020 anzuordnen sowie den Bg vorläufig zu verpflichten dem Bf Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Bg wies darauf hin, dass der Bf noch keinen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab April 2020 gestellt habe und daher ein Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Mit Beschluss vom 09.03.2020 ordnete das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 26.11.2019 an und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Soweit der Bf Leistungen ab April 2020 begehre sei der statthafte Antrag wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe nur dann, wenn sich der Bf zuvor an die Verwaltung gewandt habe, dort einen Antrag auf Leistungen gestellt und die normale Bearbeitungszeit abgewartet habe. Zwar sei zwischenzeitlich ein Weiterbewilligung gestellt worden, aber die normale Bearbeitungszeit sei noch nicht abgelaufen.

Am 18.03.2020 hat der Bf Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 09.03.2020 zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben.

Der Senat hat den Bf unter Fristsetzung aufgefordert, die Kontoauszüge des Bankkontos bei der Sparkasse K-Stadt vorzulegen und Angaben zu seinem Vermögen zu machen. Sollten die Unterlagen nicht vorgelegt werden bzw. die Auskünfte ohne wichtigen Grund nicht erteilt werden, wurde darauf hingewiesen, dass eine Leistungsgewährung wohl nicht in Betracht komme.

Der Bf hat hierzu erklärt, dass laut dem Bundesminister für Arbeit und Soziales die Vermögensprüfung ab 01.04.2020 bis 31.10.2020 wegen der Coronakrise aufgehoben worden sei. Daher sei eine Konto- bzw. Vermögenseinsicht der Jobcenter für diesen Zeitraum nicht nötig. Die Weiterbewilligung sei daher zu gewähren.

Der Bf beantragt sinngemäß,

den Bg zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.04.2020 zu gewähren.

der Bg beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er habe die Weiterbewilligung nicht abgelehnt...

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