Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung: Ersetzung der Abteilung 7 (Verkehr) durch Sachleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG bei monatsweiser Weiterbewilligung der Leistungen nach dem AsylbLG und zukunftsoffenem Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

2. § 2 Abs. 2 AsylbLG räumt den zuständigen Behörden ein Ermessen ein (s. auch LSG München, 19. November 2018, L 8 AY 23/18 B ER). Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Norm.

3. Unter Berücksichtigung des Wortlauts des § 2 Abs. 2 AsylbLG und seiner Entstehungsgeschichte kommt den örtlichen Umständen im Rahmen der Ermessensabwägung ein stärkeres Gewicht zu als Umständen, die dem leistungsberechtigten Personenkreis zuzuordnen sind.

4. Die Kürzung des Geldbetrages für die Abteilung 7 (Verkehr) nach § 5 Abs. 1 RBEG ist bei Aushändigung eines Busfahrscheines für das gesamte örtliche Verkehrsnetz, Angebot eines Shuttle-Services und Ausgabe von Bahnfahrscheinen für den überörtlichen Bedarf rechtmäßig.

5. Es ist zulässig, einzelne regelbedarfsrelevante Positionen durch Sachleistungen zu ersetzen und die entsprechende Position der jeweiligen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe herauszurechnen, soweit diese durch Sachleistungen vollständig abgedeckt wird. Andernfalls würde der gesetzgeberische Wille in § 2 Abs. 2 AsylbLG unterlaufen.

 

Orientierungssatz

Bei einer monatsweisen Weiterbewilligung der Leistungen nach dem AsylbLG und einem zukunftsoffenen Antrag ist von einem Beschwerdewert von über 750,- Euro bzw. von laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr iSd § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG auszugehen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13. August 2019 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt B., Kanzlei B., B-Straße, B-Stadt beigeordnet.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (die Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren wird beibehalten) wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) statt eines Busfahrscheines als Sachleistung den entsprechenden Betrag für die Zeit ab 29.06.2019 vorläufig als Geldleistung zu gewähren.

Der 1976 geborene Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger armenischer Volkszugehörigkeit und reiste am 27.12.2017 in das Bundesgebiet ein. Er ist seit dem 04.01.2018 im Transitzentrum M. untergebracht und stellte am 05.01.2018 einen Antrag auf Asyl, der mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 24.01.2018 abgelehnt wurde. Die hiergegen am 25.01.2018 beim Verwaltungsgericht (VG) München erhobene Klage (mit aufschiebender Wirkung) ist dort noch anhängig (M 29 K xxx). Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens.

Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller zunächst Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, ab April 2019 nach § 2 AsylbLG.

Ein Widerspruch des Bevollmächtigten des Antragstellers gegen den Bescheid vom 22.05.2018 (Leistungen nach § 3 AsylbLG für Juni 2018) wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 15.11.2018 zurückgewiesen. Das SG hat die Klage vom 28.11.2018 hiergegen (S 21 AY 359/18), gerichtet auf Gewährung höherer Leistungen nach dem AsylbLG ohne Abzug des Betrags für die Abteilung 7 (Verkehr) ab 01.06.2018 mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2019 abgewiesen. Hierzu ist seit 23.05.2019 eine Nichtzulassungsbeschwerde im Senat anhängig (L 8 AY 31/19 NZB).

Mit Bescheid vom 20.03.2019 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Geldleistungen nach § 2 AsylbLG für April 2019 in Höhe von 139,03 Euro. Mit weiterem Bescheid vom 25.03.2019 wurden Leistungen für März 2019 in Höhe von 94,78 Euro und für April 2019 in Höhe von 139,03 Euro bewilligt.

Mit Bescheid vom 26.04.2019 wurden "ab dem 01.04.2019 laufende Leistungen nach § 2 AsylbLG" in Höhe von 139,03 Euro (für April 2019) bewilligt. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass sich die Bewilligung in oben genanntem Umfange jeweils um einen weiteren Monat auf Grundlage dieses Bescheides verlängere, sofern das weitere Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen festgestellt werde. Der Leistungsanspruch werde nach Maßgabe des AsylbLG insbesondere unter Berücksichtigung der im Folgenden näher aufgeführten Gesichtspunkte monatlich neu geprüft. Nach Ablauf der 15-monatigen Wartefrist seien die Vorschriften des SGB XII entsprechend anzuwenden. Nach § 10 Abs. 1 SGB XII würden die Leistungen in Form von Dienstleistungen, Geldleistungen und Sachleistungen erbracht. Dabei hätten die Geldleistungen Vorrang vor Gutscheinen oder Sachleistungen, "soweit nicht das SGB XII oder die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB XII (Besserstellung oder ...

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